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14.09.2005 Interview

Zebra: Der "Meistermacher" - Serdarusic-Interview Teil 1

THW-Trainer Noka Serdarusic im großen ZEBRA-Interview (Teil 1 von 2)

In seinem 13. Trainerjahr beim THW: Noka Serdarusic
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Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Kein anderer Trainer der Handball-Bundesliga war jemals erfolgreicher als Noka Serdarusic. Als der gebürtige Kroate, der im Mai 1998 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, vor zwölf Jahren zum THW Kiel kam, da dürstete die Ostseehalle nach dem Ende einer titellosen Ära - und wurde seitdem großzügig für das Lange warten belohnt.
Kein anderer Trainer der Handball-Bundesliga war jemals erfolgreicher als Noka Serdarusic. Als der gebürtige Kroate, der im Mai 1998 die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, vor zwölf Jahren zum THW Kiel kam, da dürstete die Ostseehalle nach dem Ende einer titellosen Ära - und wurde seitdem großzügig für das Lange warten belohnt. Noka Serdarusic führte den THW Kiel zu acht Deutschen Meisterschaften, zu drei Deutschen Pokalsiegen und drei EHF-Cups. Allein der Gewinn der Champions League blieb dem heute 55-Jährigen verwehrt. Im Jahr 2000 scheiterten seine Zebras nur denkbar knapp mit einem Tor in einem packenden Finale am FC Barcelona (siehe Spielbericht). Doch Serdarusic hat auch in seinem 13. Jahr als Trainer des THW Kiel noch lange nicht aufgegeben. Serdarusic und seine Zebras sind "heiß" auf weitere Titel.

Im großen Zebra-Interview spricht Noka Serdarusic über seine neue Mannschaft sowie die ungebrochene Motivation, Titel zu gewinnen, und äußert sich zudem zum Ende seiner eigenen Trainer-Laufbahn.

