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05./06.09.2007 - Letzte Aktualisierung: 06.09.2007 Bundesliga

Klarer Sieg über Minden nach katastrophalem Start

Bundesliga, 5. Spieltag: 05.09.2007, Mi., 20.15: THW Kiel - GWD Minden: 32:18 (15:10)
Update #3 Spielbericht der KN, weitere Stimmen und Spielbericht ergänzt...

Dank einer starken Abwehrleistung hat der THW Kiel auch sein drittes Saisonspiel klar für sich entschieden. Nach einer katastrophalen Anfangsviertelstunde kassierten die Zebras im weiteren Verlauf gegen harmlose Mindener nur noch 10 Gegentreffer und siegten so standardgemäß mit 32:18 (15:10). Beste Torschützen am Mittwochabend in der Ostseehalle waren Nikola Karabatic, Henrik Lundström und Vid Kavticnik auf Kieler sowie Arne Niemeyer auf Mindener Seite mit je fünf Treffern.
Die Zuschauer trauten ob der ungewohnten Anfangsaufstellung zunächst ihren Augen nicht: Stefan Lövgren, Marcus Ahlm, Nikola Karabatic und die beiden deutschen Weltmeister nahmen auf der Bank Platz, dafür spielten mit Anic, Lund und Jicha alle drei Neuzugänge von Beginn an. Diese nicht eingespielte Formation zeigte dann vor allem im Angriffsspiel zunächst große Schwächen: Insbesondere der Rückraum erwischte einen rabenschwarzen Start, warf häufig am Tor vorbei oder fand im gut beginnenden Björn Buhrmester seinen Meister.

Die Abwehr des THW stand aber nach dem 0:1 durch Jonsson relativ sicher, lediglich Arne Niemeyer bekam die Deckung nicht in den Griff. Da aber hinter der Kieler 6:0 ein ebenfalls gut aufgelegter Mattias Andersson stand, fielen zunächst wenige Treffer in der Partie - nach 9 Minuten stand es lediglich 2:2.

Doch die Nervosität war längst bei den Zebras eingekehrt: Zweimal scheiterte nun Igor Anic freistehend an Buhrmester, auch Kim Andersson hatte noch nicht das nötige Zielwasser getrunken. Minden zeigte sich nun konsequenter und ging nach einem Siebenmetertreffer von Stephan Just, einem Doppelpack von Arne Niemeyer und einem erfolgreich verwandelten Nachwurf von Andreas Simon nach einer Andersson-Parade überraschend mit 6:2 in Führung. Auch nach Kavticniks Anschlusstreffer kam keine Ruhe ins Kieler Spiel, wodurch nun auch die Abwehr immer mehr bröckelte: Erneut Niemeyer und ein hübscher Heber Jonssons von Rechtsaußen bedeuteten gar das 8:3 für die um den Klassenerhalt kämpfenden Gäste. Nach 15 Spielminuten hatten Noka Serdarusic und das langsam unruhig werdende Publikum genug gesehen - der Kieler Trainer nahm seine Auszeit. Es war eine unglaublich stille Minute in der Ostseehalle, denn die neuen Statuten der TOYOTA HBL verbieten das Anheizen des Publikums durch Musikeinspielungen oder Durchsagen des Hallensprechers.

Doch nun brachte Serdarusic die Helden der letzten Saison: Die bloße Anwesenheit auf dem Spielfeld von Dominik Klein, Nikola Karabatic, Marcus Ahlm und Stefan Lövgren ließen einen Ruck durch die Mannschaft und die gesamte Ostseehalle gehen, das Publikum stand nun endlich wie ein achter Mann hinter seinem Team. Und schon lief es besser im Kieler Spiel: Begünstigt auch durch eine Zeitstrafe gegen Abwehrspezialist Jiri Hynek drehten die Gastgeber nun auf, zweimal Kavticnik, ein Treffer vom wild entschlossenen Karabatic und ein Tor von Dominik Klein per Gegenstoß nach schönem Anspiel von Mattias Andersson ließen den THW auf 7:8 herankommen. Stephan Just traf aus dem Rückraum noch zum 7:9, ehe erneut die drei Kieler "K"-Schützen die erste Führung für den Meister herstellten. Andreas Simon glich noch einmal aus zum 10:10, doch dann spielte endgültig nur noch der THW: Christian Zeitz traf postwendend mit einem Dreher zum 11:10, nach einem Steal und einem technischen Fehler Mindens rauschten Kapitän Stefan Lövgren und Dominik Klein zum 12:10 und 13:10 heran, ehe Karabatic mit einem weiteren 100 km/h-Geschoss das 14:10 markierte. Als dann Mattias Andersson mit einem weiteren punktgenauen Anspiel Dominik Klein bediente, der das 15:10 erzielte, waren die letzten Nörgler ob des schlechten Starts endgültig verstummt. Minden hingegen gelang nun gar nichts mehr, selbst ein Strafwurf von Just konnte in der Schlussminute des ersten Durchgangs von Thierry Omeyer pariert werden, welcher anschließend im Kieler Tor blieb.

Stefan Lövgren und Börge Lund hatten bereits nach 30 Minuten Feierabend, denn in der zweiten Halbzeit durfte Viktor Szilagyi auf der Spielmacherposition beginnen. Und der THW machte dort weiter, wo er im ersten Durchgang aufgehört hat: In der Abwehr fast unüberwindbar, im Angriff zumeist mit guter Chancenverwertung. So schraubten Ahlm und Karabatic das Ergebnis schnell auf 17:10. Nach einer umstrittenen Zeitstrafe gegen Nikola Karabatic hielt Minden ein letztes Mal gegen und dadurch den Rückstand zumindest bis zur 39. Minute (20:14) in Grenzen. Dann aber nahm der THW-Express wieder Fahrt auf: Thierry Omeyer ließ sich von den Würfen Niemeyers und Buschmanns nicht mehr überraschen und vorne setzte nun vor allem der immer wieder von Szilagyi oder Jicha glänzend freigespielte Linksaußen Henrik Lundström Akzente. Über 27:15 und 30:16 wurde GWD nun regelrecht vorgeführt und konnte von Glück sagen, dass die Kieler im Angriff sogar viele hundertprozentige Chancen vergaben: So scheiterte Marcus Ahlm mehrfach an Buhrmester, holte dafür aber auch eine Menge Strafwürfe heraus. Auch die Konsequenz bei Tempo-Gegenstößen ließ noch zu wünschen übrig.

Letztlich war aber doch ein Klassenunterschied zu erkennen, wodurch der THW seinen dritten klaren Saisonsieg einfuhr, die Tabellenführung verteidigte und vor allem einige Kräfte sparen konnte für die kommenden Aufgaben am Samstag gegen den SC Magdeburg und am Mittwoch bei den Rhein-Neckar Löwen.

(Sascha Krokowski)

Lesen Sie auch den ausführlichen Spielbericht der Kieler Nachrichten.

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Noka Serdarusic:
Ich habe immer gesagt, dass bei uns noch längst nicht alles funktioniert. Aber man glaubt mir nicht. In der ersten Viertelstunde haben heute alle Spieler auf den Positionen gespielt, wo sie hingehören. Jeder muss mit jedem in Zukunft zusammen spielen können, so etwas kann sich nicht nur im Training einspielen. Einige in der Halle mögen sich heute darüber geärgert haben, aber wichtig ist, dass sich alle meine Jungs schnell weiter entwickeln. Man hat gesehen: Die einzige Formation, die schon gut funktioniert, ist die mit den Spielern der letzten Saison. Nach den Auswechslungen haben wir das Ergebnis schnell in den Griff bekommen, aber heute sollte man nicht schon ans Torverhältnis denken. Ich nehme für die Fortentwicklung des Teams einiges in Kauf. Sicherlich hätte ich heute die Stamm-Sieben des letzten Jahres durchspielen lassen können, dann hätten wir vielleicht mit sechs oder sieben Toren mehr das Spiel gewonnen - aber meine Spieler hätten sich nicht einspielen können. Das Einspielen ist mir aber wichtiger, als ein höherer Sieg, den wir durchaus auch mit den Wechseln hätten einfahren können, wenn die Schiedsrichter ein wenig schneller auf passives Spiel der Mindener entschieden hätten.

[Zur fehlenden Musik während der Auszeit:]
Mich als Trainer hat die laute Musik nie gestört, die gehört einfach zum Handball dazu. Die Spieler und ich haben dann einfach die Köpfe enger zusammen gesteckt, sodass wir uns auch bei lauter Musik verstehen konnten.

GWD-Trainer Richard Ratka:
Eigentlich ist das Spiel heute normal verlaufen, sicherlich hat aber die erste Viertelstunde ein wenig überrascht. Wir haben da ein wenig Glück gehabt, unsere Chancen gesucht und konsequent gespielt. Geärgert habe ich mich, dass wir die Disziplin danach zu schnell aufgegeben haben. In der zweiten Halbzeit habe ich einige Leistungsträger für die kommenden, wichtigeren Aufgaben gegen Balingen und Essen geschont und ein wenig probiert. Mit diesen beiden Vereinen sind wir auf Augenhöhe, mit Kiel nicht. So gesehen haben wir uns heute ordentlich auf diese beiden Spiele vorbereiten können. Wir haben einen sehr eingeschränkten Kader, deshalb haben wir auch eingeschränkte Alternativen. Deshalb brauchen wir unbedingt Disziplin, um aus unseren beschränkten Möglichkeiten das beste heraus zu holen. Wenn das klappt, haben wir realistische Chancen auf den Klassenerhalt. Selbst wenn der nicht gelingen sollte, gehen bei GWD auch nicht die Lichter aus. Wir haben eine tolle Jugendarbeit, können aber die Etatsprünge in der Liga nicht mithalten. Ich habe sogar jedes Jahr weniger Spieler zur Verfügung, so dass ich mit minimalster Besetzung den Klassenerhalt sichern soll.
THW-Manager Uwe Schwenker:
Dass wir von allen Seiten so hoch gelobt worden sind, entspricht nicht ganz der Realität. Wir müssen uns noch finden, denn wir brauchen alle Spieler in dieser strapaziösen Saison. Dabei stehen wir noch am Anfang. Die richtigen Aufgaben kommen noch, wobei die nächsten drei Spiele schon richtungsweisend sein könnten. Magdeburg hat großes Potenzial, die Partie bei den Rhein-Neckar Löwen wird bestimmt eine ganz andere als das Supercup-Finale, das man beim Gedanken an die Bundesliga-Partie ganz aus den Köpfen streichen sollte. Und dann kommt auch schon das erste KO-Spiel der Saison, wobei das Positivste am DHB-Pokal-Kracher der Umstand ist, dass wir zu Hause spielen. Wir hoffen auf eine großartige Unterstützung durch unsere Fans, haben bisher 4.000 Tickets verkauft.

[Zur fehlenden Musik während der Auszeit:]
Der Handball hat sich in den letzten Jahren immer mehr zum Event entwickelt, da ist es ein Rückschritt, dass die TOYOTA Handball-Bundesliga die Musik während der Pausen verbietet.

THW-Torhüter Mattias Andersson gegenüber den KN:
Über die Phase bis zum 3:8 waren wir alle frustriert. Am Ende haben wir klar gewonnen und gesehen, wie wir spielen wollen. Ob dieses Spiel vor der Partie gegen Magdeburg gut oder schlecht war, wissen wir am Sonnabend.
GWD Spieler Stephan Just gegenüber den KN:
15 Minuten lang haben wir alles richtig gemacht. Dann haben wir 15 Minuten lang alles falsch gemacht und die Kieler zu ihrer Spezialität Tempospiel eingeladen. Das Gefühl, hier gewinnen zu können, hatte ich nie. Jicha, Lund, Lundström - alle Weltklasse. Und dann wechseln die Karabatic, Lövgren, Klein und Ahlm ein. Auf der Rückfahrt werden wir trotzdem ein wenig Trübsal blasen, weil 14 Tore Differenz doch sehr hoch ausgefallen ist.

Lesen Sie auch Zwei Minuten: Die THW-Kolumne nach dem Spieltag mit Filip Jicha.

5. Spieltag: 05.09.07, Mi., 20.15: THW Kiel - GWD Minden: 32:18 (15:10)

Logo THW Kiel:
Omeyer (30.-60. und ein Siebenmeter, 11/1 Paraden), M. Andersson (1.-30., 10 Paraden); Lund (1), K. Andersson, Lundström (5/1), Kavticnik (5/3), Anic, Lövgren (1), Ahlm (2), Szilagyi (1), Zeitz (4), Karabatic (5), Klein (4), Jicha (4/2); Trainer: Serdarusic
Logo GWD Minden:
Buhrmester (1.-60., 15/1 Paraden), Besirevic (bei einem Siebenmeter, keine Parade); Hynek, Auerswald (1), Niemeyer (5), Henriksson (1), Kunisch, Göller (n.e.), Buschmann, Simon (2), Just (4/1), Schäpsmeier (2), Jonsson (3/1), Cehajik; Trainer: Ratka
Schiedsrichter:
Christoph Immel (Tönisvorst) / Roland Klein (Ratingen)
Zeitstrafen:
THW: 1 (Karabatic (35.));
GWD: 2 (Hynek (16.), Auerswald (52.))
Siebenmeter:
THW: 7/6 (Buhrmester hält Lundström, aber Zeitz verwandelt den Nachwurf (57.));
GWD: 3/2 (Omeyer hält Just (30.))
Spielfilm:
1. Hz.: 0:1, 1:1, 1:2, 2:2 (8.), 2:6 (13.), 3:6, 3:8 (15.), 7:8 (20.), 7:9, 10:9 (24.), 10:10, 15:10;
2. Hz.: 17:10 (33.), 17:11, 18:11, 18:12, 19:12, 19:13 (36.), 20:13, 20:14, 22:14 (41.), 22:15, 27:15 (51.), 27:16, 30:16 (55.), 30:17, 32:17, 32:18.
Zuschauer:
10250 (ausverkauft) (Ostseehalle, Kiel)
Spielgraphik:
Spielgraphik

