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27./28.08.2010 - Letzte Aktualisierung: 28.08.2010 Bundesliga

THW startet am Sonntag mit Heimspiel gegen Friesenheim in die Saison

Update #2 KN-Vorberichte ergänzt ...

Das Team der TSG Friesenheim.
Klicken Sie für weitere Infos! Das Team der TSG Friesenheim.
Die Vorbereitung ist endgültig vorbei: 49 Tage nach dem Saisonauftakt beim "Angolfen" in Hohwacht und sogar 88 Tage nach dem letzten Liga-Heimspiel beginnt für den THW Kiel am Sonntag ein weiteres Mal das Unternehmen "Titelverteidigung" in der TOYOTA Handball-Bundesliga. Zum Auftakt empfangen die "Zebras" gleich den badischen Aufsteiger TSG Ludwigshafen-Friesenheim in der Sparkassen-Arena-Kiel. Der Anwurf erfolgt um 15.00 Uhr, Sport1 überträgt das Spiel live und kostenpflichtig im Internet.
Trainer Thomas König glaubt an den Klassenerhalt.
Trainer Thomas König glaubt an den Klassenerhalt.
Mit dem jüngsten Kader aller Erstligisten wagt die TSG Ludwigshafen-Friesenheim das Abenteuer TOYOTA Handball-Bundesliga. Trainer Thomas König setzt konsequent auf deutsche Nachwuchstalente und will mit den Ludwigshafenern für Überraschungen sorgen.

Ein knappes Jahr lag zwischen dem bisher schwärzesten und dem schönsten Tag in der jüngeren Vereinsgeschichte der Handballer der Turn- und Sportgemeinde Friesenheim: Am 15. Mai dieses Jahres kannte der Jubel beim heutigen Gegner keine Grenzen mehr, mit einem 32:20-Sieg beim TuSpo Obernburg sicherten sich "Die Eulen", deren Spitznamen auf das Wappentier des Ludwigshafener Stadtteils Friesenheim zurück geht, einen Spieltag vor dem Saisonende den Aufstieg in die Beletage des europäischen Handballs. Ein Jahr zuvor hatte Jacek Bezdikowski mit einem direkt verwandelten Freiwurf nach der Schlusssirene die Friesenheimer in ein tiefes Tal der Depression gestürzt - statt der TSG schaffte damals Hannover-Burgdorf durch diesen Last-Minute-Relegations-Erfolg den Aufstieg in die TOYOTA Handball-Bundesliga. "Das hat jeden von uns in ein tiefes Loch gestürzt", berichtet TSG-Trainer Thomas König. Selbst in der Vorbereitung auf die darauf folgende Zweitliga-Saison habe dieser eine Gegentreffer nicht aus den Köpfen der Spieler und Verantwortlichen verbannt werden können.

Rückraumspieler Gunnar Dietrich sammelte bereits mit TuSEM Essen Bundesliga-Erfahrung.
Rückraumspieler Gunnar Dietrich sammelte bereits mit TuSEM Essen Bundesliga-Erfahrung.
Doch die TSG Ludwigshafen-Friesenheim kam zurück - und wie: Souverän marschierten die Pfälzer mit ihrem jungen Kader durch die 2. Liga Süd, mit offensiv ausgerichtetem Angriffshandball erholten sich die TSG-Akteure von dem Trauma des Vorjahres. Ein neuer Spitzname wurde geboren: Wegen ihrer jugendlichen Unbekümmertheit und des Trainers wurden die Spieler der TSG fortan auch gerne als "Königskinder" bezeichnet. "Dass wir den 'Sekundentod' so gut wegstecken - damit konnte man nicht rechnen", sagt Geschäftsführer Werner Fischer heute. "Der Aufstieg war eine Überraschung, weil wir vor der Saison wichtige Leute verloren hatten", erklärt auch Trainer Thomas König. Der 46-Jährige wird auch in der TOYOTA HBL das Konzept des Erfolges mit jungen, hungrigen, deutschen Spielern fortsetzen: "Wir wollen uns mit ehrgeizigen Nachwuchsspielern aus der Region weiterentwickeln und keine finanziellen Risiken eingehen", kündigte er an. "Wenn jeder Spieler einen Schritt nach vorn macht, dann sehe ich eine sehr große Chance auf den Klassenerhalt", so König. Gleichwohl sei er realistisch genug zu erkennen, dass der TSG Ludwigshafen-Friesenheim eine "sehr schwere Saison" bevorstehe. Ähnlich äußert sich auch Werner Fischer: "Falls wir gleich wieder absteigen sollten, sind wir in der eingleisigen 2. Liga dabei", nahm der Geschäftsführer gleich nach dem Aufstieg den Erfolgsdruck aus dem süddeutschen Kessel. Das Ziel sei aber natürlich trotzdem der Klassenerhalt: "Vielleicht wird die Mannschaft lernen müssen, wie es sich anfühlt, 26 Spiele zu verlieren."

Linkshänder Gabor Ancsin ist einer von nur drei Ausländern im Team.
Linkshänder Gabor Ancsin ist einer von nur drei Ausländern im Team.
Doch natürlich liebäugelt man bei den Ludwigshafenern mit der einen oder anderen Überraschung - wie in der Vorsaison. Diese Hoffnungen werden vor allem durch die Kontinuität im Kader genährt. "Unsere Stärke ist, dass wir eingespielt sind", so König. Bis auf Daniel Reber, Jugend-Europameister Niklas Ruß, der womöglich in der Rückrunde von den Rhein-Neckar-Löwen zurückkehrt, falls deren Kapitän Gudjon Valur Sigurdsson bis dahin wieder einsatzfähig ist, und Thomas Zellmer kann der Coach auf die Aufstiegsmannschaft zurückgreifen. "Zellmer ist der einzige Spieler aus der Aufstiegsmannschaft, der keinen Vertrag von uns angeboten bekommen hat", unterstreicht König die Beständigkeit im TSG-Kader. Auch Linksaußen Philipp Grimm, 200-facher Torschütze in der vergangenen Saison, und Rückraumspieler Benjamin Matschke blieben dem Verein treu. Die jungen Leistungsträger Gabor Ancsin und Alexander Becker, in der vergangenen Saison mit einem Zweitspielrecht für die TSG ausgestattet, dürfen weiterhin für die Friesenheimer an den Start gehen - eine Kooperation mit den Rhein-Neckar Löwen macht dies möglich. "Gemeinsam mit den Rhein-Neckar Löwen wollen wir gute Jugendspieler in der Region halten und ihnen bei uns die nötige Spielpraxis geben", erklärt König das Ziel der Zusammenarbeit - und daran habe sich auch durch den Aufstieg der TSG nichts geändert: Die Löwen liehen den Torhüter Maximilian Bender zum Verein in der Nachbarschaft aus.

