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27.04.2005 Karlchens Einwurf

Zebra: Karlchens Einwurf

Regelgerechte Rudelbildung

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Wenn man alle Gesetze studieren würde, hätte man gar keine Zeit mehr sie zu übertreten, meinte Goethe und sprach damit auch manchem Handballfan aus der Seele. Das aber stört die Herren der Internationalen Handball Federation nicht, die jetzt eine fünfseitige Änderung des Regelwerkes beschlossen.
Vor allem die beliebte Rudelbildung bei den Freiwürfen vor der Pause und dem Schlusspfiff haben die Handballgewaltigen auf dem Kieker. Hat sich dort bei der handballführenden Mannschaft bisher immer eine Traube gebildet, in der es unklar war, wer denn nun den Ball hat, soll ab der kommenden Saison ein Mindestabstand für die Mitspieler des Werfers drei Meter betragen. Nun kommt diese Regel ja für Flensburg zu spät, die in der Schlusssekunde des letzten Champions-League Spiels gegen Montpellier so das finale Tor erhalten haben.

Für uns Zuschauer aber ergibt sich nun die klassische Westernsituation: Einer gegen Alle. Ein einsamer Streiter, wie Gary Cooper in "12 Uhr Mittags", tritt gegen eine Heerschar von Feinden an. Er steht vor einer Wand und muss an ihr vorbei den Ball ins Eckige bringen. Vielleicht gilt es jetzt noch zu klären, ob man vielleicht mit Tricks aus dem Billard spielen darf, mit Bande, mit Effet? Vielleicht entwickelt sich ja da ein ganz neuer Spielertyp, der nur für diesen Moment eingewechselt wird, wie im American Football.

Spannend im neuen Regelwerk vor allem auch der Teil, der sich mit den modernen Modeerscheinungen auseinander setzt. Vielleicht könnte es auch schlicht und einfach "Lex Kretzsche" genannt werden. Denn nun ist sichtbares Piercing erlaubt, wenn es wie flache Ringe (also z. B. kleine Ohrringe) abgedeckt werden kann. Aber selbstverständlich hat man sich auch in Basel mit Datenschutz und der Achtung der Privatsphäre auseinandergesetzt, deshalb der Zusatz, dass die Schiedsrichter nicht zu kontrollieren haben, ob ein Spieler auf der Zunge oder unter der Kleidung gepierct sei. Nun sicherlich wäre eine derartige Kontrolle zumindest für die weiblichen Fans ein zusätzlicher Grund, ein bisschen früher zu den Spielen zu kommen.

Weitere Änderung: ein Rempler in der letzten Spielminute, um das vielleicht entscheidende Tor für den Gegner zu verhindern, soll jetzt nicht mehr nur mit einer Matchstrafe für die letzten Sekunden des Spiels geahndet werden. Diese wirklich drakonische Strafe hat nun ein Nachspiel. Wird eine "klare Torgelegenheit" verhindert, können gegen den fehlbaren Spieler weitere Schritte eingeleitet werden. Na, so manche Spielsituation wird den Spielern trotzdem eine Sünde wert sein. Denn kaum etwas ist so ärgerlich, wie die Sünden, die man nicht begangen hat.

Und so geht es lustig weiter, ob beim Ball gegen die Hallendecke, die Erhöhung der Spieleranzahl von 12 auf 14 oder dem Verhindern von Zeitverzögerungen beim 7-Meter - mit Gründlichkeit werden die Schlupflöcher gesucht und gestopft. Das Spiel soll etwas schneller gemacht werden, das Fernsehen macht sich Sorgen um die Länge eines Spiels, will planbarer sein.

Aber wenn das mal so einfach wäre. Am Ende ist es doch vielleicht so, wie es einst John Lennon sagte, dass Leben das ist, was passiert, wenn Du etwas ganz anderes geplant hast.

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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