THW-Logo
11.02.2003 WM 2003 / Nationalmannschaften

Schwedens Frust - Noch keine Zeit für Analysen

"Ich fühle mich einfach leer", beschrieb Stefan Lövgren seinen Gemütszustand. "Doch jetzt ist es noch zu früh für eine Analyse. In diesem Moment würde man nur etwas sagen, was man später womöglich bereut." Der Kapitän der schwedischen Nationalmannschaft musste ebenso wie alle anderen Schweden das bittere Resultat der Handball-Weltmeisterschaft in Portugal erst einmal verdauen. Der amtierende Europameister Schweden war auf Rang 13 abgestürzt! Und noch viel schlimmer: Lövgren & Co. haben die Olympia-Qualifikation für Athen 2004 vorerst verpasst.
Dabei hätten die Sommerspiele in zwei Jahren der krönende Höhepunkt für die Generation der "alten Schweden" um Magnus Wislander und Staffan Olsson werden sollen. Ob sie nun noch weitermachen werden, steht in den Sternen. Rettender Strohhalm, um den Traum vom olympischen Gold im vierten Anlauf und dreimaligem Silber doch noch weiterzuleben, ist die kommende Europameisterschaft Anfang nächsten Jahres in Slowenien. Allein die dort beste bislang nicht qualifizierte Mannschaft löst das letzte Ticket nach Athen - neben den Schweden kämpfen auch noch Nationen wie Dänemark oder Jugoslawien um den verbleibenen Platz. "Jetzt könnte es ganz schwierig für den schwedischen Handball werden", ist Stefan Lövgren skeptisch. ïDas hatten wir uns ganz sicher anders vorgestellt.÷

An das Aufhören verschwendet der 32-jährige trotzdem keinen Gedanken. Außerdem sei es eine ungeschriebene schwedische Regel, sich nicht unmittelbar nach einem großen Ereignis damit zu befassen. Wie immer sage der schwedische Nationalcoach Bengt Johansson, seine Spieler dürfen ihre Entscheidungen nicht jetzt treffen, sondern müssten später in Ruhe darüber nachdenken. "Ob ich selbst weitermachen werde, werde ich nicht jetzt entscheiden", sagt deswegen auch Lövgren. "Jetzt wäre ich viel zu enttäuscht und zu böse." Wie die Zukunft der Gelb-Blauen aussehen wird, vermag man jetzt noch nicht genau abzusehen. "Wir werden versuchen alles besser zu machen", sagt der Kapitän. "Vielleicht bekommt Bengt einen Co-Trainer." Eine Zukunft ohne ihn können sich die "Benga-Boys" allerdings nicht vorstellen. "Er ist das Bindeglied zwischen jung und alt." Johansson selbst sähe am liebsten irgendwann einmal einen der eigenen Spieler als seinen Nachfolger. Doch das hält Lövgren für unrealistisch: "Es gibt viele gute Namen, aber Du kannst als Spieler nicht direkt schwedischer Nationaltrainer werden. Du musst Deine Erfahrungen woanders sammeln." Zwar lief in und vor Portugal im schwedischen Team nicht alles rund und die Mannschaft fand nicht wie gewohnt zu ihrem Spiel, es bleibt allerdings in der momentanen Diskussion festzustellen, dass die Schweden grundsätzlich nicht schlechter geworden seien. "Die anderen Nationen sind nur besser geworden, die Weltspitze immer breiter", meint Lövgren.

So passt es in dieser Situation gut, dass die Bundesliga die enttäuschten Schweden wieder auf andere Gedanken bringt. "Wir werden es Schritt für Schritt verarbeiten", steckt Lövgren den Kopf nicht in den Sand. Unterstützung erhält er dabei von Thea: Als er nach Portugal abreiste, war seine Tochter gerade einmal drei Tage alt und lag noch zusammen Mutter Ann-Sophie im Städtischen Krankenhaus und Sohn Linus (3) hütete gemeinsam mit den Großeltern das Haus. "Nur schnell nach Hause und die Familie in den Arm nehmen", waren Lövgrens einzige Gedanken nach dem WM-Aus. "Das war das einzig Positive nach dem Frankreich-Spiel."


(11.02.2003) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite