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19.08.2008 Olympia 2008

Kieler Nachrichten: "Das ist eine Charakterfrage"

Aus den Kieler Nachrichten vom 19.08.2008:

Peking - Johannes Bitter lehnt an seinem Torpfosten, nicht sitzend, wie Oliver Kahn nach dem verlorenen WM-Finale 2002 gegen Brasilien, stehend, aber die innere Haltung dürfte ähnlich sein. Das Ende eines Turniers ist gekommen. Der Hamburger hat zwar den Ex-Kieler Henning Fritz als Nummer eins abgelöst, doch das interessiert den 25-Jährigen in diesem Moment ebenso wenig wie seine Vorrunden-Bilanz.
In fünf Spielen flogen 170 Bälle auf Bitters Kasten, 70 konnte er abwehren. Mit einer Quote von 41 Prozent führt er damit die Turnierstatistik vor dem Franzosen Thierry Omeyer vom THW Kiel und dem Ägypter Mohamed Nakib (je 40 Prozent) an. Doch, Bitter ist ausgeschieden, das ist alles, was zählt.

Mit Augen, die verraten, dass Tränen mühsam getrocknet worden sind, kehrt der 2,04 m große Torwart sein Inneres nach außen. "Ich bin total leer", stöhnt er und blickt aus luftiger Höhe auf die Umstehenden herab. Doch aus der Leere fördert er dann inhaltsschwere Anschuldigungen zu Tage. "Wir hatten gegen Dänemark unsere Chancen, aber wir haben es zuvor versäumt, gegen Russland den Sack zuzumachen. Das ist eine Charakterfrage. Es lag auch ein bisschen an der Einstellung", klagt Bitter, ohne Namen nennen zu wollen.

Im April ist er Vater geworden, zwölf Wochen war er wegen Olympia von Frau und Kind getrennt und jetzt das. Deshalb denkt er an seine Familie und die Angehörigen seiner Kollegen und spricht das letzte Mal Klartext: "Es tut mir leid für die Menschen Zuhause, die drei Monate dafür geopfert haben, dass wir hier so eine Scheiße abgeliefert haben."

(Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 19.08.2008)


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