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25.05.2008 DHB-Pokal

Zebra-Journal: Bunter Hitchcock-Krimi mit Rekord-Happy-End

Der THW gewinnt in Hamburg zum fünften Mal den DHB-Pokal

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 23.05.2008:

Titelverteidigung Teil eins, Rekord-Taumel: In einem außergewöhnlich bunten und ebenso spektakulären Final Four in Hamburg jubelt am Ende erneut der THW Kiel und gewinnt zum fünften Mal den DHB-Pokal. Das Finale gegen den HSV (32:29) entwickelt sich dabei zum echten Krimi mit allen Facetten.
Die Fans hüllen die Color Line Arena in schillernde Farben. Herausragend die Performance der Fans der Rhein-Neckar-Löwen als "Gallier" mit auf die Hörner gespießten "Zebras" oder die Nordhorner, die ihren Spielern mit überdimensionalen Portraits huldigen. Auf dem Feld jubeln jedoch andere. Zum Beispiel der THW, der die Löwen in einem rasanten Halbfinale auf Distanz hält. Achtmal trifft Nikola Karabatic, entscheidet das Duell gegen seinen ehemaligen Kollegen Henning Fritz im Tor klar für sich. Auch Linksaußen Dominik Klein (8) hat einen fabelhaften Tag erwischt. "Wir haben gegen die Besten gespielt und zu viele Fehler gemacht", erkennt Löwen-Manager Thorsten Storm später an (siehe Spielbericht).

Im zweiten Halbfinale unterliegt die HSG Nordhorn dem HSV knapp mit 32:34. Zu einem Spiel um Platz drei wird es am zweiten Tag nicht kommen. Die Rhein-Neckar-Löwen verzichten und ziehen sich so den Unmut vieler Fans und des Veranstalters zu. Nach dem Anpfiff des Finales ist das längst vergessen. Was für ein Spiel! Das Match bleibt lange Zeit auf des Messers Schneide. Zur Pause liegen die "Zebras" mit 17:18 zurück. In der 43. Minute - Kiel führt mit 24:21 - kassiert Marcus Ahlm seine dritte Zeitstrafe, muss das Feld verlassen. Coach Noka Serdarusic tobt an der Seitenlinie ob dieser Fehlentscheidung der Unparteiischen, zetert fuchsteufelswild wie selten, wird ebenfalls mit "Zwei Minuten" verwarnt. Unterzahl? An diesem Tag kein Problem für den Titelverteidiger. Igor Anic und Börge Lund vertreten Ahlm am Kreis. Lund ersetzt über weite Strecken auch Kim Andersson im rechten Rückraum und avanciert in der Schlussphase zum nervenstarken Matchwinner.

"Wir haben hier als Mannschaft gewonnen." Dieser Satz von Marcus Ahlm trifft in diesen Momenten des Spiels genau ins Schwarz-Weiße. Anic trifft zum 30:25 (54.). Die Vorentscheidung! Da reichen auch ein feuriger Kyung-Shin Yoon (10 Tore) und ein sich am Ende gegen die Niederlage stemmender Hans Lindberg nicht aus, der vier seiner fünf Treffer in den letzten zehn Minuten erzielt. Beim 30:28 (57.) für den THW scheint es, als spüre Börge Lund die Restchance einer Niederlage, die die in Blau gewandeten HSV-Fans herbeischreien. Der Norweger fasst sich ein Herz, katapultiert den Ball zum 31:28 (58.) und in Unterzahl zum 32:29 (59.) ins Netz hinter dem Hamburger Nationalkeeper Johannes Bitter ("Wir haben unsere Chancen nicht genutzt").

Begonnen hatte der zuweilen steinige Weg ins Final Four ausgerechnet mit dem vermeintlich stärksten Gegner. In der zweiten Runde gab der Ligakonkurrent SC Magdeburg seine Visitenkarte in der Ostseehalle ab und erlebte ein wahres 27:44-Waterloo. Zwischen dem 14:12 (18.) und 27:17 (38.) zündeten die "Zebras" den Turbo und erfreuten sich im Laufe des Spiels an wunderschönen Aktionen von Viktor Szilagyi, Dominik Klein, Christian Zeitz und Co., die die Zuschauer mit ihrer Spielfreude zum Staunen brachten. Magdeburgs Sportdirektor Stefan Kretzschmar staunte gar nicht, sondern zeigte sich im Anschluss der Partie eher konsterniert: "Bei uns bekommen alle pünktlich ihr Geld und dürfen nicht 'rumheulen, wenn im Umfeld etwas nicht stimmt. Wer sich doch beeinflussen lässt, soll in die Waschküche gehen."

