THW Kiel / News: Zebra-Journal: Bundesliga-Check von Staffan Olsson (06.09.2003)

06.09.2003

Bundesliga

Zebra-Journal: Bundesliga-Check von Staffan Olsson

TBV Lemgo heißt der Top-Favorit

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 05.09.2003:

Staffan Olsson lässt seine Karriere nach elf Jahren Handball-Bundesliga (vier in Niederwürzbach, sieben beim THW) in seiner Heimatstadt Stockholm bei Hammarby IK ausklingen. Seine profunden Kenntnisse über die deutsche Liga machen ihn zum anerkannten Experten. Für den Bundesliga-Check 2003/ 2004 gibt es also keine Besseren als Staffan Olsson. Hier sein Urteil über die 18 Klubs.

"Schirmherr" Staffan Olsson schaut sich das Bundesliga-Geschehen zukünftig aus sicherer Entfernung in Schweden an.

TBV Lemgo: Der TBV ist zurzeit unbestritten die Top-Mannschaft der Liga. Der Durchmarsch in der abgelaufenen Saison war phänomenal, personell hat sich so gut wie nichts verändert. Da Daniel Stephan nach langer Verletzungspause nach dem Achillessehnenriss zurückkommt - die kleine Verspätung wegen der Fingerverletzung wird Lemgo verkraften - ist das Team sicher noch kompakter geworden. Meine Meinung: Die Spitze der Liga dürfte zwar etwas enger zusammenrücken, aber der TBV Lemgo verteidigt seinen Titel mit Bravour.
SG Flensburg/Handewitt: Einer der Kandidaten, die Lemgo auf den Pelz rücken könnten. Die Mannschaft ist eingespielt und intakt, hat sich zudem mit ihren Zugängen punktuell gut verstärkt; außerdem ist mit Kent-Harry Andersson ein Trainer hinzugekommen, der viel von Handball weiß. Allerdings hat die SG auch sehr viel Druck. In diesem Jahr wird der Titel von Fans und Umfeld erwartet. Ob man diesem Druck mit der zusätzlichen Belastung der Champions League gewachsen sein wird, zweifle ich stark an.
SC Magdeburg: Olafur Stefansson ist zu Ciudad Real gewechselt. Unter diesem Fortgang werden die Magdeburger sehr leiden müssen. Ole ist nicht gleichwertig zu ersetzen. Trainer Gislason ist zwar ein Fuchs und wird sich etwas einfallen lassen. Dennoch: Ich lege mich fest, Magdeburg wird kein Meister.
THW Kiel: Bei meinen Zebras hat sich viel getan, da steht fast eine komplett neue Mannschaft auf der Platte. Es wird schwer, aber die Qualität im Kader ist groß. Mein Nachfolger, Christian Zeitz ist auf jeden Fall ein Mann, der Spiele gewinnen kann. Aber auch er braucht Zeit, um sich zu finden. Man sollte ihm nicht zuviel Druck machen. Kommt der THW gut in die Saison und findet einen Lauf, ist alles möglich, sogar die Meisterschaft.
TUSEM Essen: Nach den Meisterschaften Ende der 80er haben die Verantwortlichen lange an einem neuen Team mit Ambitionen gebastelt. Vom Potenzial her könnte die Mannschaft den Titel schaffen. Der Weggang von Patrekur Johannesson ist dabei nicht so tragisch. Klappt es dieses Jahr mit dem Titel wieder nicht, droht Unruhe im Verein.
VfL Gummersbach: Gummersbachs Leistungskurve wies schon in der abgelaufenen Saison deutlich nach oben. Mit von Behren, Burdet, Mierzwa, Dragunski, Spatz und Steinar Ege hat sich der VfL weiter enorm verstärkt. Für mich steht fest: Gummersbach wird oben mitmischen. Ich habe von meinen Kieler Freunden gehört, dass sich viel getan hat, der THW hat in der Vorbereitung immerhin dreimal gegen den VfL verloren.
HSV Hamburg: Mal schauen, was aus dieser Mannschaft wird. Da kann bei einer guten Leitung, die vor allem darauf achten muss, dass es im Umfeld nicht zu hektisch wird, eine große Sache entstehen. Sie haben tolle Handballer, trotzdem erwarte ich den HSV vorerst nur im oberen Mittelfeldbereich.