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 06.09.2007:

Kiels erster Anzug war eine Nummer zu groß

32:18-Sieg gegen GWD Minden - THW kam erst nach einer Viertelstunde in Fahrt
Kiel - Zweiter Heimsieg, 6:0 Punkte. Der THW Kiel bleibt nach dem 32:18 (15:10)-Erfolg gegen GWD Minden Spitzenreiter der Handball-Bundesliga. Gegen den harmlosen Gast erfüllten die "Zebras" gestern Abend ihre Pflicht, zeigten im Kürbereich vor dem Heimspiel gegen den SC Magdeburg am Sonnabend (15 Uhr) aber noch viel Potenzial nach oben.

Wer in der Ostseehalle die Hitze erleben durfte, die sich am 29. April 2007 im Champions-League-Finale gegen Flensburg entwickelt hatte, musste sich gestern lange verwundert die Augen reiben und den Nachbarn kneifen. 10 250 Zuschauer sorgten für einen Geräuschpegel, der selbst in einer Kirche nicht den Tatbestand von Ruhestörung erfüllt hätte. Ähnlich müde startete der THW in sein zweites Heimspiel, in dem Trainer Noka Serdarusic mit Filip Jicha, Börge Lund und Igor Anic drei seiner Neuzugänge in die erste Sieben gemischt hatte. Mit der Aggressivität von Messdienern schaute der Meister zu, wie die Ostwestfalen Handball aus der Steinzeit zelebrierten. Zäh wie Kaugummi und immer am Rande des Zeitspiels. Als Antwort auf die schnellen Beine der Kieler entdeckte das Team von Richard Ratka die Zeitlupe. Doch die Taktik ging zunächst auf. Mit 8:3 führte Minden in der 14. Minute, als ein verärgerter Serdarusic seine Schar zur Predigt bat. Wenn nicht gegen Minden, gegen wen sollte er sonst seinen Neuen die Chance zum Eingewöhnen geben? Minden. Zuletzt hatte der Gast hier im Jahr 1983 gewonnen. Zu einer Zeit, als der große Schwede Björn Borg seine Tenniskarriere beendete und Microsoft mit Windows 1.0 den Markt für Betriebssysteme revolutionierte. "Man hat gesehen, dass es nur eine Variante gibt, mit der es richtig funktioniert", meinte Serdarusic später. "Und zwar mit den Spielern, die schon im letzten Jahr bei mir waren."

Doch kaum hatte er sich mit Jicha, Lund und Anic auf die Bank gesetzt, war klar, dass dieser Abend keine historischen Dimensionen annehmen würde. Der 57-Jährige wechselte zum Entsetzen seines Kollegen Ratka zeitgleich Stefan Lövgren, Nikola Karabatic, Marcus Ahlm und Dominik Klein ein. Damit war das Team komplett, das zuletzt Pokale wie Briefmarken gesammelt hatte.

Die Abwehr bekam den harmlosen GWD-Rückraum endlich in den Griff, am Kreis ließ Ahlm die Gegner an seinem mächtigen Körper abperlen und der gute Mattias Andersson im Kieler Tor fütterte die Kollegen mit herrlichen Pässen. Bis zur Pause war die Partie entschieden, Lövgren & Co. konnten auf eine Erfolgsbilanz von 12:2 Toren verweisen. Zahlen, die das wahre Kräfteverhältnis zweier ungleicher Gegner widerspiegelte.

Nach der Pause bot sich das gleiche Bild. Für Lövgren übernahm mit Viktor Szilagyi nun der dritte Mittelmann das Zepter, später schlüpfte Karabatic als Nummer vier in dieser Rolle. So sieht Luxus aus. Spaß hatte in den Reihen der Gäste zu diesem Zeitpunkt nur noch Georg Auerswald. Der 19-Jährige stammt aus der GWD-Jugend, spielte in der vergangenen Saison noch in der Regionalliga und durfte sich nun gegen die Weltklasse ausprobieren. Als Auerswald zum 16:27 (52.) traf, rannte er mit breitem Grinsen und Siegerfaust durch die Halle. So sieht inzwischen Glück für THW-Gegner in der Ostseehalle aus..

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.09.2007)


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