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10./12.02.2007 - Letzte Aktualisierung: 12.02.2007 Bundesliga

Holpriger Start nach WM-Pause: Unentschieden im Krimi gegen den HSV

Bundesliga, 19. Spieltag: 10.02.2007, Sa., 15.25: THW Kiel - HSV Hamburg: 33:33 (16:14)
Update #4 KN-Spielbericht, Stimmen, Fotos, Statistik und Spielbericht ergänzt...

Christian Zeitz zieht ab.
Klicken Sie zum Vergrößern! Christian Zeitz zieht ab.
Der THW Kiel ist mit einem Teilerfolg aus der WM-Pause in die Budnesliga zurückgekehrt: Im Spitzenspiel des 19. Spieltags trennten sich die Zebras im Nordderby vom HSV Hamburg in der Ostseehalle mit 33:33 (16:14). Die 10.250 Zuschauer sahen dabei eine dramatische Schlussphase, nach der die Punkte letztlich leistungsgerecht aufgeteilt wurden. Bester Torschütze auf Seiten des THW war Nikola Karabatic mit 9/1 Treffern, bei den Gästen überragte Weltmeister Pascal Hens mit 11 Toren.
Vor Spielbeginn gab es für die Zuschauer in der ausverkauften Ostseehalle erst einmal WM-Nachschlag: Peter Wackel featuring Hein Daddel und 9.000 Deutschland-Fahnen im weiten Rund sangen die inoffizielle WM-Hymne "Ladioo", anschließend wurden unter stehenden Ovationen die sechs Weltmeister in den Reihen der beiden Clubs geehrt. Dann endlich fiel der Startschuss für das Spitzenspiel.

Vor dem Spiel wurden die Weltmeister geehrt.
Klicken Sie zum Vergrößern! Vor dem Spiel wurden die Weltmeister geehrt.
Die Gäste hatten zunächst den besseren Start: Nach Fehlwurf von Stefan Lövgren markierte Guillaume Gille die erste Führung, nach dem Ausgleichstreffer von Karabatic mit 100 km/h antwortete Torsten Jansen postwendend zum 1:2. Christian Zeitz, der auf Halbrechts diesmal von Beginn an randurfte, scheiterte anschließend gleich zweimal, doch der HSV konnte kein Kapital daraus schlagen, weil die Kieler Abwehr gut stand und insbesondere den Top-Torjäger der Liga, Kyung-Shin Yoon, bestens im Griff hatte.

Dennoch erhöhte Hamburg bis zur 10. Minute leicht auf 4:2 - auch, weil Vid Kavticnik einen Gegenstoß übers Tor warf, Nikola Karabatic per Strafwurf an Stojanovic scheiterte und Christian Zeitz auch im dritten Versuch scheiterte. Dann aber machte es der Linkshänder besser und blies mit zwei Treffern zur Aufholjagd, die Pascal Hens aber mit wuchtigen Rückraumtreffern schnell wieder zu unterbinden versuchte. Die Kieler hatten trotzdem nun Betriebstemperatur erreicht - allen voran Nikola Karabatic: Zweimal tankte er sich durch die überraschend defensiv eingestellte Gäste-Abwehr und markierte so den Ausgleich zum 6:6 (12.). Mit Schwung, zwei Ahlm-Treffern und drei Paraden von Thierry Omeyer gegen seinen Landsmann Bertrand Gille gingen die Kieler nun gar mit 9:7 (18.) in Führung und hätten sogar schon klarer vorne liegen können. Doch Dominik Klein erwischte einen rabenschwarzen Tag und scheiterte sowohl vom Siebenmeterpunkt als auch zweimal per Tempo-Gegenstoß.

