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20.04.2007 Mannschaft / Medien

"Handball-Magazin": Unglaubliches Potenzial

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Linkshänder Kim Andersson ist in Kiel mittlerweile zum unumstrittenen Führungsspieler gereift. Dabei steht der 24-jährige Schwede privat eigentlich nur ungern im Rampenlicht.
Am liebsten hätte der THW Kiel den jungen Kim Andersson schon 2003 in seinen Reihen gesehen. Doch der damals erst 20 Jahre alte Schwede entschied sich mit erstaunlich wirkender Abgeklärtheit für einen späteren Wechsel - und ließ sich den Zeitpunkt für seinen Dienstantritt an der Kieler Förde vertraglich offen. Mit Staffan Olsson hatte in jenem Jahr die zweite große schwedische Identifikationsfigur nach dem Weltjahrhundert-Handballer Magnus Wislander (2002) die Zebras verlassen. Der gerade zum besten Spieler der Junioren-Weltmeisterschaft gekürte Andersson wäre der ideale Nachfolger für den im Generationen-Umbruch befindlichen Top-Klub gewesen. Aber der altehrwürdige THW musste sich zwei Jahre lang gedulden.

Der damals als das größte Linkshändertalent in ganz Europa geltende Andersson zog es vor, sich zunächst daheim im beschaulichen Partille vor den Toren Göteborgs weiterzuentwickeln und sich in Ruhe auf das Abenteuer Bundesliga vorzubereiten. "Ich fühlte mich zu dem Zeitpunkt einfach noch nicht reif genug, um solch einen großen Schritt zu wagen", erinnert sich Andersson, dem lukrative Angebote aus ganz Europa vorlagen. Beim IK Sävehof konnte sich der wurfgewaltige Zwei-Meter-Riese weiterhin wohl behütet entwickeln und an der Seite seines Kumpels Jonas Larholm (inzwischen FC Barcelona) befreit aufspielen. Zwei schwedische Meisterschaften in den darauf folgenden Jahren bescherten Andersson nicht nur erste Champions-League-Erfahrungen, sondern stärkten zudem das Selbstbewusstsein - im Sommer 2005 war er bereit für Kiel.

In Kiel ist der Schwede für die leichten Tore zuständig
Seinen Traum, mit dem THW Titel zu gewinnen, erfüllte sich der zielstrebige Schwede bereits im ersten Pflichtspiel. Beim dramatischen 36:34-Sieg im Supercup ausgerechnet gegen den Erzrivalen SG Flensburg-Handewitt traf der Neuling gleich vier Mal. Knapp neun Monate später jubelte Andersson über den zweiten Coup im Premieren-Jahr: Deutscher Meister 2006 - so etwas wie eine kleine Erlösung. "In meinem ersten Jahr beim neuen Verein spielte ich unter einem enormen Druck. Inzwischen ist es jedoch lockerer geworden", sagt der heute 24-Jährige. Anfangs hatte er noch Probleme damit, sich in der neuen Mannschaft zurechtzufinden. Zu ungewohnt war für ihn die neue Aufgabe, für die leichten Tore aus dem Rückraum zu sorgen, zumal er sich selbst "in erster Linie gar nicht als Schütze" sah.