Das Kapitel Magdeburg war folglich für den THW schnell abgehakt, fortan sollte der Lostopf bis zum Halbfinale nur noch Zweitligisten ausspucken. In Runde drei wartete in Krefeld Süd-Zweitligist TV Korschenbroich mit dem Ex-Kieler Olaf Mast auf der Trainerbank. Beim 41:26 gab sich der Deutsche Meister keine Blöße. Vid Kavticnik (10 Tore), Stefan Lövgren (7) und Börge Lund (6) agierten besonders treffsicher. Das Achtelfinale bescherte dem THW ein Heimspiel. Doch Manager Uwe Schwenker willigte in einen besonderen Deal ein, und Zweitligist ASV Hamm kaufte dem Handball-"Dino" das Heimrecht für 20.000 Euro ab. In Münster entwickelte sich dann das laut Noka Serdarusic "schlechteste Spiel meiner Mannschaft in den letzten zwei Jahren". "Nicht einer kann mit seiner Leistung zufrieden sein. Und da ist es auch keine Entschuldigung, dass wir jetzt drei Spiele in sechs Tagen hatten", zürnte der Trainer nach einer zähen Darbietung seines Ensembles, in dem Kreisläufer Marcus Ahlm neun Tore bejubeln durfte (siehe Spielbericht).

Das Losglück blieb dem Titelverteidiger dennoch treu, und neben einem weiteren Zweitligisten (TSG Friesenheim) bedeutete die letzte Hürde auf dem Weg nach Hamburg im Viertelfinale auch ein Wiedersehen mit dem ehemaligen THW-Spieler Nico Kibat. "Wir hätten den THW lieber beim Final Four getroffen", sagte Kibat im Vorwege, enttäuscht über die Auslosung. Auf dem Parkett präsentierte sich Kibat als unermüdlicher Motor der Ludwigshafener "Eulen", konnte die 26:37-Niederlage jedoch nicht verhindern. Kiel war immer einen Tick schneller, ausgereifter, dynamischer - und hatte mit Marcus Ahlm einen Spieler, der am Kreis eine fulminante "One Man Show" ins Hallenrund zauberte. Zehnmal traf Ahlm, 23-mal parierte Mattias Andersson im Kieler Tor, 120.000 Euro als garantierte "Belohnung" für den Einzug ins Halbfinale waren auf der Habenseite sicher (siehe Spielbericht).

Beim Final Four musste der THW dann auf Filip Jicha (Bänderriss) verzichten - und verteidigte seinen Titel dennoch in beeindruckender Manier. Und das sogar trotz des "Siebenmeter-Fluchs" der die Kieler in dieser Spielzeit heimsuchte. Im Halbfinale scheiterten Lövgren und Karabatic von der Linie an Henning Fritz. Im Finale traf Karabatic den Pfosten, Vid Kavticnik fand zweimal in "Jogi" Bitter seinen Meister. Egal! Die "Zebras" durften doch wieder den Pokal in die Höhe stellen, Nikola Karabatic wurde mit 17 Treffern bester Schütze des Turniers, Thierry Omeyer wurde als bester Torhüter ausgezeichnet. Sie hatten den ersten Titel sicher und tanzten auf zwei weiteren Hochzeiten. Anschließend feierten die Pokal-Rekordhalter im Kieler Restaurant Tonis meisterlich. Börge Lund zelebrierte seinen ersten Titel überhaupt ("Wir wollten kämpfen ohne Ende, aber am Ende gewinnt immer die Mannschaft"), das Duo Karabatic/Kavticnik etablierte den "Table Dance" in einer riesigen Sektfontäne und Kapitän Lövgren offenbarte ungeahnte Talente als Pizzabäcker. Meisterlich: auf und neben dem Handballfeld.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 23.05.2008)


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