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29.11.2007 Mannschaft

Kieler Nachrichten: Siebenmeter: Einfach Kopf abschalten?

"Ex-Zebra" Johan Petersson gibt dem THW Tipps

Aus den Kieler Nachrichten vom 29.11.2007:

Kiel - Der THW Kiel ist das Maß aller Dinge im internationalen Handball. Wieder einmal. Das Team von Noka Serdarusic steht im Viertelfinale um den DHB-Pokal, erreichte mit sechs Siegen die Hauptrunde der Champions League und schaut auch in der Bundesliga auf die Konkurrenz herab. Menschliche Schwächen offenbaren die "Zebras" in diesen Tagen nur, wenn sie Siebenmeter werfen müssen.
Am Dienstag verwandelten die Kieler beim Pokalsieg gegen den Zweitligisten ASV Hamm zwar alle fünf Siebenmeter. Doch in den sechs Pflichtspielen zuvor verwertete der THW von 25 Strafwürfen nur elf, eine erschütternde Quote von 44 Prozent. "Mich beunruhigt diese Bilanz weniger als die Presse", sagt Serdarusic, der stets erst im Spielgeschehen über die Reihenfolge seiner Schützen entscheidet. "Im Training werfen alle die Bälle locker rein, doch auf dem Platz treten sie derzeit auf, als hätten sie zwei Finger in der Steckdose." Ein Pfiff, ein Torwart, ein Schütze, ein Ball - in Situationen wie diesen, so Serdarusic, würden Momente entstehen, die nicht trainierbar seien. "Die Jungs müssen am Punkt einfach ruhiger werden. Aber bisher ist es auch nur einmal richtig ins Auge gegangen." Gemeint ist die Derby-Niederlage gegen Hamburg (30:31), bei der die Kieler sechs von neun Strafwürfen versiebten.

"Einigen von uns fehlt derzeit in solchen Situationen das nötige Selbstbewusstsein", meint Stefan Lövgren, der zuletzt ebenfalls Nerven zeigte und sich nach dem Champions-League-Heimspiel gegen Constanta gar in Galgenhumor flüchtete. "Heute war ich mit meiner Quote zufrieden." Kein Wunder, spielte der Kapitän doch nur zehn Minuten und die drei Strafwürfe verwarfen Kollegen wie Nikola Karabatic, der in der vergangenen Saison mit 78 Prozent (71 von 91) noch einer der zuverlässigsten Schützen der Liga war. Der Franzose scheiterte in dieser Spielzeit bei sieben von zwölf Versuchen (42 Prozent) und wirkte zuletzt so ratlos, dass der Mann des harten Wurfes es gar mit Drehern versuchte. Beim jüngsten Heimsieg gegen Berlin wurde die Verantwortung an Viktor Szilagyi abgetreten. "Wir haben im Training alle geworfen und am Ende war ich übrig", sagt der Österreicher, der traf, aber auch die nervöse Kulisse spürte. "Wir wissen, dass das unsere Schwäche ist. Aber wenn bei jedem Siebenmeter ein Raunen durch die Halle geht, hilft das auch nicht unbedingt."

Mit Vid Kavticnik (15/25) und Filip Jicha muss der Rekordmeister verletzungsbedingt auf zwei stabile Schützen verzichten. Jicha hatte bei seinem Ex-Klub TBV Lemgo eine gute Quote von 76 Prozent (41/54) und wurde von Interimstrainer Volker Zerbe als Nummer eins an der Siebenmeterlinie benannt. "Das hat mir Selbstvertrauen gegeben", sagt Jicha, der den Ball immer dann an Markus Baur überreichte, wenn ihn seine Form am Erfolg zweifeln ließ.

"In Kiel haben wir viele exzellente Schützen", weiß Jicha. "Im Moment hat aber jeder im Hinterkopf, dass er verwerfen und damit der Mannschaft schaden könnte." Aber irgendwann, da ist sich der Tscheche sicher, werde der Bann auch wieder brechen. Fraglich ist, ob das schon am Sonnabend im Spitzenspiel in Nordhorn passieren wird, steht hier mit Peter Gentzel doch ein ausgewiesener "Siebenmeterkiller" im Tor. Einer, der weiß, wo der 39-jährige Schwede Schwächen hat, ist "Ex-Zebra" Johan Petersson, der heute als Spielertrainer des schwedischen Zweitligisten Hallby IF tätig ist und noch immer das aktuelle Geschehen in Kiel verfolgt. Bei seinem letzten Gastspiel in Nordhorn im März 2005 münzte der ehemalige THW-Rechtsaußen beim 34:33-Sieg acht von neun Strafwürfen in Tore um. "Bei Gentzel darf man nie oben schießen", rät Petersson, der bei seinen Nachfolgern in Kiel die Trickwürfe vermisst. "Immer unten werfen oder auf beiden Seiten an der Hüfte vorbei. Da macht er die Lücke ein bisschen spät zu. Dreher sind gegen ihn auch geeignet." Ausnahme Karabatic. "Er ist kein Dreher-Mann", sagt Petersson und hat noch einen Tipp für seine alten Kumpels parat: "Kopf abschalten."

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 29.11.2007)


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