Keeper Maximilian Bender wurde von den Rhein-Neckar Löwen ausgeliehen - via Zweitspielrecht war er aber auch schon beim Aufstieg dabei.
Keeper Maximilian Bender wurde von den Rhein-Neckar Löwen ausgeliehen - via Zweitspielrecht war er aber auch schon beim Aufstieg dabei.
Trotzdem mussten die Friesenheimer auch noch auf dem Transfermarkt tätig werden: Aus Bittenfeld kam Rechtsaußen Marco Hauk. Nach einer Operation an der Schulter des linken Wurfarms wird der litauische Nationalspieler Mindaugas Veta - übrigens neben Ancsin der einzige Vollprofi im Kader - der TSG in der gesamten Vorrunde fehlen. "Ich rechne mit ihm frühestens wieder im Februar 2011", sagte Trainer Thomas König. Und auch Nils Brandt wird nach einer Operation am Ellenbogen seiner Wurfhand dem Aufsteiger langfristig fehlen. Deshalb reagierten die Verantwortlichen mit der Verpflichtung von Stefan Bonnkirch. Der 28-jährige Linkshänder markierte in der vergangenen Saison beim Zweitligisten HSG Handball Frankfurt/RheinMain in 34 Spielen 125 Tore. Viel verspricht man sich in Ludwigshafen von Andrej Kogut. Der 22-jährige Spielmacher kam von Absteiger Düsseldorf zur TSG. "Er passt in unser Profil", hatte König nach der Bekanntgabe des Wechsels erklärt. "Ich hatte jemanden gesucht, der das Heft in die Hand nehmen kann, wenn es nicht läuft." Kogut besteche trotz seiner jungen Jahre mit seinen Anspielen an den Kreis und sein gutes Auge. "Außerdem hat er einen exzellenten Schlagwurf", zählte König weiter positive Attribute des Neuzugangs auf. Kein Wunder, dass Kogut in der Vorsaison mit 99 Toren zu den besten Schützen der HSG Düsseldorf gehört hatte und bei der Junioren-Weltmeisterschaft zum besten Mittelmann des Turniers gewählt wurde. "Ich bin überrascht über seine Entwicklungsschritte", lobte auch Junioren-Bundestrainer Martin Heuberger den gebürtigen Russen. Dieser hatte sich mit Bedacht gegen ein Engagement bei den Großen der TOYOTA Handball-Bundesliga entschieden. "Ich habe mir eine Mannschaft ausgesucht, in der ich wirklich gebraucht werde." Schließlich sei es noch schöner, gegen die Großen Tore zu werfen anstatt nur mit ihnen trainieren zu dürfen. "Ich glaube, dass wir den Klassenerhalt schaffen können. Die Mannschaft ist ausbaufähig, eine Mannschaft mit Durchschnittsalter 30 Jahre ist schon über dem Zenit." Eine Einstellung, die gut ankommt. Manager Günther Gleich bleibt realistisch: "Das Ziel ist der Ligaverbleib. Das wird schwer genug werden. Aber es gibt ja einen zweiten Aufsteiger, und dann müssen wir schauen, dass wir noch zwei der schwächeren Mannschaften in der Liga hinter uns lassen." Der Aufstieg in die TOYOTA Handball-Bundesliga sei "Wahnsinn", so das 68-jährige Urgestein der TSG Ludwigshafen-Friesenheim. Mit zehn Jahren hatte Gleich begonnen, bei der TSG Handball zu spielen. "Als wir in der Kreisklasse angefangen hatten und auf einmal in der Regionalliga spielten, dachten wir: Okay, da ist ein Traum in Erfüllung gegangen." Dieser Traum war da aber noch längst nicht zu Ende. Er führte die Friesenheimer direkt in die Sparkassen-Arena. Gegen eine Überraschung hätte Kevin Klier nichts einzuwenden. Der 26-Jährige Torhüter orakelte mit Blick auf das Bundesliga-Debüt seines Teams heute an der Förde vielsagend: "Dormagen hat dort als Aufsteiger mal einen Punkt geholt."

Spielmacher Andrej Kogut spielte in der vergangenen Saison mit der HSG Düsseldorf in der Bundesliga.
Spielmacher Andrej Kogut spielte in der vergangenen Saison mit der HSG Düsseldorf in der Bundesliga.
Wenn auch nicht in der Bundesliga, so trafen der THW Kiel und die TSG Friesenheim in den vergangenen Jahren doch schon zweimal aufeinander: Sowohl in der Saison 2004/05 (40:25) als auch in der Spielzeit 2007/08 (37:26) war der THW für die Pfälzer im DHB-Pokal Endstation (siehe auch Gegnerdaten TSG Friesenheim). Fand die erste Partie noch in Altenholz statt, so durfte die TSG im Dezember 2007 erstmals die Sparkassen-Arena kennenlernen - die allerdings damals nur zu einem Drittel gefüllt war. Am Sonntag hingegen wird das "Wohnzimmer" des THW Kiel zum Saisonauftakt mit 10.250 Zuschauern ausverkauft sein, geht es dann doch um die ersten Punkte auf dem Weg zum erhofften 17. Meistertitel. Alfred Gislason muss zum Auftakt nicht nur auf die beiden langzeitverletzten Rückraumspieler Kim Andersson und Daniel Narcisse verzichten - auch Rechtsaußen Christian Sprenger wird nach seiner Sprunggelenksverletzung aller Voraussicht nach noch nicht wieder ins Spielgeschehen eingreifen können.

