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04.07.2001 Medien

Sebastian Preiß stellt sich der Herausforderung THW Kiel

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In der Juni-Ausgabe fand sich in der Reihe "Talente auf dem Sprung" ein Feature über THW-Neuzugang Sebastian Preiß. Hier nun der Artikel mit freundlicher Genehmigung des Handball-Magazins.
Seine Zukunft entschied sich recht unvermittelt. Ein bißchen hatte er sich an den Gedanken gewöhnt, in einem Jahr nach Norden zu ziehen. Und dann kam die Aufgabe der HG Erlangen, die künftig nicht mehr in der 2. Liga spielen mochte. Sebastian Preiß wechselt deshalb sofort in die Beletage. Als junger Kreisläufer zum THW Kiel. Dort stehen Magnus Wislander und Klaus-Dieter Petersen vor ihm - der eine Jahrhundert-Handballer, der andere Nationalspieler. "Ich werde Lehrgeld zahlen", sagt Preiß bestimmt. Woanders hätte er womöglich leichtere Wege nach oben finden können, "aber dieser Herausforderung stelle ich mich". Und das mindestens vier Jahre lang. So lange nahm Kiels Manager Uwe Schwenker den Junioren-Nationalspieler unter Vertrag.

Sebastian Preiß: "Dieser Herausforderung stelle ich mich."
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Ob Frank Bergemann wohl an solch einen steilen Aufstieg dachte, als er vor vier Jahren einen jungen Burschen ins Zweitliga-Team der HG Erlangen einbaute? Der Trainer machte aus dem Linksaußen Preiß einen Spieler für Innenblock und Kreis und setzte ihn immer wieder ein. "Obwohl ich viele Fehler gemacht habe", sagt Preiß. "Bergemann habe ich sehr viel zu verdanken." In Erlangen preschte der Blondschopf im Zusammenspiel mit dem Russen Wjatscheslaw Gorpischin so weit vor, daß auch Horst Spengler auf ihn aufmerksam wurde. Der Weltmeister von 1978 suchte als DHB-Trainer noch starke Junioren für die Auswahl. Mittlerweile hält Spengler große Stücke auf den Spätberufenen, der bis dahin vom Verband unentdeckt lernte. Preiß sei "eines der Talente, die den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen werden. Er wird seinen Weg gehen, weil seine Einstellung stimmt."

Serdarusic: Leichtes Arbeiten mit dem abwehrstarken Junior

Im Januar spielte Preiß mit den Junioren beim Turnier in Balingen und weckte das Interesse einiger Zuschauer, darunter auch Zvonimir Serdarusic, Trainer des THW Kiel. Der sichtete seit geraumer Zeit neues Personal für den Kreis, weil Wislander und Petersen immer mehr in die Jahre kommen. "Wir brauchen einen jungen Mann", sagte Serdarusic, und so beobachtete der ehemalige Weltklasse-Kreisläufer unter anderem Sven Tiedtke (HC Wuppertal/21) und Markus Krauthoff (HSG Düsseldorf/24). Letztlich blieb er bei Preiß hängen. Wenn der 20jährige in diesen Tagen über den THW spricht, bekommt er manchmal vor lauter Aufregung rote Bäckchen. "Angst", sagt er, "habe ich nicht vor dieser Aufgabe, aber Respekt." Als Kiel im Halbfinale der Champions League gegen Barcelona spielte, schaute er zu und ließ sich danach von Petersen noch einiges zu den Zebras erklären. Der THW sei ein "Traumverein für einen jungen Spieler", erzählt Preiß mit funkelnden Augen.