Den Spaß am Torewerfen fand er dennoch schnell und gewöhnte sich rasch an das Spielsystem in Kiel. "In der ersten Saison will man als Spieler immer beweisen, dass man zurecht eingekauft wurde", sagt Andersson. Dieser Last hat er sich aber inzwischen entledigt, ist zu einer festen Größe im Team herangereift und bildet mit Weltmeister Christian Zeitz eines der derzeit stärksten Gespanne für den rechten Rückraum. Den Anforderungen der vermeintlich besten Liga der Welt standzuhalten, bezeichnete der Halbrechte von Anfang an als eine große Herausforderung. "Die Prüfung Bundesliga hab ich heute für mich vielleicht schon bestanden", glaubt Andersson. "Denn in den etwas mehr als eineinhalb Jahren, die ich nun schon in Kiel spiele, habe ich eine Menge Erfahrungen gesammelt und mich weiterentwickelt - sportlich wie auch persönlich." Aber es ginge sicherlich noch mehr, schiebt Andersson beinahe verlegen hinterher. Denn eigentlich mag sich der abseits des Spielfeldes zurückhaltende Skandinavier nicht gern in den Mittelpunkt drängen. "Ich bin natürlich nicht als Nummer eins hierher gekommen und werde mich einreihen. Ich bin Teil der Mannschaft und will keine persönlichen Eitelkeiten pflegen. Wichtig ist, dass die Mannschaft Titel gewinnt", sagte Andersson schon bei seinem Dienstantritt bescheiden. Bis heute hat sich an seinem sympathischen Auftreten nichts geändert. "Ich höre lieber aufmerksam zu und bin eher ein ruhiger Typ", beschreibt der Wahl-Kieler seinen Charakter. "Doch mit der Zeit werde ich sicherlich auch in Kiel mehr Verantwortung im Team übernehmen."

Andersson ist der neue Leader im schwedischen Handball
Verantwortung, die dem Schweden jüngst auch in der Nationalmannschaft aufgetragen wurde. Beim World Cup Ende Oktober schlüpfte Andersson in die Kapitänsrolle. "Kim ist so etwas wie der neue Leader im schwedischen Handball", sagt Verbandstrainer Ingemar Linnell, der seinen neuen Spielführer einfach bestimmte. Laut Linnell ist der Linkshänder der jüngste Kapitän in der ruhmreichen schwedischen Handballgeschichte. Und so trägt Andersson die Binde mit dem C seitdem deutlich sichtbar und mit Stolz. "Kim ist jemand mit großer Zukunft: Er ist trotz seines jungen Alters schon sehr erfahren in der Nationalmannschaft und er hat noch viele Jahre vor sich", urteilt sein schwedischer Landsmann und Kieler Vereinskollege Marcus Ahlm zustimmend. "Kontinuität im Amt ist gut." Und auf Kontinuität setzt man auch auf der anderen Seite der Ostsee. Keine zwölf Monate nach Anderssons Antritt eines Drei-Jahres-Vertrages verlängerte der THW Kiel seine Zusammenarbeit mit dem Schweden frühzeitig bis zum Sommer 2010. "Kims Entwicklung im ersten Jahr war riesig", lobt Trainer Zvonimir Serdarusic. Trotzdem sei Andersson längst noch nicht dort angelangt, wo er ihn erwarte. "Sein Potenzial ist unglaublich", sagt Serdarusic. Andersson fühlt sich geschmeichelt. "Als der THW Kiel mit mir verlängern wollte, konnte ich nicht anders, als diese Chance wahrzunehmen", gesteht der gereifte Schwede. Sichtlich erleichtert registrierten Serdarusic und Manager Uwe Schwenker den Entschluss - denn solch einen Handballer lässt man am liebsten nicht wieder ziehen.

Das sagt Staffan Olsson: "Kim Andersson war schon vor seinem Wechsel nach Kiel ein Riesentalent. Doch ich finde, beim THW hat er sich noch einmal richtig gut und ganz deutlich weiterentwickelt - sowohl sportlich als auch menschlich. Dass er in Kiel viel seriöser geworden ist und nun mehr Verantwortung übernimmt, merkt man natürlich auch, ganz besonders auch abseits des Spielfeldes. Kim ist ein wirklich netter Typ, einfach ein guter Junge. Für sein Alter ist Kim erstaunlich weit - weiter, als ich es mit 24 Jahren war. Vielleicht war ich in der Abwehr und bei den Anspielen einen Tick besser, aber er wirft eindeutig viel fester als ich. Als Spielertypen haben wir aber wohl nicht so viele Ähnlichkeiten."
Staffan Olsson (43) spielte von 1996 bis 2003 für den THW Kiel, war unter anderem viermal Deutscher Meister. Der schwedische Linkshänder gewann zwei WM- und vier EM-Titel.

(Von Sascha Klahn, aus dem Handball-Magazin 04/2007)


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