Die Schiedsrichter am Sonntag sind Nils Blümel und Jörg Loppaschewski.

(Christian Robohm / Sascha Krokowski)

Dieser Vorbericht wird wie gewohnt ständig aktualisiert...

Lesen Sie bitte auch den Vorbericht der Kieler Nachrichten vom 27. August, den Vorbericht der Kieler Nachrichten vom 28. August sowie die Mannschaftsvorstellung aus dem "Zebra-Journal".

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 27.08.2010

Eulen im Tiefflug durch die Liga?

Aufsteiger TSG Friesenheim ist am Sonntag Premierengast beim THW
Kiel. Die Eule ist ein Nachtjäger, bei Tageslicht findet sie sich nur schwer zurecht. In das Logo der TSG Ludwigshafen-Friesenheim muss das Wappentier des Bundesliga-Aufsteigers daher bei greller Sonne geflogen sein. Aufgeregt wirkt der weiße Vogel auf dieser Grafik, orientierungslos. Unfreiwillig symbolisiert das Tier damit die Chancen des Bundesliga-Neulings für die kommende Saison. Stefan Kretzschmar, TV-Experte von Sport1, bemerkte bei seinem Bundesliga-Check für das heute unserer Zeitung beiliegende Zebra-Journal, "dass die noch nicht einmal den Klassenerhalt als Saisonziel ausgegeben haben."

Und ihre Premiere in der Ersten Liga feiert die Mannschaft von Trainer Thomas König (46) ausgerechnet beim Branchen-Primus und Rekordmeister THW Kiel. Anwurf in der Sparkassen-Arena ist am Sonntag um 15 Uhr. Restkarten werden seit gestern verkauft. Auch für die Partien gegen Lemgo (12. Sept.) und Balingen (15. Sept.) sind noch Tickets zu haben.

Nicht nur "Kretzsche" hat die Eulen als Abstiegskandidat Nummer eins auf seinem Zettel, vielmehr gilt der Titelträger der Zweiten Liga Süd nahezu allen Fachleuten als größter Außenseiter in der jüngeren Bundesliga-Historie. "Abstieg wäre kein Beinbruch", sagte Thomas König dem "Mannheimer Morgen" und pflichtet den miserablen "Umfragewerten" seiner Trainermitstreiter bei. "Es wäre schlimm, wenn meine Kollegen das nicht so sehen würden, wären sie zu einer anderen Einschätzung gekommen, hätten sie keine Ahnung."

Dennoch wedelt König nicht mit der weißen Fahne. Er selbst sei vom Klassenerhalt überzeugt, verkündet der Trainer der Pfälzer trotzig. Tatsächlich zieht der Neuling sogar mit einigen Rekordmarken ins Abenteuer Bundesliga. 17 (!) deutsche Spieler stehen im TVG-Kader: Bundesligaspitze. Mit einem Altersdurchschnitt von 22 Jahren setzt Friesenheim zudem auf den jüngsten Kader überhaupt. Allerdings steht in der Rubrik Nationalmannschaftseinsätze eine blanke Null, Bundesligaerfahrung weisen insgesamt nur acht Spieler auf. Neuzugang Andrej Kogut von der HSG Düsseldorf ist mit 47 Einsätzen Spitzenreiter dieser Wertung.

