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30.05.2005 Bundesliga / Interview

Lövgren im Sport1-Interview: "Das ist einzigartig"

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Kiel/München - Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein. Mehr als 25.000 Fans feierten am Sonntagabend mit ihrem THW auf dem Kieler Rathausplatz den Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Stundenlang wurde gesungen. La-Ola-Wellen schwappten über den Platz. Sekt und Bier flossen in Strömen. Mittendrin Stefan Lövgren, der die Schale gar nicht mehr hergeben wollte.
Mit einem souveränen 36:30-Sieg in Düsseldorf machte der THW den elften Titelgewinn - den achten unter dem Gespann Noka Serdarusic/Uwe Schwenker - perfekt. Nach einer Saison der Superlative und einer Serie von 28 Spielen ohne Niederlage (dabei 26 Siege) ist die Schale wieder "zu Hause", wie auf den T-Shirts der Kieler Stars zu lesen war. Sport1.de sprach mit Kapitän Lövgren über die Gründe für den Titelgewinn, die Stärken des THW und das letzte große Ziel.
Sport1:
Herr Lövgren, herzlichen Glückwunsch zum Titelgewinn. Können Sie schon fassen, was der THW in dieser Saison geleistet hat?
Stefan Lövgren:
Erschöpft aber glücklich: THW-Kapitän Stefan Lövgren.
Klicken Sie zum Vergrößern! Erschöpft aber glücklich: THW-Kapitän Stefan Lövgren.
Nein, noch nicht. Aber das kommt so langsam.
Sport1:
28 Spiele in Folge blieb Kiel ungeschlagen. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?
Stefan Lövgren:
Natürlich noch nicht. Das ist einzigartig. So etwas werde ich wohl nicht noch einmal erleben. Aber wir haben auch sehr, sehr hart dafür gearbeitet. Ich denke, wir haben es uns verdient, Meister zu werden.
Sport1:
Warum ist Kiel Meister geworden und nicht Titelverteidiger Flensburg?
Stefan Lövgren:
Flensburg hat sicher auch eine tolle Saison gespielt und hätte die Meisterschaft verdient. Wir hatten wohl zum richtigen Zeitpunkt die Verletzungsprobleme. Da kam uns auch der Spielplan entgegen. Ein bisschen Glück gehört dazu. Aber auch unsere Zugänge haben auf Anhieb eingeschlagen. Das war sensationell. Schon nach ein, zwei Monaten waren sie integriert. Normal ist das nicht.
Sport1:
Was zeichnet diesen THW Kiel aus?
Stefan Lövgren:
Schwer zu sagen. Der ganze Verein und das Umfeld haben immer die Ruhe bewahrt. Das ist gar nicht so einfach, wenn man unter Druck spielt. Unsere Spielweise kam uns entgegen. Wir haben kompensieren können, wenn ein Spieler mal nicht seinen besten Tag hatte. Wir hatten keinen Superstar, der alles alleine gemacht hat. Mal war es Frode, mal Henning, mal Johan und so weiter. Das hat uns so stark gemacht.
Sport1:
Für Sie ist es nach 2000 und 2002 der dritte Meistertitel mit Kiel. Ist es der schönste?
Stefan Lövgren:
Nein, jeder Titel hat etwas Besonderes. Und an irgendetwas erinnert man sich bei jeder Meisterschaft.
Sport1:
Der THW verstärkt sich weiter. Mit Kim Andersson, Pelle Linders, Nikola Karabatic und Vid Kavticnik holt Kiel vier neue Stars. Der Meister wird noch stärker sein.
Stefan Lövgren:
Das muss man abwarten. Wir wollen in jedem Wettbewerb angreifen und rechnen am Ende ab. Manchmal spielt man super Handball, aber am Ende kommt kein Titel dabei heraus. Wir haben tolle Neuzugänge, aber es muss auch passen - so wie dieses Jahr. Sicher haben wir ein Riesenpotenzial. Wir werden versuchen, den Titel zu verteidigen, wollen weit im Pokal und in der Champions League kommen.
Sport1:
Stichwort Champions League. Das Ziel kann ja nun nur lauten, die Königsklasse endlich zu gewinnen.
Stefan Lövgren:
Man kann sich nicht nur auf ein Ziel konzentrieren. Man muss sich darauf konzentrieren, guten Handball zu spielen. Natürlich wäre die Champions League ein Traum. Es ist kein Wunschkonzert. Aber was man noch nicht gewonnen hat, will man ja gern mal gewinnen.
(Das Gespräch führte Michael Schwartz, © 2005 Sport1)

