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07.10.2002 Interview / Bundesliga

Sport1: Brand glaubt nicht an die Titelverteidigung des THW

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Sport1 führte mit Bundestrainer Heiner Brand ein Interview zur Situation des THW. Der ehemalige Nationalspieler glaubt zwar nicht an eine Titelverteidigung des THW, doch seiner Meinung nach werden sich die Zebras am Ende der Saison dennoch unter den ersten Fünf plazieren.
Eigentlich sollte es (wieder mal) die Wende werden für den THW Kiel. Doch auch das sechste Saisonspiel bei der HSG Wetzlar konnten die Schleswig-Holsteiner nicht gewinnen. Noch nie ist der Serienmeister der letzten Jahre so schlecht in eine Saison gestartet.

Beobachter der Partie war Heiner Brand. In einem Gespräch mit Sport1 gibt sich der optimistisch, dass auf den THW auch wieder bessere Zeiten zukommen.

Aber eine schlechte Nachricht hat der Bundestrainer für die Fans der "Zebras": "Es wird sicher in diesem Jahr nicht mehr dazu reichen, Deutscher Meister zu werden." - Und das nach gerade mal sechs Spieltagen.

Sport1:
Herr Brand, Sie waren beim Spiel HSG Wetzlar - THW Kiel in der Halle. Welchen Eindruck haben Sie vom amtierenden Deutschen Meister?
Heiner Brand:
Bundestrainer Heiner Brand mit THW-Maskottchen Hein Daddel.
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Ich habe Kiel bereits mehrere Male in dieser Saison gesehen. Die derzeitige Situation hatte sich schon angedeutet und sicherlich nach dem Ausfall von Lövgren noch verstärkt.
Sport1:
Wo sehen Sie die Gründe für den schlechten Saisonstart der Kieler?
Heiner Brand:
Da spielen verschiedene Gründe eine Rolle. Als Ausgangspunkt muss man klar sehen, dass ein Magnus Wislander nicht zu ersetzen ist. Selbst wenn man geschafft hätte, den Marcus Ahlm (schwedisches Weltklasse-Talent, den Kiel gern schon für diese und nicht erst für nächste Saison verpflichtet hätte; die Red.) zu holen; er ist kein Wislander. Es geht um mehr als nur das Spielerische. Es geht um die Austrahlung, die Einflussnahme auf Mitspieler, auf Gegenspieler und so weiter...
Sport1:
Aber es kann doch bei so einem Kader nicht an einer Person liegen.
Heiner Brand:
Natürlich nicht, es sind viele Faktoren. Es kommt eins zum anderen. Dann fällt Lövgren aus, Lozano ist längerfristig verletzt, Jacobsen fängt jetzt erst wieder an, Przybecki ist nicht hundertprozentig fit...
Sport1:
Aber dennoch hat Kiel doch einen starken Kader...
Heiner Brand:
Richtig. Von den Namen her besser als viele andere. Aber dann kommt man in die Situation, verliert ein paar Spiele, gewinnt die Heimspiele nicht. Da geht Selbstvertrauen verloren, die Gegner verlieren immer mehr den Respekt, die Mannschaft glaubt nicht mehr an sich... Früher hat man bei einem Vier-Tore-Rückstand einfach weitergespielt und noch gewonnen. Das klappt jetzt einfach nicht mehr.
Sport1:
War die Verunsicherung in Wetzlar zu spüren?
Heiner Brand:
Ja, das ist aber ganz normal. Wenn man als Meisterschaftsfavorit gehandelt wird und steht auf einmal ganz hinten, dann geschehen solche Dinge von alleine - genau wie umgekehrt ja auch.
Sport1:
Der THW kassiert für seine Verhältnisse ja eine Menge Gegentore. Drei starke Torhüter in den Reihen, führt das bei den Keepern zu einer Verunsicherung?
Heiner Brand:
Nein, Kiel hat kein Torwart-Problem. Mattias Andersson hat in der ersten Phase sehr stark gehalten, Henning Fritz hat in Flensburg gut gehalten, gestern war er bis zu seiner Auswechslung auch nicht schuld...
Sport1:
Was würden Sie, wenn Sie Kiel-Trainer wären, den Spielern raten?
Heiner Brand:
Ich brauche Noka Serdarusic nichts zu raten. Ich denke, die werden weiterarbeiten. Der Grund für die Erfolge in der Vergangenheit lag ja auch in der soliden Arbeit, die geleistet worden ist - nicht nur von Trainer und Mannschaft, sondern auch vom Management. Dann platzt auch irgendwann der Knoten.
Sport1:
Wo erwarten Sie denn das Team am Saisonende?
Heiner Brand:
Es wird sicher in diesem Jahr nicht mehr dazu reichen, Deutscher Meister zu werden. Das sehe ich beim besten Willen nicht. Aber ich erwarte, dass es wieder nach vorne geht und man sich unter den ersten fünf Mannschften wiederfindet.
Sport1:
Was bedeutet das für das geplante Ziel Champions-League-Sieg?
Heiner Brand:
Das muss man mal abwarten. Ein europäischer Wettbewerb ist natürlich auch vom Glück abhängig, von der Auslosung... Das Beste wäre, ein paar leichte Gegner, so dass sie sich durchschleppen können. Und irgendwann wird die Situation ja auch mal wieder besser. Wenn die Leistungsträger wieder topfit sind, sieht das schon anders aus.
(© 2002 Sport1, das Gespräch führte Jürgen Blöhs)


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