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02.09.2010 Mannschaft

Zebra-Journal: Aus der Antike entliehen

Die Neuzugänge beim THW Kiel, Teil 1: Milutin Dragicevic unterschrieb bis 2014

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010:

Milutin Dragicevic.
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Waldlauf im Trainingslager in Lingen. Betreuer Michael Menzel reibt sich beim Blick auf die Beine von Milutin Dragicevic die Augen. "Unfassbar, diese Muskulatur", flüstert er. Dabei streift sein Blick zum Vergleich über die eigenen Unterschenkel. Menzel schüttelt ungläubig seinen Kopf. Kiels Neuzugang hat nicht nur stramme Waden, sondern ist durch und durch Athlet. Milutin Dragicevic sieht aus, als hätte er sich direkt von den Olympischen Spielen der Antike in die Neuzeit gebeamt.
So ist es kein Wunder, dass der 27-jährige serbische Nationalspieler von seinem letzten Arbeitgeber, dem dänischen Erstligisten BSV Bjerringbro-Silkeborg, den Spitznamen "Herkules" mit auf den Weg nach Kiel genommen hat. Den hatten ihm seine ehemaligen Mitspieler gegeben, erzählt der Abiturient, der zu Beginn seiner Handballkarriere drei Jahre Sportwissenschaften in Belgrad studierte. Er parliert in fließendem Englisch, versteht aber bereits viel Deutsch. "Deutsch zu lernen, besitzt absoluten Vorrang", betont er. Die ersten Stunden bei der Kieler Sprachschule Berlitz sind bereits absolviert. Seinen aufrichtigen Willen, die Sprache möglichst schnell beherrschen zu können, bestätigt auch Kapitän Marcus Ahlm, Kreisläufer-Mitstreiter und neuer Zimmerkollege von Milutin Dragicevic. "Er besteht darauf, dass ich Deutsch mit ihm spreche, Milutin antwortet auf Englisch, die Verständigung klappt schon jetzt sehr gut." Nicht nur mit Marcus Ahlm.

Schon in den ersten gemeinsamen Tagen mit der Mannschaft habe er bemerkt, dass es sehr freundlich zugehe beim THW, erwähnt Dragicevic. "Das sind wirklich gute Jungs, ich fühle mich bereits als fest akzeptiertes Mitglied in meinem neuen Team. Und das ist für mich sehr wichtig." Die ersten schweren Trainingseinheiten steckte der Modellathlet klaglos weg. "Ich laufe gerne, und hart geht es in der Vorbereitung inzwischen bei allen Clubs zu, nur die Systematik des Trainings ist anders." Bei THW-Coach Gislason gefalle ihm aber, "dass Alfred sich sehr sorgt. Er passt genau auf, wie es den Spielern mit der jeweiligen Belastung ergeht."

Handball ist seit früher Jugend wesentlicher Bestandteil im Leben von Milutin Dragicevic. Dass er in Sabac geboren wurde, machte den Zugang zu diesem Sport leichter. Der heimische Verein Metaloplastika war im ehemaligen Jugoslawien mehrfacher Meister, stellte in den 80-ern das Gros der Nationalmannschaft und krönte seine Bilanz 1986 mit dem Gewinn im Europapokal der Landesmeister, vergleichbar mit dem heutigen Champions-League-Sieg. 2005 wechselte der 187 Zentimeter lange Kreisläufer zum rumänischen Spitzenclub HGM Constanta. Dort kam es 2006 in der Champions League zum ersten Duell mit dem THW Kiel - und ersten Eindrücken von der damaligen Ostseehalle. "Gewaltig", erinnert er sich, "die 10.000 Leute waren wie eine Wand, es ist schön, dass ich diese Arena und diese Menschen jetzt auf meiner Seite weiß." Das Hinspiel fand am Schwarzen Meer statt. Vor 3000 rumänischen Fans in der stimmungsvollen Atmosphäre der City-Hall spielte der THW groß auf, siegte 37:28 und hatte nur Probleme mit einem Gegenspieler: Milutin Dragicevic. Sowohl im Hin wie auch Rückspiel bekam die Kieler Abwehr den starken Serben nie richtig in den Griff. Insgesamt 15 Tore warf er, Kiels ehemaliger Manager Uwe Schwenker knüpfte erste Kontakte, zwei Jahre später war ein Vorvertrag unterschrieben.

Auf dem Weg nach Kiel feilte Dragicevic ab 2007 drei weitere Jahre im mitteldänischen Silkeborg an seiner Karriere. 2008 war er Torschützenkönig der Liga, wurde zum wertvollsten Spieler gekürt, 2009 warf er die meisten Feldtore der dänischen Eliteklasse. Ex-"Zebra" Nikolaj Jacobsen arbeitet im Management von Silkeborg. Seinen Kreisläufer ließ er nur ungern ziehen. "Für mich zählt Milutin schon jetzt zu den besten drei Kreisläufern der Welt", urteilt die ehemalige Kieler "Zaubermaus". Alfred Gislason werde ganz sicher viel Freude an ihm haben, Dragicevic ist beim weitbesten Handball-Club angekommen, trägt künftig die Nummer 7, die bis 2009 Arena-Liebling Vid Kavticnik auf seinem Trikot hatte. Ehefrau Dragana kommt in wenigen Tagen mit Sohn Mihailo (drei Monate) hinterher. Das Paar hat ein Haus in Kronshagen gefunden und wird sich dort häuslich einrichten. Gelegenheit, sich ein Bild von seiner neuen Wahlheimat zu machen, hat Dragicevic noch nicht gefunden. "Den Hafen und die Schiffe habe ich bewundert, mehr ging bisher nicht." Zeit, das nachzuholen, ist vorhanden, der Vertrag mit dem deutschen Rekordmeister läuft mindestens bis 2014.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 27.08.2010)


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