"Mini" fand heute nicht zu seiner gewohnten Treffsicherheit.
Klicken Sie zum Vergrößern! "Mini" fand heute nicht zu seiner gewohnten Treffsicherheit.
Die Hanseaten fingen sich nach einer von Martin Schwalb genommenen Auszeit aber wieder und glichen aus. Der THW lebte im Angriff nun von den Impulsen des mittlerweile eingesetzten Kim Andersson, der besonders mit tollen Anspielen auf Marcus Ahlm glänzte. Der HSV, bei dem der völlig entnervte Yoon bereits durch Lijewski ersetzt wurde, hielt sich vor allem durch Treffer von Guillaume Gille im Spiel und ging sogar in der 26. Minute durch Hens mit 13:12 in Führung. Doch in den Schlussminuten drehten die Kieler das Spiel erneut zu ihren Gunsten: Der im ersten Durchgang überragende Nikola Karabatic durchbrach die Gäste-Abwehr zum sechsten und siebten Mal, und nach einem 99 km/h-Kracher von Kim Andersson ging es mit einer 16:14-Führung für den Meister in die Kabinen.

Nach Wiederanpfiff wurde den Zuschauern schnell klar, dass das Spiel bis zum Ende hin spannend bleiben dürfte. Denn bei den Gästen hatten nun plötzlich die im ersten Durchgang völlig glücklosen Kyung-Shin Yoon und Bertrand Gille ins Spiel gefunden. Da auch Pascal Hens immer mehr aufdrehte, glichen die Gäste bis zur 36. Minute auf 20:20 aus und hatten nun gar mehrmals die Chance zur Führung: Zunächst konnten die Kieler dies aber abblocken: Einmal parierte Mattias Andersson spektakulär mit dem Fuß gegen Yoon, einmal scheiterte Hens am Innenpfosten. Doch "Pommes" war nun nicht mehr aufzuhalten: In der 45. Minute brachte er den HSV erstmals im zweiten Durchgang beim 24:25 in Führung, der unermüdlich rackernde Marcus Ahlm und der im zweiten Durchgang auffällige Henrik Lundström markierten das 26:26 - das Spiel stand auf des Messers Schneide und wurde nun immer dramatischer.

Stefan Lövgren kämpft sich zum Kreis durch.
Klicken Sie zum Vergrößern! Stefan Lövgren kämpft sich zum Kreis durch.
Während sich der HSV auf Pascal Hens verlassen konnte, setzte der THW ganz auf Marcus Ahlm. Nikola Karabatic, der sich in der ersten Halbzeit aufgerieben hatte, hielt sich zwar mit seinen Würfen zurück, glänzte aber immer wieder mit starken Anspielen auf den schwedischen Kreisläufer, der sich auch von oftmals vier an ihm hängenden Gegenspielern nicht beirren ließ. Hamburg führte 29:28 (51.), als der Schlussphasen-Krimi begann: Ein Verzweiflungswurf bei angezeigtem Zeitspiel von Kim Andersson auf 11 Metern brachte zunächst den Ausgleich, doch postwendend antwortete Pascal Hens mit seinem zehnten Treffer. Marcus Ahlm erkämpfte einen weiteren Siebenmeter für seinen Club, den Lundström gegen seinen Landsmann Sandström im Nachwurf im Tor unterbringen konnte. Während Christian Zeitz nun die Sonderbewachung für Hens übernahm, mussten die Hamburger umdisponieren und setzten nun ebenfalls auf ihre Kreisläufer. Doch die Torhüter blieben in dieser Phase Sieger: Zunächst setzte Bertrand Gille seinen Wurf an den Pfosten, danach scheiterte Ahlm zweimal am starken Sandström, Ursic und Bertrand Gille jeweils an Omeyer. Erst Lundström brach dann den Bann zum 31:30 per Siebenmeter (56.) - natürlich herausgeholt von Marcus Ahlm.

