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03.02.2007 WM 2007 / Nationalmannschaft

Kieler Nachrichten: Ein Weltwunder namens "Fritze"

Die Nummer eins wartet noch auf eine Reaktion von Noka Serdarusic

Aus den Kieler Nachrichten vom 03.02.2007:

Köln - Das linke Bein zuckte zur Seite, der Ball prallte ab, Henning Fritz rannte los: Mit einem blitzartigen Reflex hatte der Torhüter den letzten Wurf der Franzosen pariert, das 32:31 in der dramatischen zweiten Verlängerung gerettet und sich zum deutschen Halbfinal-Helden der Weltmeisterschaft aufgeschwungen.
"Ich bin sehr zufrieden. Das ist jetzt schon wie Weltmeister sein. Wir stehen im Finale. Das hätte ich nie erwartet", bekannte Fritz. 36 Prozent aller Würfe, die auf sein Tor kamen, hatte er nicht an sich vorbei gelassen. Damit stach er auch im zweiten direkten Duell seinen französischen Klub-Kontrahenten Thierry Omeyer aus, der es auf 31 Prozent brachte. Es passte in das Bild, dass Fritz erneut als "Man of the Match" geehrt und für seine großartige Leistung von den 19 000 Zuschauern frenetisch gefeiert wurde. "Ich bin stolz darauf", gab er gerührt zu.

Die einen bezeichnen ihn inzwischen Teufelskerl, andere betiteln ihn als "Weltwunder": Die Suche nach Synonymen für Fritz treibt manche Blüte - nur beim Bundestrainer nicht. "Ich nenne ihn einfach Fritze", sagte Heiner Brand ("Er hat hinter eine starken Abwehr sehr gut gestanden"). Der hochgelobte Schlussmann lobte derweil seine Mitspieler. "Kompliment an die Mannschaft. Es ist unglaublich, was sie für eine Moral hat", sagte Fritz, dessen Frau Babett auf der Tribüne mitfieberte.

Wie sehr ihn dieses Spiel über 80 strapaziöse Minuten geschlaucht hatte, konnte man in den Katakomben erleben. Nachdem Anspannung und Konzentration abgefallen waren, schlichen der emotional ausgepumpte Fritz und seine Mannschaftskameraden fernab der Kameras und Scheinwerfer müde durch die Gänge. Nach neun Spielen in 13 Tagen sind nicht nur die körperlichen Reserven, sondern auch die mentalen Depots nahezu aufgebraucht.

"Ich glaube, wenn wir auf neutralem Boden spielen würden, könnten wir diese Kraftreserven wohl nicht mobilisieren. Aber wenn das Publikum so hinter einem steht, das beflügelt noch einmal und man versucht, das Letzte aus sich herauszuholen", bekannte der gebürtige Magdeburger, dessen quälende Zeit als Nummer drei beim Deutschen Meister THW Kiel hinter Omeyer und dem Schweden Mattias Andersson der Vergangenheit angehören dürfte. Er befinde sich jetzt in einer anderen Position als vor der Weltmeisterschaft, befand Fritz. "Ich hoffe es wird ein Gespräch geben. Wie es dann weitergehen wird, muss man sehen."

Die Frage, ob es eine Reaktion von seinem Trainer Noka Serdarusic oder von Manager Uwe Schwenker gegeben habe, verneinte er. Uwe Schwenker ("Eine tiefe Verbeugung vor Heiner Brand und dieser tollen Mannschaft"), der als WM-Organisationsmitglied zurzeit in Köln die Zelte aufgeschlagen hat, nannte die Gründe: Man habe die THW-Spieler bei großen Turnieren immer in Ruhe gelassen, sagte er. "Weder bei Olympia noch als Henning Europameister war, gab es von uns eine Rückmeldung." Lob und Ehrungen gebe es immer erst nach der Rückkehr in Kiel. Daran werden wir uns auch jetzt halten."

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 03.02.2007)


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