Zebra:
Noka, was empfindest Du, wenn Du Deine Jungs in der Vorbereitung und dem gefürchteten Trainingslager leiden siehst?
Noka Serdarusic:
Ich bin diesen Anblick inzwischen gewohnt, es spielen sich in jedem Jahr die gleichen Bilder ab. Doch es lässt sich nun mal leider nicht ändern, dass sich meine Jungs für den Erfolg schinden und mitunter auch quälen müssen. Wir versuchen jedoch von Jahr zu Jahr an Kleinigkeiten zu feilen, Pitti bringt als Co-Trainer neue Übungen ein. Die Spieler haben durchaus ihren Spaß am Training und können zwischendurch auch lachen. Aber unter dem Strich ist gerade das Trainingslager sehr hart. Man kann es jeden Morgen in den Gesichtern ablesen, wenn die Jungs in aller Herrgottsfrühe aus ihren Betten geschmissen werden, um noch vor dem Frühstück über eine Stunde um den Mühlenteich zu laufen.
Zebra:
Drückt das nicht ungeheuer auf die Stimmung?
Noka Serdarusic:
Die Stimmung im Trainingslager nimmt natürlich mit der Zeit und zunehmender Müdigkeit ab, das ist verständlich. Es ist nicht unwichtig, die Stimmung jedoch trotzdem auf einem guten Niveau zu halten. In diesem Jahr war sie vom ersten Tag an gut, denn unsere Neuen besaßen glücklicherweise reichliche Vorkenntnisse über die Belastungen, die da auf sie zukamen. Sie hatten vorher offensichtlich richtig Muffe, denn alle meine Spieler nutzen den Sommer offensichtlich sehr gut und kehrten ziemlich fit nach Kiel zurück. In der Vorbereitung galt es nur, das Niveau noch weiter anzuheben.
Zebra:
War das früher anders?
Noka Serdarusic:
Früher waren die Neuzugänge im Trainingslager fast am Sterben. Heute nahm sich der eine extra vorab einen Konditionstrainer, der andere speckte in den letzten Monaten 24 oder 25 Pfund ab.
Zebra:
Hätte Dir das damals als Spieler auch gefallen?
Noka Serdarusic:
Ich habe solche Trainingslager auch einige Jahre durchlaufen. Als ich jung war, machte ich mir jedoch nicht viele Gedanken. Im Alter von 27 Jahren stoppte mich dann jedoch eine schwere Verletzung. Solche Torturen wie im Trainingslager muss man durchlaufen. Meine Spieler wissen dafür, dass ihre Mannschaft am Ende anderen konditionell überlegen sein wird. Diese Einsicht ist ein ganz wichtiger Punkt. Die, die müde sind, sind nicht in der Lage, in den entscheidenden Situationen kühlen Kopf zu bewahren. Der, der fit ist, trifft die richtige Entscheidung.
Zebra:
Was warst Du als Spieler selbst für ein Typ?
Noka Serdarusic:
Als junger Bursche waren erste Erfahrungen bei Europa- und Weltmeisterschaften oder gar bei Olympischen Spielen etwas besonders schönes. Ich musste mir jedoch vieles hart erarbeiten, denn nur Talent reichte schon damals nicht aus. Die Schmerzen haben mir dann jedoch den ganzen Spaß genommen. Ich musste immer kämpfen, Kraft war meine Stärke, das Laufen jedoch eine Qual, denn schon mit 25 Jahren wog ich 103 Kilogramm.
Zebra:
Was hat sich bis heute geändert?
Noka Serdarusic:
Nur mit Kraft erreichst Du heute nichts mehr. Du musst den Kopf einschalten und begreifen, wie das Spiel läuft. Damals musste ich mir nur Gedanken um mein eigenes Spiel machen, heute um das von 13 anderen Spielern. Als Trainer kann ich nicht mit Gewalt jedem die gleichen Sachen aufzwingen, sondern muss mich mit jedem individuell auseinandersetzen und jedem Mannschaftsmitglied etwas auf den Leib schneidern. Wenn früher das Training zu ende war, dann hatte ich frei. Heute beschäftige ich mich wesentlich länger mit dem Spiel meiner Mannschaft.
Zebra:
In wie weit hat sich die Saisonvorbereitung unter Deiner Regie im Laufe der Jahre verändert?
Noka Serdarusic:
Es geht um den Einzelnen: Jeder muss das bekommen, was er braucht. Wenn wir eine Neuverpflichtung zum THW Kiel holen, dann wissen wir zu 90 Prozent bereits, was uns tatsächlich erwartet. Jedoch erst, wenn man täglich viele Stunden im Training zusammen verbringt, offenbart sich dem Trainer eine geeignete Quelle zur Fehleranalyse, was sich dann in einem individuellen Trainingsplan niederschlägt. Seit nunmehr zwölf Jahren machen wir beim THW Kiel diese Art von Trainingslager und immer war etwas anders - sonst hätten die Spieler wohl irgendwann auch genug von mir. Es gibt kein Buch mit detaillierten Anleitungen für solch ein Trainingslager - hier weiß man nie, was tatsächlich kommt.
Zebra:
Also keine Spur von Routine?
Noka Serdarusic:
Nein, und das ist auch wichtig. Neue Leute bringen neue Aufgaben mit sich und folglich auch neue Motivation. Ein Trainer wird selten mit den gleichen Leuten spielen und seine Spielmöglichkeiten variieren oder im Verlaufe einer Saison sogar variieren müssen, auch wenn die Grundprinzipien dieselben bleiben. Einige Spielzüge verändern sich von Saison zu Saison, andere kommen gezwungenermaßen gänzlich neu hinzu. Das taktische Spiel eines Trainers ist ein offenes Buch - derjenige, der lesen kann, weiß alles. Und genau deswegen kann ich nicht immer wieder mit den gleichen Sachen kommen. Denn ansonsten wäre der THW Kiel für jeden Gegner leicht auszurechnen.
Teil 2 des Gesprächs mit Noka Serdarusic lesen Sie in der kommenden Ausgabe des Zebra-Magazins anläßlich des Heimspiels gegen Göppingen.

(Das Interview führte Sascha Klahn, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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