Guillaume Gille übernahm Verantwortung für die Gäste und erzielte den erneuten Ausgleich zum 31:31. Auf der Gegenseite landete ein geblockter Wurf von Kim Andersson in den Händen von Nikola Karabatic, der zweieinhalb Minuten vor Schluss mit letzter Kraft das 32:31 markierte. Im nächsten Angriff der Hamburger bekam Lars Krogh Jeppesen eine Zeitstrafe aufgebrummt, so dass die Sonderbewachung gegen Hens nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Dieser bedankte sich prompt mit seinem elften Treffer, doch die fünf Kieler blieben cool, spielten den eingelaufenen Christian Zeitz frei, der wiederum die Kieler in Führung brachte, ehe Yoon wieder ausglich. Es waren nun noch 70 Sekunden zu spielen.

Torsten Jansen erzielte sechs Treffer für den HSV.
Klicken Sie zum Vergrößern! Torsten Jansen erzielte sechs Treffer für den HSV.
Die fünf Zebras versuchten sich mehrmals gegen die Betonabwehr der Hamburger, doch der Arm des nicht immer sicher pfeifenden Schiedsrichtergespanns Lars Geipel / Marcus Helbig ging hoch - Noka Serdarusic nahm schnell 19 Sekunden vor Schluss seine Auszeit. Die letzte Trumpfkarte: Viktor Szilagyi. Das Comeback des Österreichers verlief aber nicht wie erhofft, sein Rückraumwurf flog über das Hamburger Gehäuse. Nun nahmen die Gäste ihre Auszeit, 9 Sekunden vor Schluss. Doch ihr letzter Angriff wurde von den um den einen Punkt kämpfenden Kielern abgefangen, so dass dieses Spiel letztlich leistungsgerecht mit 33:33 endete.

(Sascha Krokowski)

Hier geht's zu weiteren Fotos vom Spiel...

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Aus kiel4kiel.de:

THW Kiel verliert die Tabellenführung

Der THW Kiel ist mit einem Unentschieden aus der WM-Pause gekommen. Im Spiel gegen den Nordkonkurrenten HSV Hamburg kamen die Schleswig-Holsteiner nicht über ein 33:33 hinaus und konnten sich nach der knappen Schlussphase noch über einen gewonnenen Punkt glücklich schätzen. Mit einer Zwei-Tore-Führung (16:14) ging man in die Pause, konnte diesen aber nicht über die Zielgerade retten. Stefan Lövgren und Co. zeigten sich engagiert, hatten aber in Per Sandström ihren Meister gefunden.

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Stimmen zum Spiel:

HSV-Trainer Martin Schwalb:
Die Verarbeitung der WM war bei uns intern kein großes Thema: Ab Mittwoch galt die volle Konzentration diesem Spiel, und daran haben sich meine Spieler gehalten. Sie hatten noch genug Patronen im Gürtel, ein Kompliment an alle. Aber auch die Kieler haben gezeigt, dass sie schon wieder einen körperlich guten Handball bieten können.

[Auf die Frage, ob der HSV nun ein Meisterschaftskandidat sei:]
Zunächst einmal geht es uns darum, am Mittwoch ins Final Four zu kommen, alles andere interessiert uns nicht. Wir werden weiter konsequent an uns arbeiten und dann sehen, was dabei rauskommt.

[Zur Leistung von Pascal Hens:]
Pascal ist ein Vollblutsportler, er tut alles dafür, Erfolg zu haben. Ich bin froh, dass er den Spaß, sein Selbstbewusstsein und sein Lachen mit aufs Spielfeld transportiert hat. Er ist ein absoluter Gewinn für unseren Verein.

[gegenüber dem NDR:]
Wir hatten Probleme mit den schnellen Toren des THW per zweiter Welle, aber im Angriff haben wir super gespielt.

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Man muss es nehmen, wie es kommt. Das Unentschieden ist gerecht. Wenn eine der beiden Mannschaften die Chancen genutzt hätte, sich abzusetzen, wäre es auch gerecht gewesen. Meine Spieler haben immerhin gezeigt, dass sie immer noch Kraft haben, um gleich in der Bundesliga weiterzuspielen - einige mehr, einige weniger. Nikola Karabatic war nach der ersten Halbzeit leider ausgepowert. Es war aber heute nicht unser gewohntes Spiel, das waren höchstens 60 bis 70% der Power, die wir sonst haben.