 

Erst Champions League, dann Norwegen

München - Noka Serdarusic ist von der ruhigen Sorte. Partys und öffentliche Ausgelassenheit überlässt der Trainer des THW Kiel lieber anderen. Als die Spieler nach dem Gewinn des Titels die Meister-Shirts überstreiften und Kapitän Stefan Lövgren unter dem ohrenbetäubenden Jubel der Fans die Schale entgegennahm, war Noka Serdarusic längst verschwunden und hatte sich in der Kabine eingeschlossen.

"Ich mag diesen Tumult nicht"

Der 54-jährige gebürtige Kroate wollte in den ersten Minuten nach dem Gewinn der elften deutschen Handball-Meisterschaft des THW Kiel durch ein 36:30 bei der HSG Düsseldorf allein sein und den Triumph wie gewohnt ganz im Stillen genießen. "Diese Feiern sind Zwangsveranstaltungen, da fühle ich mich nicht wohl. Ich will lieber mit meiner Frau alleine sein und gehe zwei Tage nach Sylt, bis in Kiel alles vorbei ist. Ich mag diesen Tumult nicht", erklärte der Mann ohne erkennbare Gefühlsregungen nach dem Coup.

Serdarusic peilt Champions League an

Trotzdem steht der in Mostar geborene Cheftrainer, seit 1998 deutscher Staatsbürger, im Mittelpunkt der Kieler Feierlichkeiten. Der Dauerbrenner von der Förde gewann mit dem Traditionsverein seit seinem Amtsantritt 1993 acht deutsche Meisterschaften, dreimal den DHB-Pokal und den EHF-Cup und ist der erfolgreichste Bundesligatrainer aller Zeiten. Jetzt bläst der 72-malige jugoslawische Ex-Nationalspieler zur Jagd in der Königsklasse.

Norwegen als Option

"Ich habe die Champions League noch nicht gewonnen. Wenn das geschafft ist, werde ich vielleicht Nationaltrainer in Norwegen: Tolle Natur, schöne Flüsse, Lachse angeln, das bringt nicht soviel Geld, aber mehr Spaß. Bundestrainer wäre nichts für mich", meinte Serdarusic. Dafür erntete der frühere Kreisläufer von Bundestrainer Heiner Brand hohes Lob: "Es ist seit Jahren Kiels Stärke, dass die Mannschaft, der Trainer und Manager Uwe Schwenker zusammenpassen und eine vorbildliche Arbeit leisten."

Lobeshymnen von den Schützlingen

Die Spieler schwärmen von der Arbeit des "harten Hundes" und Tüftlers Serdarusic. "Wenn du auf Noka hörst, kann nichts schiefgehen. Man muss das machen, was er sagt, dann geht's in die richtige Richtung", meint der norwegischer Nationalspieler Frode Hagen. "Der Trainer ist mein Freund geworden", sagt Flügelflitzer Johan Petersson und lacht verschmitzt. Und Shootingstar Christian Zeitz, erwidert auf die Frage, ob er seinen Vertrag beim THW verlängert: "Wie lange hat der Trainer Vertrag, so lange bleibe ich auch."

"Schwenker und ich sind unzertrennlich"

Der Kontrakt von Serdarusic ist bis zum 30. Juni 2006 befristet, und man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass die seit 1993 andauernde Traumehe noch über Jahre fortgesetzt werden könnte. "Uwe Schwenker und ich sind unzertrennlich. Wir haben uns auch mal in der Wolle, aber wir haben immer einen Kompromiss gefunden", sagt Serdarusic. Und der Manager fügt hinzu: "Noka und ich sind wie ein Ehepaar. Wir wissen, was wir an uns haben und dass wir nichts Besseres kriegen."