Und Vollprofitum bleibt auch nach dem Aufstieg ein unerfüllter Traum der einstigen Rhein-Neckar-Löwen-"Filiale". Nur mühevoll überspringt der Saisonetat die Eine-Million-Euro-Hürde. Vom Handball leben lediglich das ungarische Talent Gabor Ancsin und der Litauer Mindaugas Veta. Alle anderen Spieler gehen einer geregelten Arbeit nach, sind Schüler oder Studenten. Immerhin will Neuzugang Stefan Bonnkirch Meister werden - Industriemeister der Elektrotechnik. Darauf wollte sich der Linkshänder konzentrieren, als er noch bei der HSG Frankfurt Rhein-Main Tore warf. "Dann aber kam das Angebot, bei Friesenheim Erstligahandball spielen zu dürfen, und da konnte ich nicht widerstehen." Die Schule muss warten.

Jung, arm, unerfahren. Nur die riesengroße Euphorie, bei den Großen mitmischen zu wollen, brennt in den Herzen der Handball-Amateure. Vermutlich wird die Bundesliga ein Lehrjahr. Der Klassenerhalt ist für die TSG Ludwigshafen-Friesenheim in etwa so realistisch wie eine erfolgreiche Mausjagd einer Eule bei hellem Tageslicht.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 27.08.2010)

 

Aus den Kieler Nachrichten vom 28.08.2010

Alfred Gislason: "Die Experimente sind beendet"

THW Kiel startet gegen TSG Ludwigshafen-Friesenheim in die 34. Bundesliga-Saison
Kiel. Die Zeit des Testens und der Spekulationen ist vorüber, morgen (15 Uhr) öffnet das Kieler Handball-Erlebniszentrum, die Sparkassen-Arena, seine Pforten für die 34. Saison der Bundesliga. Rekordmeister THW startet seine neue Titeljagd gegen Aufsteiger TSG Ludwigshafen-Friesenheim, der als krasser Außenseiter an die Förde reist.

88 Tage haben die "Zebra"-Fans seit dem letzten Heimspiel gegen Balingen mit Entzug gerungen, jetzt kehrt die "Droge" Handball in ihren Tempel zurück. "Alle freuen sich, dass es in der Liga wieder losgeht", sagt auch Trainer Alfred Gislason. "Die Experimente in der Vorbereitungszeit sind beendet."

Zwölf Testspiele absolvierte der THW seit dem Angolfen in Hohwacht. Zwölf Siege sprangen heraus. Dabei überzeugten die Kieler vor allem gegen Montpellier, Zagreb oder Lemgo - Teams auf vermeintlicher Augenhöhe. Die einzige Niederlage gab's im 13. Spiel beim Supercup (26:27) gegen Titelmitkonkurrent HSV Hamburg. Ein Warnschuss zur rechten Zeit?

Gewonnen hätte seine Mannschaft natürlich gerne, betont Gislason. Ansonsten hat er die Partie in München abgehakt. Immerhin bestätigte das Ergebnis aber seine eigene Einschätzung für die Favoritenstellung. 17 von 18 Bundesligatrainern heben den THW für die Meisterschaftsentscheidung 2011 auf den Schild. Gislason sagt: "Wir sind nicht mehr Favorit als Hamburg."

Während Kiels Neuzugänge Milutin Dragicevic und Daniel Kubes ihre Punktspiel-Premiere vor ihrem künftigen Heimpublikum feiern, starten Daniel Narcisse (Kreuzbandriss), Kim Andersson (Knieoperation) und Christian Sprenger als Zuschauer in die Spielzeit. Sprenger könnte schon am kommenden Wochenende in Dormagen in den Kader zurückkehren, dagegen müssen sich Narcisse (bis Februar 2011) und Andersson (voraussichtlich Oktober, November) lange gedulden. "Das Team wird die Ausfälle für einen gewissen Zeitraum kompensieren,", erläutert Gislason, "aber die Belastung für die einzelnen Spieler wird noch höher werden."

