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10.09.2001 Interview

KN-Interview mit Serdarusic: Unser Spiel wird variabler

Noka Serdarusic.
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Drei Wochen im Jahr schaltet Noka Serdarusic an, dann läßt er die Beine in seinem jugoslawischen Geburtsland baumeln oder fliegt in die Einöde Alaskas, um zu fischen. Handball verkommt zur Nebensache. Die restliche Zeit im Jahr aber "lebt" der 51-Jährige Handball. Er gilt als akribischer Arbeiter, der nichts dem Zufall überläßt. Und seine Methode gibt ihm Recht. Serdarusic führte die Kieler Zebras in seiner Amtszeit zu den größten Erfolgen der Vereinsgeschichte. 1993 war das Jahr des Dienstantrittes, jetzt steuert er das neunte Jahr als THW-Trainer an. Die Kieler Nachrichten sprachen mit dem "Otto Rehhagel des Handballs" kurz vor Saisonbeginn über die Aussichten für die Bundesliga-Spielzeit 2001/2002.
Kieler Nachrichten:
Seit dem 23. Juli üben die Zebras für die kommende Saison. Alles klar für den erneuten Titelgewinn?
Noka Serdarusic:
So schnell geht das nicht. Im Trainingslager in Obenstrohe haben wir aber sehr gut gearbeitet. Erfreulich ist zudem die sehr gute Atmosphäre im Team. Auch die Neuzugänge haben sehr schnell Anschluß gefunden und stellen menschlich eine Bereicherung dar. Sicher ist jedoch, daß sieben Neue erst integriert werden wollen. Im Angriffsspiel läuft es ganz ordentlich, aber in der Abwehr kann ich nicht zufrieden sein. Unsere Standarddeckung war die 6:0-Formation. Das klappt bisher nicht. Wir werden wohl mit einer offensiveren Deckung agieren müssen.
Kieler Nachrichten:
Die Mannschaft hat bei sieben Neuzugängen ein anderes Gesicht erhalten. Ist sie auch stärker geworden?
Noka Serdarusic:
Unser Spiel ist bestimmt variabler als vorher. Perunicic ist weg, es wird weniger bum-bum machen. Unsere Tore müssen zukünftig mehr über spielerische Mittel erarbeitet werden.
Kieler Nachrichten:
Olsson und Wislander sind 37 Jahre alt und spielen vielleicht ihre letzte Saison in Kiel. Was erwarten Sie von beiden?
Noka Serdarusic:
In den letzten Jahren wurde immer über ihr Alter gesprochen und dann haben sie doch immer wieder gezeigt, daß sie zu überdurchschnittlichen Leistungen fähig sind. Das erwarte ich auch in dieser Saison.
Kieler Nachrichten:
Ihnen wurde der Vorwurf gemacht, daß Sie überwiegend auf die erste Sieben setzen und Nachwuchsspieler auf der Bank versauern lassen...
Noka Serdarusic:
Das können nur Menschen sagen, die zwar das Spiel in der Halle sehen, aber alles andere über die Spieler nicht wissen. Ich sehe meine Jungs sieben Mal die Woche im Training. Ich weiß nahezu alles über ihren körperlichen und mentalen Zustand. Wenn dann ein Spieler einen anderen ersetzen soll, den er gar nicht vertreten kann, dann mache ich mich auch gegenüber der Mannschaft unglaubwürdig. Wenn die Spieler im Training zeigen, daß sie wollen, bekommen sie auch die verdiente Chance.
Kieler Nachrichten:
Wie lautet Ihre Zielsetzung in der Meisterschaft?
Noka Serdarusic:
Alle Mannschaften, die im letzten Jahr vorne dabei waren, haben drauf gepackt und sich verstärkt. Mit Magdeburg, Lemgo, Flensburg und Wallau muß man erneut rechnen, hinzu kommen Nordhorn und Essen. Bei Umfragen unter Fachleuten wird der THW nur als Anführer der Verfolger genannt. Mir ist es Recht. Aber vielleicht irren die Herren.
Kieler Nachrichten:
Zukünftig wird mit neuen Regeln Handball gespielt. Welche davon sind bedeutend für den Spielbetrieb und was halten Sie davon?
Noka Serdarusic:
Die schnelle Mitte begrüße ich. Das ist ein Versuch, den Handball noch attraktiver zu machen. Schlecht ist, daß es jetzt bereits Siebenmeter dafür geben soll, daß jemand am Kreis gehindert wird, in den Raum zu gehen, um an den Ball zu kommen. Da ist dem Zufall und der Schauspielerei Tür und Tor geöffnet. Eine Aufgabe für die Schiedsrichter, die kaum lösbar sein wird. Ganz schlimm ist jedoch die Neuerung, daß nach Verhängung einer Zwei-Minuten-Strafe bei Reklamieren oder Kopf-Schütteln zwei weitere Minuten drauf gepackt werden können. Außerdem wird die Bank ruhig gestellt. Wenn Trainer, Betreuer oder der Masseur meckern, gibt's ebenfalls eine Zeitstrafe. Skandalös. Die Regel stärkt nur die Macht der Schiedsrichter und schwächt die Position der Sportler noch weiter. Junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren, die schwitzen, hohen Blutdruck und Puls haben, wie sollen die sich da abreagieren? Das gibt es in keiner anderen Ballsportart. Das kann dem Handball insgesamt schaden. Die Zuschauer kommen doch auch, weil sie Dynamik, Hektik und Dramatik erleben wollen. Dem Spiel wird die Lebendigkeit genommen. Ich vermute, die Regel-Reform war ein Alleingang von Funktionären. Es wird zwar behauptet, die sei mit uns Trainer abgesprochen worden, aber ich kenne keinen Kollegen, der involviert war.
Kieler Nachrichten:
Wie sehr freuen Sie sich über die neue Ostseehalle?
Noka Serdarusic:
Der Neubau war überfällig. Darüber freut sich jeder in Kiel. Ein häßliches Gebäude wird durch ein schönes und großzügiges ersetzt. Der Umbau ist nach den großen Erfolgen der vergangenen Jahre vor allem dem THW zu verdanken.
(entnommen dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 7. September 2001)


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