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03.11.2005 Bundesliga/Mannschaft

Kieler Nachrichten: Fritz: "Ich bin auf einem guten Weg"

Formkurve des THW-Torhüters zeigt wieder nach oben

Aus den Kieler Nachrichten vom 03.11.2005:

Balingen/Kiel - "Nein, so eine Krise habe ich noch nie erlebt." Seit Wochen sucht Henning Fritz die Form, die ihm die Auszeichnung "Welthandballer" bescherte, der Nationalmannschaft EM-Gold und dem THW Kiel einmal mehr den Titel eines deutschen Meisters. Dann purzelte er in ein tiefes Loch und muss nun in überregionalen Zeitungen Schlagzeilen wie "der Hexer hext nicht mehr" lesen.
Das klingt endgültig. Nach einem erloschenen Vulkan. Doch ist Fritz wirklich am Ende? Es gibt klare Anzeichen, dass er wieder auf die Füße fällt. Im Spiel um Platz fünf des Supercups war der gebürtige Magdeburger bester Nationalspieler. 22 Paraden gegen Spanien. Ein Anfang. Am Dienstag gefiel Fritz im Pokalspiel beim Zweitligisten HBW Balingen-Weilstetten (38:25). Er hielt 20 Bälle und den Schiedsrichtern Damian/ Wenz eine kleine Rede. Die Zeitstrafe für Nikola Karabatic fand er übertrieben, deshalb baute er sich vor ihnen auf. Dass er deshalb auch für zwei Minuten auf die Bank geschickt wurde, war Nebensache: Das war er wieder, der alte Henning Fritz. Randvoll mit Adrenalin. Mit dieser unglaublichen Energiequelle, die ihn zum besten Torhüter der Welt werden ließ. "Beeindruckend, wie er sich gegen so eine No-Name-Mannschaft wie unsere reingekniet hat", lobte Rolf Brack, Trainer der Balinger. "Ich habe ihn zuletzt im Fernsehen oft beobachtet. Da habe ich seine Körpersprache vermisst. Gegen uns war sie wieder da."

Fritz, der gestern mit Christian Zeitz noch zu einem Fitnesstest der Nationalmannschaft nach Heidelberg fuhr, stapelt tief. "Dieses Spiel kann kein Maßstab sein." Auch er weiß, dass die Balinger zu harmlos waren, um die THW-Abwehr zu knacken. Sicherlich hätten ihm die letzten Spiele Auftrieb gegeben. Doch der Anspruch, den er an sich selbst hat, sei ein ganz anderer. "Ich glaube aber, dass ich auf einem guten Weg bin."

Der Supercup sei eine angenehme Abwechslung vom Alltagstrott gewesen. Andere Gesichter, ein anderes Training mit Deutschlands Torhüter-Ikone Andreas Thiel, der ihm Trost spendete. "Als ich nach Olympia-Silber 1984 und meiner Berufung in die Weltauswahl in ein tiefes Loch fiel, wurde ich auch abgeschrieben." Doch Thiel kam wieder und war noch zehn Jahre lang einer der Besten.

"Es gibt nicht eine bestimmte Ursache für diese Krise", weiß Fritz. "Da kommt vieles zusammen." Der Spagat zwischen Familie mit zwei kleinen Kindern und Leistungssport, den einer wie er auch schaffen will. Die Gewissheit, dass die junge THW-Mannschaft eine Persönlichkeit wie ihn als Kopf braucht. Die fehlende Harmonie mit dem Mittelblock, der im Verein und Nationalteam neu zusammengestellt wurde. Der eigene Anspruch eines Perfektionisten, immer das Optimum erreichen zu wollen. Ein Spiel jagt das andere und lässt keine Pause. Im Verein und Nationalmannschaft hat einer wie er rund 100 Spiele im Jahr. "Von einem Termin zum nächsten - so ist eigentlich meine ganze Karriere verlaufen. Viel Freizeit hatte ich nie."

Fritz selbst spricht nicht gerne über Gründe. "Spekulieren sollen andere." Er selbst hat als Erster freimütig über seine Situation geredet, aber nicht mit diesem Echo gerechnet. "Die Geschichte wurde von den Medien hochgespielt. Vielleicht bin ich zu offen gewesen."

Auch Vereinstrainer Noka Serdarusic kann die harsche Kritik an seinem Torhüter nicht verstehen, mit dem er nun schon seit mehr als vier Jahren Tag für Tag zusammenarbeitet. "Unsere Politiker leisten gar nichts. Aber von einem Sportler wird erwartet, dass er jeden Tag Leistung bringt." Ein Formtief sei normaler Bestandteil eines Sportlerlebens. "Die Guten kommen da aber wieder raus", sagt Serdarusic, der keinen Zweifel daran lässt, dass er Fritz für einen hält, der wieder zurückkommt. Für einen Guten eben.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 19.09.2005)


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