Verletzungspech beklagen auch die Pfälzer. Trainer Thomas König muss auf Veta, Brandt, Hauk und Kojut verzichten. "Das hat uns auch in der Vorbereitung behindert", erklärt der TSG-Coach, "es gibt noch viel Nachholbedarf." Ängstlich reisen die "Eulen" aus dem Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim nicht an. Respekt sei vorhanden, "aber wir haben beim besten Club der Welt nichts zu verlieren, können nur lernen. Egal, wie hoch wir verlieren", sagt Thomas König.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 28.08.2010)

 

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010

Eulen überlebten Sekundentod

Aufstieg im zweiten Anlauf: Friesenheim fehlte in der vergangenen Saison ein Tor
Wenn Torwart Kevin Klier, Spielmacher Benjamin Matschke & Co. am 29. August in die Kieler Arena einlaufen, für ihr Erstliga-Debüt in Reih und Glied Aufstellung nehmen und ihre Augen auf die pickepacke vollen Ränge richten, dann werden sie sich ganz fest in den Arm kneifen, ob das denn wirklich alles wahr sein kann. Die Turn- und Sportgemeinde 1881 Friesenheim e.V. in einer Liga mit dem Gewinner der Champions League - für viele noch immer unbegreiflich.

15 Jahre spielte Friesenheim in der 2. Liga Süd und steht in deren Ewiger Tabelle mit weitem Vorsprung an der Spitze. Die TSG war der Inbegriff der Zweitklassigkeit - bis zum Aufstieg im Mai. Kreisläufer Evgeni Pevnov offenbart die ganze Aufregung, die den 5000-Einwohner-Stadtteil Ludwigshafens erfasst hat. "Dass wir mit dieser Mannschaft aufgestiegen sind, ist einfach nur krass." Im Jahr zuvor scheiterte Friesenheim in der Relegation gegen Hannover-Burgdorf durch ein Tor in letzter Sekunde. "Dass wir den Sekundentod so gut wegstecken - damit konnte niemand rechnen", sagt Geschäftsführer Werner Fischer.

Die Friesenheimer halten als Königskinder Einzug an den Hof der 1. Liga. So heißen sie in Anlehnung an ihren Trainer Thomas König, der sie wie kein Zweiter geprägt und ihnen einen herzerfrischenden Angriffshandball beigebracht hat. Der Einfluss des 46-Jährigen ist auch deswegen groß, weil sich das Ende der Entwicklung der blutjungen Spieler noch in weiter Ferne befindet und sie so wissbegierig sind. Ihr Durchschnittsalter betrug in der Aufstiegssaison 23 Jahre.

Pevnov ist einer der jungen Wilden. Fast zwei Meter groß, mehr als hundert Kilogramm schwer - diese beeindruckenden Maße kommen nicht nur seiner persönlichen Torstatistik zugute, sondern auch dem Kollektiv. Die Mitspieler stoßen in die Räume, die der 21-Jährige mit seinen klug gestellten Sperren aufreißt. Und verwandeln die Siebenmeter, die er in schöner Regelmäßigkeit herausholt.

Pevnov ist in Usbekistan geboren, russischer Staatsbürger und in Deutschland aufgewachsen. Sein Vater Wladimir ist Generalmanager des russischen Handball-Verbandes, für den Pevnov bereits sein Debüt gab. Auch bei der EM in Österreich stand er im Kader, blieb jedoch ohne Einsatz. Seinem Stolz tut das keinen Abbruch. Pevnov sagt: "Mit 20 Jahren als Jüngster der Mannschaft bei einer EM dabei zu sein - wie viele können das von sich behaupten?" In seiner Brust schlagen zwei Herzen. "Wenn ich in Deutschland bin, dann fühle ich mich als Russe. Und wenn ich in Russland bin, fühle ich mich als Deutscher."

