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06.07.2005 Nationalmannschaften / Interview

Magnus Wislander im "Handball-Woche"-Interview: "Wir stecken in einer Krise"

Die "Handball-Woche".
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In der aktuellen "Handball-Woche" Ausgabe 28/29/2005 spricht Handball-Ikone Magnus Wislander über die verpasste EM-Qualifikation der "Tre Kroners" (siehe Bericht) und die Zukunft des schwedischen Handballs. Wir präsentieren das Interview mit freundlicher Genehmigung der "Handball-Woche".
Schweden hat die Qualifikation zur EURO 2006 nicht geschafft und scheiterte an Polen (siehe Bericht). Die Handballwelt war überrascht, hatten doch gerade die "Tre Kroners" von 1990 bis 2002 Maßstäbe gesetzt. Im Exklusiv-Interview verrät Jahrhundert-Handballer Magnus Wislander die Hintergründe und spricht über die Zukunft.
Handball-Woche:
Schweden ist für die Euro 2006 nicht qualifiziert. Haben Sie das schon realisiert?
Magnus Wislander:
Ja, leider!
Handball-Woche:
Handball ist nach Eishockey der Volkssport in Ihrem Land. Wie waren die Reaktionen in der Öffentlichkeit?
Magnus Wislander:
Es gab viele Reaktionen. Von Enttäuschung bis hin zu Vorwürfen war vieles dabei. Vor allem Auswahltrainer Ingemar Linnell geriet in die Kritik. Über eine mögliche Nachfolge und auch über die Rückkehr von einigen älteren Spielern wurde sogar diskutiert.
Handball-Woche:
Ist die Kritik an Linnell gerechtfertigt?
Magnus Wislander:
Nein, aber es ist sowieso nicht meine Art, den Trainer in Frage zu stellen. Vielmehr finde ich, die Spieler sollten die Verantwortung übernehmen, schließlich waren sie es ja auch auf dem Feld, die die Qualifikation nicht geschafft haben. Außerdem muss man auch sagen, dass Linnell personell das Beste hatte, was es gerade in Schweden gibt. Er hat die besten Spieler eingeladen und dann kannst du halt nicht mehr machen...
Handball-Woche:
Von 1990 bis 2002 hat Ihr Land den Welthandball bestimmt. Nun sind Sie nach Athen schon zum zweiten Mal nicht für ein Großereignis qualifiziert. Steckt Schweden in der Krise?
Magnus Wislander:
Ja. Man muss leider davon sprechen. Über viele Jahre waren wir Weltspitze, jetzt sind wir nicht mal mehr qualifiziert. Da kann man das Wort Krise in den Mund nehmen. Trotzdem befindet sich nur die Nationalmannschaft in dieser Krise. Denn sowohl die Vereinsteams als auch der Nachwuchs in Schweden ist gut und dort wird Klasse-Arbeit gemacht.
Handball-Woche:
Worin liegen die Gründe für die Krise?
Magnus Wislander:
Gerade für die jüngeren Spieler war die Qualifikation eine völlig neue Sache. Einige haben zwar schon viele Länderspiele, aber eine solche Rolle wie gegen Polen mussten sie noch nie spielen. Vor allem waren sie dabei auf sich allein gestellt, weil die Älteren nicht mehr dabei waren, die sie früher geführt haben. Linnell musste eine völlig neue Mannschaft formen und ist dabei weiter auf der Suche nach Führungsspielern. Irgendwie hat sich dabei viel auf Marcus Ahlm konzentriert, aber als Kreisläufer ein Team zu führen, ist schwer.
Handball-Woche:
Polen schlägt Schweden und Portugal Tschechien. Rückt die Spitze im Handball noch enger zusammen?
Magnus Wislander:
Ja, aber das ist ja auch keine neue Entwicklung. Durch die Erweiterung der EU, dadurch dass wir nun mehr Länder in Europa haben, ist die Weltspitze noch enger zusammen gerückt. Allein der Balkan hatte schon immer sehr gute Handballspieler. Dort sind nun einige neue Nationalmannschaften entstanden. Aber Portugal und Tschechien kann ich sportlich nicht so richtig einschätzen. Sicher ist aber, dass mit Polen und Schweden die beiden stärksten Mannschaften in der Qualifikation aufeinander getroffen sind. Vielleicht hatten wir einfach auch ein wenig Lospech.
Handball-Woche:
Haben Sie Angst vor der Zukunft oder anders: Kann Schweden wieder den Anschluss an die Weltspitze schaffen?
Magnus Wislander:
Angst habe ich eigentlich nicht. Doch man muss auch sehen, dass es immer schwieriger wird, sich zu qualifizieren, wenn man erst einmal nicht dabei war. Die Qualifikations-Runden werden länger, die Gegner immer schwerer, weil man anderen Lostöpfen zugeteilt wird. Dann kommt vielleicht die eine oder andere andere Verletzung hinzu. Davor habe ich Angst. Es ist ein langer und harter Weg zurück.
Handball-Woche:
Werden Sie der Nationalmannschaft helfen, diesen Weg zu gehen?
Magnus Wislander:
In der Nationalmannschaft weiß ich noch nicht. Ich konzentriere mich auf meinen Klub in Göteborg und wenn meine Leute dort gut sind, geht es auch wieder besser in der Nationalmannschaft.
(Das Gespräch führte HW-Redakteur Olaf Bruchmann, aus der "Handball-Woche" Ausgabe 28/29/2005)


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