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13.03.2002 Mannschaft

Julio Fis: Mit sonnigem Gemüt gegen Kälte und Schnee

THW-Ass Julio Fis hat sich mit Winter und Einsamkeit arrangiert

Julio Fis.
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Am 29. Dezember veröffentlichten die Kieler Nachrichten einen interessanten Artikel über den kubanischen THW-Rückraumspieler Julio Fis. Wir reichen den Artikel hier - verspätet - nach.
Die Quecksilbersäule kratzt an der 30-Grad-Marke, auf Kuba lacht Tag für Tag die Sonne. Für Julio Fis, der am 28. Oktober 1974 in Guantanamo, einem kleinen Küstenort im Südosten der Insel geboren wurde, könnten die Vorzüge des karibischen Klimas eine Selbstverständlichkeit sein. Doch der 27-jährige Handballer entschied sich vor drei Jahren, seiner Familie, der Heimat und dem kommunistischen Regenten Fidel Castro Adios zu sagen. Vermutlich ein Abschied auf lange Zeit. Denn wer dem wirtschaftlich heruntergekommenen Eiland entflieht, um woanders sein Glück zu suchen, dem gestattet das Regime keine Rückkehr. "Daher habe ich lange überlegt - und es nicht bereut", sagt Julio Fis und zeigt sein strahlendes Lächeln.

Zwei Jahre spielte er nach seiner Flucht beim spanischen Erstligisten Bidasoa Irun, damm wechselte er zu Ciudad Real. Die Ausländerregel und der sich schleppende Einbürgerungsantrag verbannten ihn auf die Tribüne. Ein miserabler Platz für einen, der unbedingt spielen möchte. So landete der "kubanische Hammer", wie seine Fans ihn tauften, beim THW. Die Kieler hatten einen zeitlich begrenzten Ersatz für den verletzten Piotr Przybecki gesucht.

Für Julio Fis ging ein Traum in Erfüllung. "Es ist riesig, in so einer großen Mannschaft und vor so einem tollen Publikum spielen zu dürfen." Manchmal, sagt er, müsse er sich kneifen, um zu merken, daß alles wahr sei. Eingetauscht hat der WM-Torschützenkönig von Ägypten 1999 allerdings die Sonne Kubas gegen ein norddeutsches Wetter, daß sich zurzeit von seiner hässlichsten Seite zeigt. Julio Fis ist das egal. "Bien, muy bien", antwortet er auf die Frage, wie es ihm in Kiel gehe. Gut, sehr gut sogar. Das Wetter spiele nu reine untergeordnete Rolle. "Ich habe es vorher gewußt und mich entsprechend eingestellt und ausgestattet." Nur Schnee und Auto fahren, daß vertrage sich nicht. "Als ich den ersten Tag bei Glatteis gefahren bin und merkte, daß das Auto nicht dahin wollte wie ich, dachte ich, ich sterbe."

Fehlende soziale Kontakte wegen mangelnder Deutsch-Kenntnisse beklagt Julio Fis jedenfalls nicht. Kein Problem, behauptet er. Handball stehe im Mittelpunkt. "Wir spielen alle drei Tage, sind auf Reisen und haben täglich Training. Da bleibt für andere Dinge wenig Zeit." Ein Plausch auf der THW-Geschäftsstelle - mit Händen und Füßen ausgetragen -. und regelmäßige Besuche bei seinem Mitspieler Demetrio Lozano füllten seine Freizeit sinnvoll aus. Auch Weihnachten sei ihm die Decke nicht auf den Kopf gefallen. Das Fest habe er bei einem Freund in Berlin verbracht. Außerdem bedeute Weihnachten auf Kuba gar nichts. "Religion wird unterdrückt. Großer Höhepunkt ist Silvester."

Doch wenn der SOpnnyboy allein in seiner möblierten Wohnung in der Herzig-Friedrich-Straße hockt, überfällt ihn bisweieln schon die Wehmut. Dann denkt er an seine Eltern und die fünf Geschwister, die er zurücklassen mußte. "Kuba vermisste ich nicht, aber manchmal denke ich an meine Familie und werde sentimental." Rückschläge steckt Julio Fis jedoch schnell weg. "Ich hatte mir alle Konsequenzen vor der Flucht gut überlegt und wußte, was auch mich zukommt. Morgen [der 30. Dezember 2001, die Red.] direkt nach dem Wallau-Spiel fliegt er zurück nach Spanien, um mit Freunden Silvester zu feiern. Und um Sonne zu tanken - bis zum Trainingsbeginn am 13. Januar 2002.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 29.12.2001)


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