Gabor Ancsin, Maximilian Bender (beide Jahrgang 1990), Alexander Becker und Christian Dissinger (beide 1991) - die Liste der jungen Spieler lässt sich fortsetzen. Der Ungar Ancsin ist neben Mindaugas Veta, der nach einer Schulteroperation bis Februar ausfällt, einer von nur zwei Profis in Reihen der Pfälzer. Und er steht beispielhaft für die Kooperation, die die TSG mit den Rhein-Neckar Löwen pflegt. Friesenheim und Mannheim, wo Ancsin genauso wie Becker unter Vertrag steht, liegen nur wenige Kilometer voneinander entfernt. "Mit den Rhein-Neckar Löwen wollen wir gute Jugendspieler in der Region halten und ihnen die nötige Spielpraxis geben", erklärt König.

Die Nachbarschaftshilfe funktioniert so gut, dass Jugendnationalspieler Niklas Ruß nach seinem Ausbildungsjahr in Friesenheim nun nach Mannheim zurückgekehrt ist, wo er den verletzten Gudjon Valur Sigurdsson ersetzen soll. Nicht nur ein großes Talent wie Ruß, sondern auch die TSG entwickelt sich durch die Zusammenarbeit mit den Löwen weiter - so weit sogar, dass sie jetzt auf einer Stufe mit den Mannheimern steht. Stimmt nicht, meint König, "die spielen oben mit und wir gegen den Abstieg". Doch sind nach dem Aufstieg aus Nachbarn Konkurrenten geworden, und es wird interessant sein zu beobachten, ob sie ihre guten Umgangsformen beibehalten.

Friesenheim hat sich mit dem Konzept, zu einem großen Teil auf junge deutsche Spieler zu setzen, viele Sympathien erworben. Die Fans identifizieren sich mit dem Jugend-forscht-Kurs ihres Vereins, dem noch vor drei Jahren der Ruf anhaftete, eine leidenschaftslose Profitruppe unter Vertrag zu haben. Die Ära, als etwa Nico Kibat, Frantisek Sulc und Michele Skatar den Verein prägten und die hohen Erwartungen nicht erfüllen konnten, ist passe - und damit auch die maue Stimmung in der 2250 Zuschauer fassenden Eberthalle, die lange Zeit als Friedhofshalle verspottet wurde. Die TSG hat Anfang August ihren Dauerkartenverkauf gestoppt, insgesamt wurden tausend Tickets abgesetzt.

Den Friesenheimern steht eine aufregende Saison bevor, die sie ziemlich sicher von Beginn an in die niederen Gefilde der Tabelle führt. Nachdem die Mannschaft in der 2. Liga 26 Spiele gewann, "wird sie nun vielleicht lernen müssen, wie es sich anfühlt, 26 Spiele zu verlieren", sagt Fischer, der geschätzt über einen Etat von einer Million Euro verfügen kann. Bei den Transfers blieb der Geschäftsführer dementsprechend zurückhaltend. Rechtsaußen Marco Hauk kömmt aus Bittenfeld, und für die Position Rückraum Mitte wurde Andrej Kogut (HSG Düsseldorf) verpflichtet. König schätzt den 22-Jährigen für seinen "exzellenten Schlagwurf".

Dass man nicht nur Beute für die scheinbar übermächtige Konkurrenz sein will, sondern auch selbst auf die Jagd geht - davon zeugt die Eule im Wappen des Stadtteils Friesenheim. "Ein dynamisches Raubtier", wie der zweite Keeper Stephan Pfeiffer findet, der mit Mitspielern und Fans diesen Namen trägt: die Eulen. "Wir werden alles für den Ligaverbleib tun", sagt Pfeiffer, "es geht darum, den Horst zu verteidigen."

(aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010)

 


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  • Internet:
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  • Internet:
    Eine Übersicht über verschiedene Live-Ticker finden Sie auf unserer Live-Ticker-Seite.


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