THW-Logo
08.10.2010 Mannschaft / Medien

"Handball-Magazin": Personalia: Staffan Olsson

Aus dem "Handball-Magazin" 09/2010:

Staffan Olsson - hier bei der EM 2010. Der einstige schwedische Weltklasse-Linkshänder ist  längst im Trainergeschäft heimisch geworden.   Und überstand zudem eine Herzoperation folgenlos.
Klicken Sie zum Vergrößern! Staffan Olsson - hier bei der EM 2010. Der einstige schwedische Weltklasse-Linkshänder ist längst im Trainergeschäft heimisch geworden. Und überstand zudem eine Herzoperation folgenlos.

Das "Handball-Magazin" 09/2010 traf sich mit Staffan Olsson zum Gespräch. Wir reichen den Artikel mit freundlicher Genehmigung nach.
Von Sascha Klahn

Auf den ersten Blick ist alles, wie es immer war: Staffan Olsson trägt die dunklen Haare so lang wie früher, frisch gewaschen, akkurat gekämmt. Denn auch mit 46 Jahren hält der charismatische Schwede weiter unbeirrt an seinem Markenzeichen fest. Doch irgendetwas ist anders. "Den Gamle", wie ihn seine Landsleute einst schon vor Jahren tauften, trägt inzwischen einen Dreitagebart. Und die Stoppeln des "Alten" sind längst grau geworden. Die Zeiten nach seiner Spielerkarriere waren nicht immer einfach und das allmähliche Ergrauen möglicherweise eine Folge. Vor zweieinhalb Jahren musste sich Olsson wegen eines angeborenen Herzfehlers einer Operation unterziehen. Im Stockholmer Karolinska Universitätskrankenhaus wurde dem einstigen Weltklasse-Linkshänder eine neue Herzklappe eingesetzt. Danach verlor er rund sieben Kilogramm.

Das ist heute alles überstanden. Inzwischen hat Olsson sein altes Körpergewicht wieder erreicht - allerdings, wie er lächelnd bemerkt, ohne das damalige Verhältnis von Muskelmasse zum übrigen Körper wiederhergestellt zu haben. Dennoch: Er ist schlank und wirkt beinahe dünn. Manch ein früherer Mitspieler hat da nach dem Ende der aktiven Karriere jedenfalls deutlich zugelegt.

Es ist einer dieser grauen, regnerischen Tage, die nach einem ausgesprochen tollen Sommer in der schwedischen Hauptstadt den bevorstehenden Herbst ankündigen. Staffan Olsson sitzt in einem Stockholmer Cafe nahe der Eriksdalshallen, dort wo er mit seinem Klub Hammarby IF im Stadtteil Södermalm trainiert und spielt. "Es geht mir gut", sagt er. "Ich hatte vor dem Eingriff am Herzen keine Probleme, und habe auch heute keine." Er ist mit sich und der Welt offensichtlich im Reinen. Eine solche Herzoperation, sagt er, sei für die Ärzte längst zur Routine geworden, für den betroffenen Patienten aber noch immer ein tiefer Einschnitt. "Man denkt in solch einer Situation automatisch über sein eigenes Leben nach", sinniert Olsson. "Und danach freut man sich einfach etwas mehr über das Leben selbst." Und nach einer Pause: "Ich bin vielleicht gelassener geworden - aber nicht viel."

Ein Grund zum Innehalten und zur wehmütigen Rückschau ist das für Olsson nicht. Selbst wenn man ihn daran erinnert, dass er mit der schwedischen Nationalmannschaft in den neunziger Jahren und Anfang des neuen Jahrtausends den Welthandball bestimmte, zwei Mal Weltmeister (1990, 1999), vier Mal Europameister (1994, 1998, 2000, 2002) und drei Mal olympischer Silbermedaillengewinner (1992, 1996, 2000) wurde. Und mit dem THW Kiel in Deutschland und Europa für Furore sorgte. "Ich versuche, die Dinge gleich zu verarbeiten und danach weiter nach vorn zu schauen. Man sollte nicht an all zu vielen Dingen hängenbleiben", sagt er. "Deshalb muss ich nicht ständig zurückschauen."

Braucht er auch nicht. Auch oder vielleicht gerade weil er noch immer ganz auf den Handball fixiert ist. An seiner ersten Trainerstation führte er den Stockholmer Stadtteilklub Hammarby aus der zweiten schwedischen Liga zu drei nationalen Meisterschaften in Folge. Gemeinsam mit seinem alten Weggefährten Ola Lindgren bereitet er zudem die schwedische Nationalmannschaft auf die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land vor. Das sind wahrhaft große Aufgaben. Doch die Verträge mit beiden Arbeitgebern laufen im kommenden Sommer aus. Was dann kommt, weiß Olsson noch nicht. "Vielleicht ist es naiv, aber ich bin diesbezüglich ziemlich locker. Ich bin für alles offen. Aber ich kann mir auch vorstellen, hier in Hammarby zu verlängern", sagt er.

Was für einen Mann von Olssons Format erstaunlich klingt. Denn zuletzt kämpfte Hammarby mehr ums Überleben als erfolgreich um Punkte. Aufgrund finanzieller Nöte mussten die Grün-Weißen gleich mehrere wichtige Spieler ziehen lassen. Olsson fängt quasi ganz neu mit einer Mannschaft an, von deren 20 Kadermitgliedern gerade einmal sechs Spieler über 20 Jahre alt sind. "Ich fühle mich hier sehr wohl", sagt Olsson. "Aber ich habe leider keine neuen Spieler holen können und deshalb nun nicht die Mannschaft beisammen, die ich gern gehabt hätte. Aber so ist das Leben", sagt er und nimmt es gelassen. "Wenn wir in der neuen Saison die Play-offs erreichen könnten, wäre das fast schon eine Sensation", meint er. Aber Platzierungen sind längst nicht mehr alles für den durchaus strengen Trainer. "Es ist ein Riesenspass, mit diesen jungen Spielern zu arbeiten. Wenn ich sehe, wie sich die Jungs weiterentwickeln, ist die innere Freude fast größer als bei Siegen meiner Mannschaft. Denn nicht ein Spiel, sondern die Trainingsarbeit ist der Alltag. Wenn jemand neben viel Talent auch den richtigen Willen mitbringt, um besser zu werden, dann reicht mir das eigentlich schon aus, um mit diesem Spieler zu arbeiten."

Seine Spieler wissen diese Art zu schätzen. "Ich bin froh und stolz, dass diese Mannschaft von Anfang an mitgezogen und so sehr auf mich gehört hat", sagt Olsson heute dankbar. "Ich musste als Trainer auch erst einmal eine Form finden, die zu mir passt, von der ich sagen kann: Das bin ich." Und das hat er in den vergangenen sechs Jahren zweifelsfrei. Denn mag sich Olsson auch äußerlich ein wenig verändert haben, sein Herz schlägt für den Handball, und die alte Leidenschaft brennt nach wie vor. "Ich bin nicht viel ruhiger geworden", sagt er und lacht. "Nur ein wenig älter."

(Aus dem "Handball-Magazin" 09/2010, von Sascha Klahn)


(08.10.2010) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite