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14.10.2008 Bundesliga

Zebra: Ulrich Strombach

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Der Präsident des Deutschen Handball Bundes gilt als mächtigster Funktionär seines Sports in Deutschland. Gleichzeitig ist Ulrich Strombach aber auch einer der umstrittensten Vertreter des Handballs.
Deutschlands mächtigster Handball-Funktionär ist zugleich Deutschlands umstrittenster. Seit dem 7. Oktober 1998 steht Ulrich Strombach dem Deutschen Handballbund (DHB) als Präsident vor - zunächst kommissarisch, einen Monat später bestätigt durch den Bundestag des DHB. Zweifelsohne erreichte der gebürtige Gummersbacher in diesem Jahrzehnt seine damals selbst auferlegten drei Ziele: den finanziell angeschlagenen Verband zu konsolidieren, die Nationalmannschaften in die Weltspitze zurückzuführen und die Mitgliederstruktur zu verbessern. Doch es waren nicht nur positive Schlagzeilen, die der 64 Jahre alte Jurist schrieb. Für Aufsehen sorgten insbesondere seine mitunter eigenmächtig anmutenden Vorstöße.

Beispielsweise im Jahr 2000, als der zu dem Zeitpunkt mit 2,2 Millionen Mark (rund 1,1 Millionen Euro) verschuldete VfL Gummersbach, dessen Vorsitzender Strombach von 1977 bis 1993 war, überraschenderweise doch noch die Lizenz für die 1. Bundesliga zugesprochen bekam - obwohl Heinz Jacobsen, Vorsitzender des Ligaausschusses, die Lizenz in der ersten Instanz noch verweigert hatte, da "nach wie vor erhebliche wirtschaftliche Bedenken bestehen".

Oder im Jahr 2002, als Strombach den russischen Handballverband zu einem Rückzug aus dem Rennen um die Vergabe der Weltmeisterschaft 2005 überredete - und im Gegenzug 50.000 Dollar Entschädigung zur Übernahme der bis dato entstandenen Kosten versprach. Das eigentlich prekäre an der Situation: Die WM ging überraschenderweise an Tunesien, und der damals noch klamme deutsche Verband überwies zunächst nur 10.000 Dollar gen Osten, während die Internationale Handball-Föderation (IHF) den Restbetrag vorstreckte. Dieser wurde dann später im Zuge der Weltmeisterschaft 2007 verrechnet, die dann doch noch zwei Jahre später als ursprünglich erhofft in Deutschland ausgetragen wurde.

Als letztere Geschichte wenige Tage vor dem jüngsten DHB-Bundestag am 3. Oktober noch einmal hochkochte, beteuerte Strombach abermals "es hat zu keinem Zeitpunkt den Versuch gegeben, die Vergabe der Weltmeisterschaft 2005 zu beeinflussen". Allen Vorwürfen zum Trotz wurde der 64 Jahre alte Jurist in seinem Amt von den Delegierten für weitere drei Jahre bestätigt. Zwar erhielt er von 111 Stimmen nur 95 - fünf Wahlberechtigte waren gegen ihn, elf enthielten sich -, doch das focht den Präsidenten nicht an. "Das ist eine überzeugende Wiederwahl", befand Strombach, für den es im Übrigen keinen Gegenkandidaten gab. "Ich bin kein weicher Schmusegänger, kann kantig und stur sein. Und außerdem bin ich Steinbock." Strombach reagierte auf die Kritik an seinem Führungsstil nur kurz und meinte, er werde sich "nicht mehr vom Saulus zum Paulus ändern". Er sei aber lernfähig, was Kommunikation betrifft.

Gelegenheit zu letzterem dürfte es auch in Zukunft genug geben. Als Mitglied des "International Council of Arbitration for Sport" (ICAS), welchem er seit 1994 angehört, und als Präsident des Schiedsgerichts der IHF (seit 1996) bekleidet Strombach auch internationale Ämter. "Es wäre reizvoll, an Aufgaben wie die Neustrukturierung des internationalen Handballs sowie der Straffung des internationalen Spielkalenders mitzuarbeiten", sagt Strombach, schränkt aber sogleich ein: "Aber nicht mehr mit 64." Seinen Aufgabenschwerpunkt sieht der Freund von Bundestrainer Heiner Brand und IHF-Präsident Dr. Hassan Moustafa auch zukünftig in Deutschland. "Im DHB habe ich ein mich voll ausfüllendes, wunderbares Amt, dazu ein recht ordentliches Verhältnis zu den Vertretern der Ligen. Es ist noch so manches zu tun - und ich bin noch nicht fertig."

Was ihm noch vorschwebe? "Der Verband ist zwar finanziell saniert, aber noch nicht so weit, wie ich mir das vorstelle. Fachverbänden muss es möglich sein, im gleichen Umfang steuerfreie Rücklagen zu bilden, wie es dem DOSB erlaubt ist. Da müssen wir in der Politik tätig werden, denn man kann nicht immer um die schwarze Null herum lavieren, die ja auch immer gleichzeitig eine rote Null ist. Auf Dauer werden wir wohl professionelle Führungsstrukturen im DHB einführen müssen", bekennt Strombach im aktuellen Handballmagazin.

Wie lange er selbst auf seinem Posten bleiben möchte, lässt der Präsident offen. "Ich mache diese Arbeit aus Freude, und tue das auch so lange, wie es mir Freude bereitet", bekräftigt Strombach. "Und es darf jeder damit rechnen, dass ich mich sehr schnell einer anderen Sache widmen kann, wenn die Freude wegbleibt." Noch aber fühle er sich noch nicht verbraucht. "Ich bin jetzt 64 und abgesehen von etwas zu hohem Blutdruck relativ gesund. In 40 Jahren Beruf war ich nur zwei Mal krank. Das ist vielleicht ein Typfrage wie man mit Stress und Ärger umgeht. Ich komme mit beidem gut klar. Ich habe eine gesunde wirtschaftliche Basis und eine Familie, auf die ich mich verlassen kann."

Ulrich Strombach ist verheiratet mit Ingrid, mit der er drei gemeinsame Söhne und eine Enkeltochter hat. Gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Thorsten betreibt er eine eigene Rechtsanwaltskanzlei. Doch das ist nur der Beruf. Die Berufung ist der Handball. Und da bleibt er der mächtigste Mann Deutschlands.

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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