HSG Nordhorn: Für meinen ehemaligen Nationalmannschaftskollegen Ola Lindren wird es als Nachfolger von Kent-Harry Andersson eine interessante Erfahrung auf dem Trainerposten. Wie ich Ola kenne, wird er es aber hinbekommen. Nordhorn dürfte erneut im oberen Tabellendrittel mitmischen, zumal die HSG mit Peter Gentzel den aus meiner Sicht besten Torhüter hat.
SG Wallau/Massenheim: Nach dem Weggang von Pascal Hens dürfte die SG Probleme bekommen. Absteigen werden die Hessen zwar nicht, aber den großen Ambitionen der vergangenen Jahre dürften sie nicht mehr gerecht werden. Im Rückraum ist Jan-Olaf Immel zurzeit der einzige, der hohen Ansprüchen gerecht werden kann. Meiner Meinung nach ist das zu wenig. Der Weg der SG könnte so ein ganz schwieriger werden. Sie können nicht ewig die "jungen Wilden" bleiben. Irgendwann muss auch was kommen - und das sehe ich nicht.
Frisch Auf Göppingen: Trainer Christian Fitzek hat die Mannschaft stabilisiert. Mit Armargant und Puig zwei frische Kräfte aus Spanien von Granollers hinzubekommen, die zusammen mit anderen jungen Spielern für einen kleinen Anschub sorgen dürften. Ich erwarte die Süddeutschen ein paar Plätze besser in der Tabelle als im letzten Jahr.
TV Großwallstadt: In Großwallstadt haben die Verantwortlichen mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Mit Mierzwa, Petersson, Roos und Valcic haben sie, wie schon in den letzten Jahren, viele gute Handballer verloren. Sie versuchen, den Verlust mit Nachwuchskräften zu kompensieren. Mit dem Abstieg bekommt Trainer Peter Meisinger trotzdem nichts zu tun. Die Mannschaft wird von ihrer großen Bundesliga-Routine profitieren.
Stralsunder HV: Ich weiß ein wenig über den Aufsteiger, weil mein Bruder Niklas einmal dort gespielt hat. Stralsund ist eine Handballstadt mit ähnlich viel Engagement wie Kiel - allerdings finanziell und von der Hallenkapazität her um ein paar Klassen tiefer angesiedelt. Sie bekommen Probleme, werden die Klasse aber mit der großen Euphorie stemmen.
HSG D/M Wetzlar: Eine unangenehme Mannschaft, besonders für den THW, der noch nie in Wetzlar gewinnen konnte. Trainer Velimir Petkovic leistet mit wenig Geld und einem kleinen Kader viel Gutes. Sie landen wieder irgendwo in der Mitte.
GWD Minden: Asmussen weg, von Behren und Bjarnason verloren: Für GWD Minden wird es immer schwerer, in der Bundesliga bestehen zu können. Ich glaube, das Team von Rainer Niemeyer wird es richtig schwer haben.
Wilhelmshavener HV: Der Schwung des Aufstiegsjahresist vorbei, der WHV wird zudem nicht mehr unterschätzt. Auch, wenn mit Matosevic, Beers und Bilic drei gute Leute kommen, so wird es doch schwer. Wilhelmshaven ist unten dabei.
VfL Pfullingen: Für mich ist Pfullingen der zweite "Favorit" für einen Abstiegsplatz. Für die Süddeutschen gilt das gleiche wie für Wilhelmshaven: die Aufstiegseuphorie ist verflogen. Und große Probleme gab es schon in der abgelaufenen Saison.
ThSV Eisenach: Aus finanziellen Gründen hat in Eisenach ein weiterer personeller Kahlschlag stattgefunden. Dennoch: In Thüringen verstehen sie zu kämpfen. Das wird ihnen die Klasse sichern.
SG Kronau-Östringen: Es tut mir Leid für meinen ehemaligen Mitspieler Davor Dominikovic - ich befürchte der Aufsteiger aus dem Badischen muss auch gleich wieder absteigen. Zwei Vereine wird es auf jeden Fall erwischen. Die SG Kronau-Östringen ist dabei.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 05.09.2003)

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