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25.04.2012 Champions League/Bundesliga

Kieler Nachrichten: Jicha: "Gefühlt wie NHL-Profis"

THW Kiel verlor auf dem Rückweg aus Zagreb die Sporttaschen und reiste lediglich mit Handgepäck nach Hause

Aus den Kieler Nachrichten vom 25.04.2012:

Kiel. Erst nach einer dramatischen Achterbahnfahrt konnte Handball-Rekordmeister THW Kiel am Sonnabend bei RK Zagreb ein 31:31 (12:15) ins Ziel retten. Turbulent blieb das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League auch nach dem Abpfiff: Am Sonntag kehrten die "Zebras" ohne Gepäck zurück.
"In Hamburg sind wir nur mit unseren kleinen Handtaschen in den Bus gestiegen", sagte Filip Jicha, der mit acht Toren großen Anteil daran hatte, dass ein klarer Rückstand (15:22/38.) ohne Folgen blieb. Sie hätten sich wie Profis der NHL, der nordamerikanischen Eishockey-Liga, gefühlt. Dem Team von Alfred Gislason war auf der Rückreise beim Umsteigen in Frankfurt nur ein kleines Zeitfenster geblieben. 55 Minuten reichten den auf einer Außenposition gestrandeten Kielern, um flotten Schrittes die Terminals zu wechseln. Ihren Sporttaschen nicht, die reisten erst am Montag in Kiel an.

Der ärgerliche Schlusspunkt einer strapaziösen Woche, die für sie am vergangenen Dienstag mit dem Flug nach Stuttgart begonnen hatte. Am Mittwoch siegten die Kieler in Göppingen 33:23, am Donnerstag flogen sie nach Hause, um am Freitag um sieben Uhr morgens wieder aufzubrechen. "Die letzten Tage haben wir in Hallen, Bussen oder auf Flughäfen verbracht", sagte Jicha direkt nach der intensiven Begegnung mit dem kroatischen Serienmeister. "Ich spüre meine Beine nicht mehr."

Laut Gislason war der Tscheche nicht der einzige, der auf dem Zahnfleisch gekrochen war. "Das Abschlusstraining war erschreckend." Ob es nicht besser gewesen wäre, aus dem Schwabenland direkt auf den Balkan zu reisen? "Ideal war das nicht", gab Gislason zu, dessen Wunsch es war, via Kiel nach Zagreb zu fliegen, um in der Heimat noch einmal trainieren zu können. "Rückblickend wäre es wohl schlauer gewesen, im Süden zu bleiben und über München anzureisen." Ein einheitliches Stimmungsbild hat es diesbezüglich bei den Spielern nicht gegeben. "In der Mannschaft gibt es immer unterschiedliche Meinungen", sagte Kapitän Marcus Ahlm. "Für die Vorbereitung dieser Termine ist hauptsächlich der Verein verantwortlich."

Im Verein kümmert sich Sabine Holdorf-Schust, in enger Absprache mit dem Trainer, um die Logistik. Ein maßgeblicher Faktor seien die Kosten gewesen. Auch deshalb hätten sie sich gegen einen Charterflug entschieden, der mit 35 000 bis 40 000 Euro knapp viermal teurer gewesen wäre. "Hätte es einen Mehrwert gegeben, hätten wir es trotzdem gemacht", sagte die Geschäftsführerin. "Den gab es aber nicht, weil wegen der späten Anwurfzeit auch mit Charter der Rückflug erst am Sonntag möglich gewesen wäre." Problematisch sei zudem, dass viele THW-Ziele mittlerweile nicht mehr direkt von Hamburg aus zu erreichen seien, sondern ein Zwischenstopp in Frankfurt oder München erforderlich ist.

Zumindest für einen Spieler hatte die umständlich anmutende Tour eine gute Seite: Filip Jicha konnte so seinen Geburtstag mit der Familie feiern. Der Grund für seine Müdigkeit könnte deshalb auch ein ganz anderer gewesen sein. "In Göppingen war ich ein 29-Jähriger, in Zagreb nicht mehr."

Nach einem Ruhetag trafen sich die Kieler gestern wieder in der Halle, um sich auf das Rückspiel am Sonntag (17.30 Uhr/Eurosport) einzustimmen. "Das sind die Spiele, die wir spielen wollen. Darauf freuen wir uns", sagte Ahlm. "Es steht 0:0. Wir müssen keinen Rückstand aufholen, keinen verteidigen. Wir brauchen nicht rechnen, nur gewinnen."

In drei Fällen ist ein Seitenblick auf die Anzeigentafel dennoch hilfreich. Endet das Spiel auch 31:31, folgt unmittelbar ein Siebenmeterwerfen. Jedes weitere Remis hätte Sieger zur Folge. Werfen die Kroaten mehr als 31 Tore, sind sie beim "Final4" in Köln dabei. Werfen sie weniger, die Kieler.

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 25.04.2012)


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