Hommage ans Team

Schwenker ist aber nicht nur begeistert vom Trainer, sondern auch von seinen Spielern, die am Sonntagabend bei der zünftigen Party auf dem Rathausplatz begeistert gefeiert wurden. "Das ist ein verschworener Haufen. Dass wir mit nur zwei Niederlagen und sechs Minuspunkten vor der SG Flensburg-Handewitt Meister wurden, ist phänomenal", sagte Schwenker. Der Manager lässt sich auch in der Prämienfrage nicht lumpen: "Die Sponsorengelder für den Titel bekommt komplett die Mannschaft." Und die sind sechsstellig.

Verhandlungen mit Kjelling

Für die Operation Titelverteidigung und den Angriff auf die Champions League wird der THW-Etat erhöht. "Wenn wir in der Königsklasse nach den Sternen greifen wollen, müssen wir noch mehr Qualität in den Kader bringen", sagt Schwenker. Als spektakulärer Zugang ist der Norweger Kristian Kjelling im Gespräch, der noch bei Ademar Leon unter Vertrag steht. Ob mit oder ohne Kjelling - der THW wird in der neuen Saison der Gejagte sein. Die Spielzeit beginnt am 4./5. September mit dem Kracher in der Campus-Halle beim entthronten Meister, amtierenden DHB-Pokalsieger und Erzrivalen Flensburg, der dem THW artig zum Titel gratulierte. "Der THW ist ein sehr verdienter Meister. Souveräner kann man den Titel nicht gewinnen", sagte Lars Christiansen, der mit 259 Treffern Torschützenkönig der Saison 2004/2005 wurde.

(Von Michael Schwartz, © 2005 Sport1)

 

Stimmen bei Sport1:

Klaus-Dieter Petersen (Kiel):
Das war ein Heimspiel für uns. Endlich haben wir die alte Schale an die richtige Förde zurückgebracht. Ich hatte letztes Jahr die Schale versprochen und bringe sie nun nach Hause. Auf dem Rathausplatz wird die Hölle los sein.
Noka Serdarusic (Trainer Kiel):
Das war über die gesamte Spielzeit die beste THW-Leistung seit ich hier Trainer bin. Auf diese Mannschaft bin ich stolz
Sebastian Preiß (Kiel):
Absolut geil. Jetzt feiern wir richtig. Das haben wir uns verdient. Wir haben sehr konstant gespielt. Kleiner Gruß nach Flensburg: Es hat leider nicht gereicht. Tut mir leid.
Stefan Lövgren (Kiel):
Wir sind nach dieser überragenden Saison überglücklich. Keiner hat heute daran gezweifelt. Wir wollten diesen Titel unbedingt und das hat man heute auch gesehen.
Frode Hagen (Kiel):
Wir haben eine unglaubliche Saison gespielt. Wahnsinn! Ich war noch nie Deutscher Meister. Das ist etwas ganz Besonderes.
Johan Petterson (Kiel):
Ich kann es noch gar nicht glauben. Das war eine unglaubliche Saison. Ich habe vieles erlebt in meinem Leben, aber so etwas noch nicht. Wir haben die beste Saison der Vereinsgeschichte gespielt.
Uwe Schwenker (Manager THW Kiel):
Das hatten wir uns erhofft. Wir haben heute von Anfang an klar gemacht, dass wir gewinnen wollen und gewinnen werden. Flensburgs Siegprämie für Düsseldorf hat uns überhaupt nicht interessiert.
Kent-Harry Andersson (Trainer Flensburg):
Glückwunsch an Kiel. Nach dem THW-Sieg in Magdeburg habe ich das erwartet. Aber wir müssen uns nicht schämen. Wir sind Pokalsieger und Vize-Meister.
Thorsten Storm (Manager Flensburg):
Herzlichen Glückwunsch nach Kiel. Souveräner kann man nicht Meister werden. Kiel hat die Schale verdient gewonnen.
(Aufgezeichnet von Michael Schwartz, © 2005 Sport1)

Hier geht's zu den Fotos von der Meisterfeier!


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