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07.10.2011 Verein

Kieler Nachrichten: Guter Zeuge für die Verteidigung

Der frühere THW-Gesellschafter Hubertus Grote widerspricht Jesper Nielsen im Handball-Prozess

Aus den Kieler Nachrichten vom 07.10.2011:

Kiel. Zwei Zeugen, zwei Versionen, doch es kann keine zwei Wahrheiten geben: Der frühere Gesellschafter des THW Kiel, Hubertus Grote, hat gestern im Handball-Prozess vor dem Kieler Landgericht der Darstellung von Jesper Nielsen widersprochen, wonach der angeklagte Ex-THW-Manager Uwe Schwenker die Bestechung der Schiedsrichter beim Champions-League- Finalrückspiel 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt zugegeben haben soll.
Vor der 5. Großen Strafkammer stand am vierten Verhandlungstag der Abend des 1. Februar 2009 im Mittelpunkt. Nach dem WM-Finale zwischen Frankreich und Kroatien hatten sich Schwenker, Nielsen, der dänische Gesellschafter der Rhein-Neckar Löwen, und Grote in Zagreb zu einem Gespräch getroffen. Laut Nielsen soll Schwenker dabei erklärt haben, die polnischen Final-Schiedsrichter Miroslaw Baum/Marek Goralczyk seien gekauft gewesen, alles sei von Trainer Noka Serdarusic und Leuten vom Balkan organisiert worden. Grotes Erinnerung könnte konträrer nicht sein. "Mit Sicherheit", so der 60-Jährige, "ist das von Herrn Schwenker nicht gesagt worden".

Hubertus Grote stellt den Gesprächsverlauf in der Lobby des Hotels Esplanade völlig anders dar. Zentraler Diskussionspunkt sei die Ablösesumme für THW-Star Nikola Karabatic gewesen. Die Löwen wollten den Olympiasieger aus dessen Vertrag bis 30. Juni 2012 in Kiel herauskaufen, damit der Franzose in Mannheim mit seinem väterlichen Freund Serdarusic, der dort am 1. Juli 2009 als Trainer beginnen sollte, zusammenarbeiten könne. Nielsen, so Grote, habe die Ablöseforderung für Karabatic in Höhe von drei Millionen Euro für völlig überzogen erachtet. Dann habe der Däne unvermittelt die Geschichte von der Schiedsrichterbestechung eingestreut.

Grote: "Herr Schwenker und ich haben ihm bestätigt, dass wir dieses Gerücht kennen würden, dass aber alles sauber gewesen sei." Wenig später habe Nielsen das Gespräch mit folgenden Worten abrupt beendet: "Ich habe keine Lust mehr an diesem Transfergerangel, Serdarusic soll mit den Spielern zurecht kommen, die wir haben, das sind auch gute Spieler. Ich will nur Spaß am Handball haben."

Grote erklärte gestern außerdem, dass die von Schwenker veranlassten Zahlungen an den Kroaten Nenad Volarevic in Höhe von 92 000 Euro von den THW-Gesellschaftern in der Bilanz geprüft und nicht beanstandet worden seien. Jener Volarevic, der laut Anklage dem polnischen Schiedsrichter Baum das Bestechungsgeld in Warschau überbracht haben soll. Die Zahlung sei jedoch, so Grote, für Volarevic' Beratung beim Transfer des Franzosen Igor Anic erfolgt. Dass der eigentliche Berater des Kreisläufers, Bhakti Ong, nur 15 000 Euro erhalten habe, sei nicht ungewöhnlich gewesen. Grote: "Bei Transfers haben oft mehrere Leute kassiert. Beim Wechsel von Börge Lund haben wir 200 000 Euro an dessen Berater gezahlt. Ich hatte keine Zweifel an den 92 000 Euro."

Auch die Darlehen aus dem Frühjahr 2008 an Noka Serdarusic in Höhe von 20 000 und 40 000 Euro hielt Grote für völlig normal: "Dabei ging es Herrn Schwenker darum, den Vertrag mit unserem problematischen Trainer bis 2009 zu sichern. Das wäre gut angelegtes Geld gewesen." Wäre - denn wenig später wurde Serdarusic vom THW beurlaubt, mit 150 000 Euro sowie Gehaltsfortzahlungen abgefunden und Nachfolger Alfred Gislason aus seinem Vertrag mit dem VfL Gummersbach gekauft - für 750 000 Euro.

Grote, der sich als Freund Schwenkers bezeichnet, erwies sich somit als guter Zeuge für die Verteidigung, auch, weil die Staatsanwaltschaft nicht ihren besten Tag erwischt hatte. Die Fragen von Axel Goos wirkten unstrukturiert, ehe Kollege Thomas Hoffmann Boden gutzumachen versuchte. Gleichwohl blieb rätselhaft, warum sich Grote nicht erinnern kann, die vier Tage vor dem CL-Finale 2007 erfolgte erste Zahlung an Volarevic hinterfragt zu haben.

Bis die Kammer unter Vorsitz von Matthias Wardeck die widersprüchlichen Aussagen von Nielsen und Grote abschließend bewerten wird, dürfte in Kiel der kommende Winter längst Schnee von gestern sein. Klar ist, einer von beiden Herren lügt bezüglich des 1. Februars 2009. Und ein weiterer wichtiger Zeuge möchte auch nicht viel zur Wahrheitsfindung beitragen: Nenad Volarevic hat am Mittwoch per Fax seine Vorladung für den 9. November abgesagt: "Ich habe zurzeit keine Absicht, nach Kiel zu kommen."

(Von Gerhard Müller, aus den Kieler Nachrichten vom 07.10.2011)


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