[Zur Entscheidung, Viktor Szilagyi den letzten Wurf zu überlassen:]
Die Schiedsrichter hatten schon vor der Auszeit passives Spiel angezeigt. Wir hatten also nur die Chance, ein oder zwei Abspiele zu machen, ehe wir abschließen müssen. Stefan Lövgren ist aus dem Rückraum ungefährlich gegen eine 6:0-Deckung. Viktor hat genau das gemacht, was er sollte. Vielleicht stand er einen Meter zu weit weg vom Tor.

[Auf die Frage, wann der THW wieder das Niveau der Hinrunde erreicht:]
Wir fahren ja bereits am Dienstagvormittag nach Lemgo, haben also leider nur ein einziges Training bis zum nächsten Spiel. Da kann man also noch nicht erwarten, dass die Maschine am Dienstag schon wieder funktioniert.

[gegenüber dem NDR:]
Wir sind nie zufrieden, wenn wir in Kiel nicht gewinnen. Wir haben gegen einen starken Gegner gespielt, waren nie auf drei Tore weg, das Spiel war immer offen. Der HSV hätte in den letzten Minuten auch gewinnen können, und das wäre auch nicht unverdient gewesen. Nikola Karabatic hat in der ersten Halbzeit im Angriff gut gespielt, aber man hat sofort gesehen - er stützte in der Abwehr häufig die Hände auf die Knie - dass er in der zweiten Halbzeit nicht weiter solch ein Tempo spielen kann.

HSV-Sportdirektor Christian Fitzek:
Diese WM hat nicht nur für Hamburg enorme Schubkraft gebracht. Aber speziell wir brauchen das, um in der Metropole zu bestehen. Ich bin mir sicher, dass die WM uns in allen Belangen nach vorne bringen kann.
THW-Geschäftsführer Uwe Schwenker:
Natürlich freuen wir uns über diese WM und die daraus entstandenen Möglichkeiten. Aber man hat heute gesehen, dass es halt nicht ganz einfach ist, innerhalb von fünf bis sechs Tagen den Hebel wieder umzustellen. Aber der Spielplan gibt eine längere Pause leider nicht her. Es war heute ein gerechtes Unentschieden, doch wirklich wichtig wird es für beide Teams erst am Dienstag bzw. Mittwoch, wenn es um die Qualifikation fürs Final Four geht.

[Zur Stimmung in der Halle:]
Der Kontrast zur WM-Partie zwischen Dänemark und Norwegen ist natürlich gigantisch. Ich hatte das Gefühl, das Publikum war ein bisschen müde. Natürlich hätte ich mir ein bisschen mehr Unterstützung gewünscht.

Pascal Hens gegenüber dem NDR:
Es war ein ausgeglichenes Spiel, am Ende war für uns noch was drin. Aber ich bin ganz zufriedem mit dem Punkt, am Ende war es gerecht so. In Kiel einen Punkt zu holen, da kann man schon zufrieden sein.

[Auf die Frage, ob er müde sei vom Feiern:]
So ein Titel beflügelt ja auch ein bisschen. Mal sehen, wo wir am Ende der Saison stehen.

[gegenüber den KN:]
Es gibt Tage, an denen klappt alles. So einen Tag habe ich heute wohl erwischt. Das Ergebnis war gerecht.

