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10.09.2008 Interview

Zebra-Interview mit Andreas Palicka: "Ich lebe meinen Traum"

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Andreas Palicka: "Wir fühlen uns wirklich wohl in Kiel"
Klicken Sie für weitere Infos! Andreas Palicka: "Wir fühlen uns wirklich wohl in Kiel"

Seit zehn Wochen steht Andreas Miroslav Palicka im Tor des THW Kiel. Grund genug, sich mit dem jungen Schweden ein bisschen intensiver auseinanderzusetzen. Im ZEBRA-Interview spricht Palicka über seine erste Zeit in Kiel und zeigt sich von einer sehr privaten Seite.
Auf der offiziellen Pressekonferenz beschrieb man den 22-jährigen Andreas Palicka als "manchmal doch ein wenig verrückt", da er seinen Gegenspieler schon einmal fast aus der Halle gejagt habe, als dieser einen Ball direkt über seinen Kopf zog. In Kiel erlebt man derzeit jedoch einen ruhigen, ausgeglichenen und vor allem zufriedenen Keeper, der mit seiner Freundin Sandra Meissner versucht, sich an die neue Heimat zu gewöhnen.
Zebra:
Fast zwei Monate lang sind Sie jetzt in Kiel. Ihr erstes Fazit?
Andreas Palicka:
Am Ende der langen Trainingsphase war mein Körper kaputt, und ich habe deutlich den Unterschied zwischen Deutschland und Schweden gespürt. Bei meinem vorherigen Verein haben wir entweder nur Kraft-, Ausdauer- oder Taktikeinheiten gemacht; in Kiel haben wir jeden Tag einen guten Mix aus allem. Das war besonders in der ersten Zeit, in der ich mit Umzug, Haus und anderen organisatorischen Dingen eine Menge um die Ohren hatte, eine große Umstellung. Inzwischen fällt mir alles viel leichter, da ich mich wirklich nur noch auf den Handball konzentrieren kann.
Zebra:
Unterschrieben haben Sie, als Noka Serdarusic noch Trainer war. Vorgefunden haben Sie dann Alfred Gislason. Hat Sie diese Tatsache in irgendeiner Weise beeinflusst?
Andreas Palicka:
Das kann ich überhaupt nicht beurteilen. Ich habe nie unter Noka trainieren können. Zugeben muss ich aber, dass ich wegen des harten und bekannten Trainings von Noka Serdarusic nach Kiel gekommen bin. Inzwischen habe ich aber schon gemerkt, dass Alfreds Training ebenso anspruchsvoll und anstrengend ist und ich auch so schon eine Menge dazu gelernt habe.
Zebra:
Weil Thierry Omeyer an den olympischen Spielen teilnahm, waren Sie in der Vorbereitung der einzige Torwart beim THW Kiel...
Andreas Palicka:
Ja, ich glaube, dass das schon ein gewisser Vorteil für mich war - und auch für "Titi": Ich habe viele Einsatzzeiten bekommen und habe meine Abwehr kennengelernt. Wenn ich nun in der Saison 20 Prozent der Spiele im Tor stehen und ihn entlasten kann, bin ich schon zufrieden. Außerdem konnte ich mich so voll ins Team integrieren. Langsam fällt der Druck, den man als Neuzugang beim THW Kiel hat, von meinen Schultern.
Zebra:
Ist Thierry Omeyer ein Konkurrent oder ein Kollege?
Andreas Palicka:
Thierry Omeyer hat einen großen Namen. Ich sehe ihn eher als meinen Trainer und Mentor und nicht unbedingt als meinen Konkurrenten. Nichtsdestotrotz habe ich auch eigene Ziele und will ehrgeizig an ihnen arbeiten.
Zebra:
Wann haben Sie eigentlich das erste Mal einen Ball in der Hand gehabt?
Andreas Palicka:
Ich glaube ich war ungefähr acht Jahre alt. Anfangs habe ich noch nicht mal im Tor gestanden. Früher war ich eben auf fast jeder Position zu Hause. Am Ende jedoch war ich einfach der bessere Torwart. Alle anderen hatten irgendwie Angst vor dem Ball (lacht), also bin ich im Tor stehen geblieben.
Zebra:
Nun sind Sie hier in Kiel in der "großen" Handballwelt. Wie schwer ist so ein Neuanfang?
Andreas Palicka:
Meine Freundin Sandra und ich sind gut aufgenommen worden in Kiel, und wir genießen die ersten Momente hier in der Stadt. Eigentlich haben wir uns auch lange genug auf diese neue Situation vorbereiten können. Doch dann wirklich hier zu sein und fast kein Wort Deutsch sprechen zu können ... das ist schwerer, als ich es vermutet habe. Und genau deshalb will ich auch so schnell wie möglich Deutsch lernen.
Zebra:
Das klingt ja fast ängstlich...
Andreas Palicka:
Das ist vielleicht das falsche Wort. Wir fühlen uns ja wirklich wohl hier. Ich habe höchstens Angst, Deutsch zu sprechen. Ich traue mich einfach nicht. Ein paar deutsche Wörter kenne ich ja, doch ist meine Grammatik schlecht, und ich möchte mich nicht lächerlich machen.
Zebra:
Ist es nicht eigentlich üblich, dass man in Schweden auch Deutsch in der Schule lernt?
Andreas Palicka:
Richtig, ich hätte in der Schule Deutsch lernen können. Ich habe mich aber damals für Spanisch als Wahlfach entschieden. Damals war es mein Traum, eines Tages in Spanien bei einem Spitzenklub Handball zu spielen.
Zebra:
Spanien?
Andreas Palicka:
Ach, was soll ich in Spanien, wenn ich beim THW Kiel unter Vertrag stehe? Spanien ist wahrlich nicht mehr mein Traum - mein Traum ist schon längst in Erfüllung gegangen. Ich lebe ihn hier in Kiel. Was will man denn mehr, als hier zu spielen? Man hört natürlich viel von den Spitzenteams wie Ciudad & Co. Doch dort gibt's keine große Handballbegeisterung in der Bevölkerung. In Kiel ist es immer ein Abenteuer, in die ausverkaufte Halle zu laufen und zu spielen. Die Tatsache, dass wir nach einem Training tausende Autogrammkarten mit nach Hause bekommen und sie binnen einer Woche alle unterschrieben haben sollen, damit sie bald verschickt und verteilt werden können, ist doch der Wahnsinn. Wo gibt es so etwas noch?!
Zebra:
Da nimmt man doch die Eingewöhnungsprobleme in Kauf, oder?
Andreas Palicka:
So groß der Unterschied zwischen unserer Heimat Schweden und Deutschland nicht. Göteborg und Kiel ähneln sich in gewisser Art und Weise, und das macht uns das Eingewöhnen doch sehr leicht. Wirklich überrascht haben mich bis jetzt nur unsere Nachbarn. Sie kamen zu uns rüber, haben Kaffee und Kekse mitgebracht und sich bei uns vorgestellt, so etwas sind wir aus Schweden nun nicht unbedingt gewohnt.
Zebra:
Sie selbst haben ja auch kaum Zeit, um über ihre neue Heimat nachzudenken. Für Ihre Lebensgefährtin Sandra ist dies vielleicht etwas anderes...
Andreas Palicka:
Für sie war es ein ebenso großer Schritt, nach Deutschland zu gehen, wie für mich. Sie wollte mit mir zusammen sein und mir folgen, so ist sie gerne mit nach Kiel gezogen. Gemeinsam starten wir nun von vorne. Doch sicherlich fehlen ihr ihre Freundinnen, mit denen sie einfach drauflos reden kann. Vor unserem Umzug hat Sandra sich einen Hund gewünscht, um nicht so viel allein zu sein. Deshalb haben wir nun ein acht Monate altes neues Familienmitglied daheim.
Zebra:
Ihr eigensinniger Modestil fällt auf. Wie beschreiben Sie diesen?
Andreas Palicka:
Das ist lustig. In Deutschland haben mich schon mehrere nach meinem Kleidungsstil gefragt, obwohl ich ihn selbst als nichts Besonderes ansehe. In Schweden laufen alle so rum, nur hier in Deutschland fällt man damit auf. Göteborg wurde zu einer der stylischsten Städte gewählt. Vielleicht trage ich deshalb andere Klamotten?
Zebra:
Gibt es denn einen typischen schwedischen Stil?
Andreas Palicka:
Ich sehe meinen Stil nicht als typisch schwedisch an. In meinen Augen ist er ganz normal. Ich trage Musikband-T-Shirts, mal Baggys, mal eine engere Jeans - eben das, was angesagt ist.
Zebra:
Sind Sie denn eitel?
Andreas Palicka:
Ich bin realistisch (lacht)! Ich bin weder Brad Pitt noch Gollum, also mache ich jeden Tag das Beste daraus. Spaß beiseite: Klar achte ich auf mein Aussehen und style meine Haare oder schaue, ob alles gut aussieht. Doch fürs Training zum Beispiel muss ich mich nicht schick machen, und ich kann auch durchaus vor die Haustür treten, ohne meine Haare gemacht zu haben.
Zebra:
Was haben Sie "vor der Haustür" schon von Kiel gesehen?
Andreas Palicka:
Wir haben noch nicht so viel entdecken können. Einmal waren wir am Strand in Strande und sind auch in der Innenstadt ein bisschen bummeln gewesen. Von Laboe haben wir allerdings schon gehört und werden uns bald sicherlich auch dort mal die Gegend ansehen.
Zebra:
Wie gestalten Sie sonst Ihre Freizeit?
Andreas Palicka:
Neben dem Handball ist es mir wichtig, einfach mal nicht an den Sport denken zu müssen. Da helfen Gespräche mit Freunden, oder man trifft sich auf ein Bierchen, schaut Fernsehen, spielt Playstation oder X-Box. Und nebenbei bin ich auch noch ein großer Fan der Fußballer des FC Barcelona und schaue mir deren Spiele gern im Fernsehen an.
(Das Gespräch führte Annika Stöllger, aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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