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20.05.2006 Bundesliga

Zebra: Die Metropolen locken

Den Handball zieht es in die großen Städte - bleibt Kiel auf der Strecke?

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Der THW Kiel durfte feststellen, dass er die SG Flensburg-Handewitt doch noch besiegen kann. Die Handball Bundesliga (HBL) durfte erkennen, dass solch ein Spiel inzwischen auch auf dem Handball fremden Terrain ein großer Erfolg sein kann. Ganz Handballdeutschland machte dieses Spiel allerdings deutlich, wohin der Sport in Zukunft streben wird: In die Metropolen mit ihren großen Hallen.
Den Trend, viele Zuschauer in die Halle zu locken, setzte der Branchenprimus THW Kiel über Jahre hinweg. Der Ausbau der Ostseehalle zu einem schmucken Handball-Tempel ermöglichte es, permanent 10.250 Zuschauer bei Spielen in der Bundesliga begrüßen zu können. Inzwischen aber, so scheint es, haben andere Städte, Hallenbetreiber und Vereine ebenfalls die Zeichen der Zeit erkannt und setzen zunehmend auf die Zugkraft des Handballs in großen Arenen.

Den Anfang machte der VfL Gummersbach mit seinem zunächst schleichenden, jetzt zu nahezu einhundert Prozent vollzogenen Umzug aus der rheinischen Kleinstadt nach Köln. Die neu errichtete KölnArena bietet bis zu 19.250 Fans Platz - allein schon die gigantischen Ausmaße der "Halle im Stadionformat" lassen dabei jeden Gegner beinahe vor Ehrfurcht erstarren. Gleichzeitig sorgt sie mit einer guten Auslastung aber auch für glänzende Augen beim Schatzmeister des VfL. Zur Halbzeit der aktuellen Saison konnte die HBL ein Novum vermelden: Erstmals seit Einführung der Bundesliga konnten die Zebras nicht den höchsten Zuschauerschnitt aufweisen. Gummersbach hatte den THW mit durchschnittlich 11.442 Zuschauern pro Begegnung auf den zweiten Platz verwiesen.

Aber auch in anderen Städten und Vereinen tut sich eine Menge. So zog der Aufsteiger SG Kronau-Östringen gleich nach der Fertigstellung in die neue SAP-Arena in Mannheim um. Rund 14.000 Handballfans finden dort Platz, der Umzug bescherte den selbst erklärten Rhein-Neckar Löwen zur Saison-Halbzeit einen beachtenswerten Schnitt von 7.261 Fans. "Der Wechsel nach Mannheim war eine gewaltige Herausforderung", sagt SG-Geschäftsführer Uli Schuppler rückblickend, "aber wir haben in Mannheim und der gesamten Rhein-Neckar-Region zahlreiche neue Fans gewonnen."

Das kann man auch vom HSV Hamburg berichten. Nach dem Umzug aus Bad Schwartau, der auch mit einer schwer fallenden neuen Namensgebung einher ging, in die Hansestadt musste man dort allerdings schnell feststellen, dass allein große Hallen noch nicht für regelmäßig große Kulissen sorgen. Erst mit neuen Spielern und dem sportlichen Erfolg begannen die Handball-Fans, die Color Line Arena zu entdecken. Mittlerweile haben sich Pascal Hens, Goran Stojanovic & Co. auf dem umkämpften Hamburger "Sportmarkt" aber fest etabliert, lockten in den bisherigen Spielen im Schnitt knapp 7.000 Handballanhänger in die 13.800 Plätze bietende Halle.

Auch den VfL Pfullingen zieht es in die benachbarte Großstadt Stuttgart. Seit Saisonbeginn firmieren die Schwaben bereits unter dem Namen "VfL Pfullingen-Stuttgart", mit Eröffnung sollen die Spiele des VfL in der neuen 7.500 Zuschauer fassenden Porsche-Arena ausgetragen werden - vielleicht sogar im Fall eines Abstiegs aus der 1. Bundesliga. Selbst beim Aufsteiger Concordia Delitzsch machte man sich auf in das benachbarte Leipzig - allerdings nicht mit dem gewünschten zuschauerträchtigen Erfolg, was vor allem aber auf die sportliche Situation der Concorden zurückzuführen war. Die Zeichen der Zeit erkannte man auch beim TBV Lemgo, der nicht nur die heimische Lipperlandhalle ausbaute, sondern in Spitzenspielen zunehmend auf das 12.000 Zuschauer fassende Gerry-Weber-Stadion in Halle ausweicht.

Großes hat man auch in der zweiten Liga vor: Dort musste der TSV Burgdorf, unlängst durch den richtungsweisenden Vereinszusatz Hannover ausgestattet, seinen Sturmlauf in Richtung erste Liga und Heimspiele in der TUI-Arena vorerst um mindestens eine Saison verschieben. Und auch die Bundeshauptstadt schickt sich an, die Handball-Diaspora zu verlassen. Allstar-Game und das Eröffnungsspiel der Handball-WM 2007 lenken den Fokus der Öffentlichkeit auf Berlin, wo Ex-HSV-Trainer Bob Hanning mit den "Füchsen" die generalstabsmäßig geplante Rückkehr in das Handball-Oberhaus vorbereitet.

Schon blickt man in Kiel mit Sorge auf die anderen Städte und Vereine. Wird die Ostseehalle auch in Zukunft ausreichend Zuschauern Platz bieten, um durch die Einnahmen weiterhin im "Konzert der Großen" die erste Geige spielen zu können? THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker blickt der Zukunft gelassen entgegen. "Die Ostseehalle ist mit ihrer Größe genau richtig für die Region und zudem der Kulttempel des Handballs. Ich habe keine Sorgen, sehe aber die Herausforderungen, die sich durch die wirtschaftlich geänderten Rahmenbedingungen der Mitbewerber ergeben." Für den Handball, so Schwenker weiter, sei es gut, dass andere Vereine in Sachen Zuschauerresonanz gegenüber dem THW aufholen und ihn - wie Gummersbach - zum Teil auch überholen. "Es ist aber ein großer Anreiz für den THW Kiel, sich in diesem stetig wachsenden Umfeld zu behaupten. Wenn wir hier noch ein wenig enger zusammenrücken, können wir noch viele Dinge und Ideen umsetzen. Die Ostseehalle hat aber eine gute Größe!"

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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