Nikola Karabatic gegenüber dem NDR:
Wir wussten schon vorher, dass Hamburg eine starke Mannschaft hat, die diese Saison bisher sehr gut gespielt hat. Wir haben einen Monat nicht zusammen gespielt. Wir haben zu viele Chancen vergeben und in der zweiten Halbzeit in der Abwehr nicht so gut gestanden. Das hat den Ausschlag gegeben.
Torsten Jansen gegenüber dem NDR:
In Kiel zu spielen ist immer schwer. Hinterher ist es vielleicht ärgerlich, dass wir nicht beide Punkte geholt haben, aber das Ergebnis ist schon gerecht.
Goran Stojanovic gegenüber den KN:
Kiel hätte heute auch verlieren können, aber das Unentschieden geht in Ordnung. Wir bleiben Dritter und lauschen aus dem Hinterhalt.

Lesen Sie auch Zwei Minuten: Die THW-Kolumne nach dem Spieltag mit Nikola Karabatic.

19. Spieltag: 10.02.07, Sa., 15.25: THW Kiel - HSV Hamburg: 33:33 (16:14)

Logo THW Kiel:
Omeyer (1.-35., 46.-60. Minute und ein Siebenmeter, 13 Paraden), M. Andersson (35.-46. Minute, 1 Parade); Linders (n.e.), K. Andersson (3), Lundström (7/3), Kavticnik, Lövgren (3), Ahlm (7), Szilagyi, Zeitz (4), Jeppesen, Karabatic (9/1), Klein; Trainer: Serdarusic
Logo HSV Hamburg:
Stojanovic (1.-46. Minute und ein Siebenmeter, 8/2 Paraden), Sandström (46.-60. Minute, 6/1 Paraden); Schröder (2), Jansen (6), Ursic, Flohr (n.e.), Souza (n.e.), Knorr (n.e.), Pungartnik (n.e.), B. Gille (4), G. Gille (5), Lijewski, Lavrov (n.e.), Hens (11), Yoon (5/3); Trainer: Schwalb
Schiedsrichter:
Lars Geipel / Marcus Helbig (Steuden / Raguhn)
Zeitstrafen:
THW: 2 (K. Andersson (38.), Jeppesen (58.));
HSV: 3 (Yoon (11.), Ursic (20.), B. Gille (43.))
Siebenmeter:
THW: 7/4 (Stojanovic hält Karabatic (7.) und Klein (16.); Sandström hält Lundström (54.), der aber den Nachwurf verwandelt);
HSV: 3/3
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2, 2:4 (10.), 3:4, 3:5, 4:5, 4:6 (11.), 8:6 (15.), 8:7, 9:7, 9:9 (20.), 11:9, 11:10, 12:10 (23.), 12:13 (26.), 13:13, 13:14 (27.), 16:14;
2. Hz.: 16:15, 17:15, 17:16, 18:16, 18:18 (34.), 19:18, 19:19, 20:19, 20:20, 21:20, 21:21 (38.), 22:21, 22:22, 23:22, 23:23, 24:23, 24:25 (45.), 25:25, 25:26, 27:26 (48.), 27:27, 28:27, 28:29 (51.), 29:29, 29:30, 31:30 (56.), 31:31, 32:31, 32:32, 33:32, 33:33.
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 12.02.2007:

Andächtig schweigend zum 33:33 im Gipfeltreffen

Nach dem WM-Rausch fehlte den Fans bei THW gegen den HSV ein "Feindbild"
Kiel - Es bleibt dabei, Handballmeister THW Kiel kehrt von großen Turnieren nur schwerfällig in den Bundesliga-Alltag zurück. Nach der EM 2006 kassierten die Zebras die überraschende 30:32-Niederlage in Minden. Am Sonnabend, beim 33:33 (16:14) im Gipfeltreffen gegen den HSV Hamburg, kamen sie immerhin mit einem blauen Auge davon. Sechs Tage nach dem WM-Finale verloren die Kieler aber ihre Tabellenführung an die SG Flensburg-Handewitt.

