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25.08.2007 Mannschaft

Zebra-Journal: Ein Charakter mit vielen Gesichtern

Börge Lund will in Kiel ein besserer Handballer werden

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 24.08.2007:

Börge Lund.
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Für einen, der aus Bodö stammt, aus der norwegischen Provinz Nordland, irgendwo dort, unter den wachen Augen der Mitternachtssonne nördlich des Polarkreises, für den ist der Weg nach Kiel weit. Die Schiffe der Hurtigruten legen an und legen ab, doch Deutschland ist Welten entfernt. Für den norwegischen Nationalspieler Börge Lund führte der Weg über Dänemark und Nordhorn an die Kieler Förde.
Dort unterschrieb der 28-Jährige einen Dreijahres-Ver-trag bei den Zebras des THW Kiel, der bereits in dieser Saison in Kraft tritt. "Körper und Kopf sind jetzt an einem Platz, und darum freue ich mich sehr auf Kiel", sagt Lund. Im Gespräch zieht der Rechtshänder, der im Wechsel mit Kapitän Stefan Lövgren in der Rückraum-Mitte die Fäden ziehen soll, eine Mauer, einen Schutzwall um sich. "Ich bin lieber im Hintergrund. Mit meinen Freunden in Norwegen ist das anders", sagt er. Der 28-jährige Neuzugang des THW Kiel mit dem exzentrischen Äußeren, der aus Nordhorn kam, ist ein Charakter mit vielen Gesichtern.

Zum Beispiel die Tattoos, die sich irgendwo unter dem schwarz-weißen Zwirn mit der Rückennummer drei, die er von Pelle Linders übernahm, verbergen: eine Sonne auf dem Rücken, ein Stern auf der Wade, ein Azteken-Krieger auf dem Bauch. Er will sie nicht zum Kult machen, auch nicht seinen rechten Arm, von Unterarm bis Schulter bedeckt mit Tattoo-Elementen, die in ihrer Gesamtheit eine Art Streifzug durch das Leben des jungen Vaters (Sohn Lukas ist zehn Monate alt) darstellen. Über viele Bilder, über die dunkle, die Kehrseite des Lebens, will Lund nichts in der Zeitung sehen. "Das ist privat", sagt er, gewährt unter vier Augen jedoch einen spannenden, einen zwischen den Zeilen wunderbar emotionalen Einblick. Ein Element ist das Symbol des Roskilde-Festivals in Dänemark. "Von 2000 bis 2004 war ich jedes Mal mit Freunden aus Norwegen dort." Der Rückraum-Regisseur sagt diese Worte nicht nur. Es ist, als offenbarte er einen prägenden Abschnitt seines Lebens. Musik sei das größte Hobby, auch wenn es mit dem Gitarre spielen ("Ich habe es zwei Wochen lang probiert") nicht ganz geklappt hat. "Die Bands, die ich mag, würden deinen ganzen Zettel füllen." Er lacht herzlich, offen. Die wichtigsten seien die schrägen Norweger von Turbonegro, die Smashing Pumpkins, Foo Fighters, Live oder Incubus. Harter Rock, befreiend, laut. Früher in Norwegen und in Dänemark, wo er zwischen 2002 und 2006 in Aalborg spielte, habe er viel Party gemacht. "Jetzt habe ich ein Kind, bin 28 Jahre alt. Und in der Bundesliga geht so etwas nicht."

In der Bundesliga versucht Börge Lund, seine Philosophie vom Handball zu finden. "In Dänemark musste ich immer nur für die Mannschaft arbeiten", sagt er nachdenklich. "Aber ein Mittelmann muss auch zum Tor ziehen, sonst ist es für den Gegner zu einfach." Kein Wunder, dass er von "schlechten Jahren" in Dänemark spricht und bescheiden hinzufügt: "Ich will einfach ein besserer Handballer werden. Ich will es in erster Linie mir beweisen." Freundin Tone Bjergard geht diesen Weg mit ihm gemeinsam. Die Maler waren schon da, die kleine Familie ist Anfang des Monats in das alte Haus von Henning Fritz in Kronshagen gezogen. "Wir haben uns gut eingelebt", sagt Lund. Die ersten Stunden in der Sprachschule für das Paar sind gebucht, ein Auto bestellt. Ein Audi Q7, weil es ein "tolles Familienauto" sei, so Lund. An Heiraten ("Der richtige Moment muss kommen") oder weitere Kinder ("Ein Kind macht auch schon viel Arbeit") denke er jedoch momentan nicht.

Lund fühle sich "sehr wohl" in der THW-Mannschaft. "Und das Team hinter der Mannschaft, alles drumherum, ist sehr professionell", sagt er. Erst als er das dunkle Bodö in der Nähe des Polarkreises vor fünf Jahren verließ, lernte er, die Natur zu lieben. "Ich bin kein Wanderer und Kletterer. Als ich aber in Dänemark war, realisierte ich, wie schön Norwegen ist, das Fjell, die frische Brise vom Meer." Und dann flimmert es in den Augen des blonden Norwegers, hinter dem Schutzwall des zurückhaltenden Handballers mit den vielen Gessichtern, die spannend sind und Fragen aufwerfen, die mehr sind als ein harter Wurf, ein gu tes Auge und das exzentrische Äußere.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 24.08.2007)


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