Sebastian Preiß.
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Serdarusic sieht das alles noch etwas skeptisch: "Der Junge sollte noch ein Jahr in der 2. Liga bleiben und ständig spielen." Diesen Plan störte jedoch der Erlanger Rückzug. Interesse an dem Talent hat nun auch Fredenbeck bekundet, das Preiß für ein Jahr ausleihen möchte. Der Umworbene sieht das alles ganz pragmatisch. Das Studium der Betriebswirtschaftslehre könne er nun ein Jahr eher beginnen und vielleicht auch mit Freundin Daniela zusammenziehen. Mit einem wie Preiß, glaubt Serdarusic, sei es "leicht zu arbeiten". Schließlich kann der auch in der Abwehr gut anpacken und könnte in einer 6:0-Deckung recht schnell helfen. Spengler entdeckt bei dem Junior "diesen russischen Kreisläufer-Einschlag". Also einer wie Mindens Dimitri Kusilew etwa. Preiß sei zwar ein "Berg am Kreis", aber seinem Körper fehle noch die "Festigkeit", glaubt Serdarusic, andererseits bringe er enormes Ballgefühl und gutes Spielverständnis mit: "Es spricht nichts dagegen, daß seine Leistungskurve weiter nach oben zeigt." Dem schnellen Einstieg beim THW steht allerdings sein bisher größter Erfolg entgegen: Mit der Junioren-Nationalmannschaft bereitet sich Preiß auf die WM in der Schweiz (20. August bis 2. September) vor - und kann damit in den Wochen vor der neuen Saison nicht mit den Kielern üben. Gespannt wartet Serdarusic dort auf seinen Neuen, obwohl er ihm gern noch ein Jahr in der 2. Liga gegönnt hätte. "Man freut sich immer über ein deutsches Talent", sagt Noka.

Preiß darf sich auf eine lange Zeit im hohen Norden einstellen

Man raunt sich aber ebenso zu, daß es mal junge und aussichtsreiche Ballwerfer gab wie Henning Siemens und Nico Kibat, die es in Kiel nicht schaffen. Der Weg nach oben, sagen sie, sei gerade bei den Norddeutschen sehr schwierig. Solche Einschätzungen hält Serdarusic allerdings für "dummes Gerede". Als er 1994 mit dem THW seine erste Deutsche Meisterschaft gewann, war Kiel ein sehr junges Team. "Ich habe dann nur die Spieler nicht ausgemustert." Preiß kann sich auf eine lange Zeit im Norden einstellen.

Interview mit Frank Bergemann

Frank Bergemann (45) holte den damals 17jährigen Sebastian Preiß zur HG Erlangen und setzte ihn gleich in der 2. Liga ein. Heute trainiert der Lehrer den österreichischen Staatsligisten Alpla HC Hard.
Handball-Magazin:
Wie ist Ihnen Sebastian Preiß aufgefallen?
Frank Bergemann:
Das war reiner Zufall. Er war ein talentierter Junge aus der Nähe, der etwas Neues suchte. Einen Jugend-Oberligisten oder die Möglichkeit, in einem Männer-Kader zu trainieren. Letzteres habe ich favorisiert.
Handball-Magazin:
Woher haben Sie den Mut genommen, einen so jungen Spieler gleich in der 2. Liga einzusetzen?
Frank Bergemann:
Das war seit Jahren Teil meiner Arbeit. Außerdem setzen sich die ganz guten Spieler auch in diesem Alter durch und gehen ihren Weg. Gerade Sebastian hat sich nicht viele Fehler genommen, weil er seine Karrriere sehr konsequent verfolgt.
Handball-Magazin:
Was bringt er als Kreisläufer alles mit?
Frank Bergemann:
Ehrgeiz und sehr gute körperliche Möglichkeiten. Er kann viel einstecken. Außerdem hat er sehr von Gorpischin profitiert. Den muß man auch als Mentor nennen.
Handball-Magazin:
Jetzt geht Ihr ehemaliger Spieler zum THW Kiel. Glauben Sie, daß das ein guter Weg ist?
Frank Bergemann:
Grundsätzlich ja. Aber Sebastian braucht die Möglichkeit, Spielpraxis zu sammeln. In diesem Alter ist es ganz entscheidend, wie viele Minuten er auf dem Feld steht.
(Tim Oliver Kalle, mit freundlicher Genehmigung entnommen dem Handball-Magazin, Juni 2001)


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