Eine sehr feierliche und getragene Atmosphäre breitete sich in der Ostseehalle aus, als die sechs WM-Helden, Henning Fritz, Dominik Klein, Christian Zeitz auf Kieler Seite und die HSV-er Pascal Hens, Torsten Jansen sowie Stefan Schröder mit einer Marzipantorte und einer roten Rose geehrt wurden. Kiels verletzt heimgekehrter Torhüter Henning Fritz genoss die in gewohnter Umgebung zuletzt seltener gewordenen Huldigungen ("Henning, Henning") besonders.

Als aber das Spiel angepfiffen wurde, kamen die THW-Fans immer noch nicht auf Touren. Kein Feuer, keine handballtypische Aggressivität: das Publikum wirkte gehemmt - es fehlte das "Feindbild". Sollte es denn Pascal Hens oder "Toto" Jansen, jene Spieler, denen man vor Wochenfrist noch zu Füßen gelegen hatte, plötzlich verdammen und auspfeifen? Die Fans entschieden sich für ein klares: "Nein, machen wir nicht". Eine Zurückhaltung, die auch die Hallenmoderatoren Carsten Prehn und Ralf Huber erspürten. "Sind die Kieler nur stille Genießer oder gar andächtige Schweiger?" fragten sie in der Halbzeitpause.

Die Hamburger griffen fest zu nach dieser ausgestreckten Hand, boten dem Gastgeber ein Spiel auf Augenhöhe und hatten sich den Punktgewinn, es war der zweite nach 2002 (28:28), vollauf verdient. "Das Unentschieden geht in Ordnung", erkannte THW-Trainer Noka Serdarusic neidlos an. "Meinen Jungs fehlte das Tempo, heute habe ich höchstens 70 bis 80 Prozent unserer gewohnten Power erlebt." Akzente setzten insbesondere die Gäste-Weltmeister. Pascal Hens schmetterte den Ball insgesamt elf Mal ins Kieler Netz, "Toto" Jansen sechs Mal. Dabei glänzte der HSV-Linksaußen wie schon in den WM-Tagen mit 100-prozentiger Trefferquote, außerdem wurde er in der Abwehr für die Kieler Linkshänder Christian Zeitz und Kim Andersson zum ständig nervenden Störenfried.

Die Zebras hätten trotzdem eine klarere Halbzeitführung mit in die Kabinen nehmen und eine Vorentscheidung vor dem Wechsel erzwingen können. Leichtfertig aber ließen sie eine Vielzahl von Chancen ungenutzt oder scheiterten an den immer noch erstaunlichen Reflexen des 41-jährigen Torwart-Dinos Goran Stojanovic. Ausnahme: Nikola Karabatic. Der Franzose hatte ständig den Vorwärtsgang eingelegt, traf in der ersten Halbzeit aus allen Lagen, musste dem WM-Stress aber nach der Pause Tribut zollen. Nasses "Schießpulver" hatte vor allem THW-Weltmeister Dominik Klein eingesteckt, nach seinem vierten Fehlversuch holte Serdarusic seinen Youngster vom Feld und ersetzte ihn durch Henrik Lundström. Der Schwede wurde zum Leistungsträger und steuerte sieben Tore zum Remis bei.

Spannend wurde es dann doch noch und auch ein wenig laut. Bei 32:31 landete Kiels Lars Krogh Jeppesen zweieinhalb Minuten vor der Schlusssirene auf der Strafbank. Zeitz brachte den THW nach Hens' Ausgleich in Unterzahl erneut in Führung, Kyung-Shin Yoon aber glich per Siebenmeter zum 33:33 aus. Jetzt wieder der THW. Serdarusic nahm bei 59:41 Minuten eine Auszeit und schickte Viktor Szilagyi erstmals nach neun Monaten Verletzungspause aufs Spielfeld. Zeitspiel war angezeigt, der Österreicher musste sofort werfen. Aber das Happyend blieb aus, der Ball landete im Fangnetz. Besser machte es der HSV auch nicht, die verbliebenen neun Sekunden liefen aus ins gerechte Unentschieden. Und die Ruhe war zurück.

(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 12.02.2007)


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