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24.08.2012 Bundesliga

Kieler Nachrichten: "Du wirst ganz schnell alt"

Handball-Bundesliga startet heute in neue Saison - Etatkürzungen treffen auch Nordclubs

Aus den Kieler Nachrichten vom 24.08.2012:

Neumünster. Auf Einladung der Vereinigung Schleswig-Holsteinischer Sportjournalisten hatte sich gestern geballte Handball-Kompetenz in Neumünster zusammengefunden. Einen Tag vor dem Bundesliga-Startschuss, den heute (19.45 Uhr) TV Großwallstadt und MT Melsungen mit dem Eröffnungsspiel abfeuern, stellten sich Manager und Trainer der drei Nord-Bundesligisten den Fragen der Journalisten.
THW Kiel, SG Flensburg-Handewitt und HSV Handball - Handball-Deutschland blickt neidisch in den Norden, untermauerten diese Clubs in der abgelaufenen Saison mit Platz eins (Kiel), zwei (Flensburg) und vier (HSV) doch wieder einmal ihre führenden Positionen. National wie international. Er wolle alles genießen, was auf ihn zukomme, antwortete der jüngste Trainer der Runde, Flensburgs Ljubomir Vranjes (39), auf die Frage, worauf sich die Übungsleiter mit Blick auf die kommende Saison besonders freuen würden. "Noch fühle ich mich wie ein Kind, obwohl die vergangene Saison mir wie fünf lange Jahre vorgekommen sind", ergänzte der Coach des Vizemeisters. Von seinen beiden Kollegen kassierte der Schwede eine ernüchternde Replik. "Warte ab, du wirst ganz schnell alt", witzelten THW-Coach Alfred Gislason und Martin Schwalb unisono. Hamburgs Trainer arbeitet immer noch an der Vergangenheitsbewältigung mit dem unbefriedigenden vierten Rang nach dem Titelgewinn im Jahr zuvor. Diese Saison zähle sicher nicht zu den glorreichsten der inzwischen zehnjährigen HSV-Geschichte, erklärte der 49-Jährige, "wir wollen jetzt eine bessere spielen." Allerdings muss Schwalb mit Torsten Jansen, Johannes Bitter und Oscar Carlen erneut auf drei verletzte Leistungsträger verzichten, die erst Ende des Jahres spielbereit sein werden.

17 Bundesligatrainer hatten in einer Umfrage den THW als Topfavoriten für die kommende Spielzeit genannt. Alfred Gislason (52) wunderte sich: "Ich war nicht dabei, die haben mich vergessen", sagte Kiels Trainer mit einem Schmunzeln. Die Favoritenrolle nehme der THW trotzdem an. "Ich freue mich, dass die anderen so viel Vertrauen in uns setzen. Wir haben unsere Abgänge zwar durch gute Leute ersetzt. Aber: Wir müssen uns erst einarbeiten, fangen wie jedes Jahr bei Null an."

Im Mittelpunkt standen die Finanzen. Insgesamt hat die Liga für 2012/13 ein Etatminus von rund drei Prozent zu verzeichnen. Angesichts des starken Wachstums der vergangenen Jahre dürfe man diese Zahlen nicht überbewerten, erklärte SG-Manager Dierk Schmäschke. "Allerdings kenne ich keinen Club, der sich nicht mit Sparen beschäftigt." Trotzdem, so Schmäschke, werde sich die SG nach einem Ersatz für den mit einem Kreuzbandriss lange ausfallenden Rückraum-Shooter Petar Djordjic umsehen. "Aber es muss passen und schnell gehen."

Einen tiefen Etat-Einschnitt beklagt der HSV nach dem Ausstieg von Mäzen Andreas Rudolph. Das Budget wurde von rund zehn Millionen auf 8,1 Millionen Euro gekürzt, und nicht einmal diese Summe soll gedeckt sein. Aufgefangen werden solle das Minus mit 20 Prozent Gehaltsverzicht der Spieler. "Wir stehen in Gesprächen mit der Mannschaft, wie man zusätzliche Einnahmen generieren und Ausgaben senken kann", so Schwalb.

THW-Manager Klaus Elwardt wurde unruhig. Schon die Vorgänge in Kopenhagen hätten gezeigt, was geschehen könne, wenn Einzelsponsoren die Finanzen bestimmten, die Pleite sei eine Katastrophe, so Elwardt. Und: Das seien Probleme, die jetzt auch den HSV drückten. Ein HSV, der stets von Rudolph abhängig gewesen sei. "Ärgerlich ist das, und mit Paris St. Germain taucht schon wieder ein neuer, von Scheichs gesponserter Club auf, der um Spieler buhle und dabei die Preise kaputt macht", polterte der THW-Manager. "Wir müssen zwar ebenfalls strampeln, aber unser Etat von 9,5 Millionen ist breit aufgestellt und steht auf soliden Beinen." Böse Blicke erntete Elwardt von Schwalb und die Rechtfertigung: "Rudolph hat den HSV zu einer Marke gemacht."

Derweil warnte Alfred Gislason davor, die Etats der Clubs miteinander zu vergleichen. "Das gibt manchmal ein schiefes Bild." Kiels Trainer dürfte u.a. die Berliner Füchse gemeint haben. Deren Etat wird zwar mit rund drei Millionen unter dem des THW beziffert. Allerdings sollen die Füchse von der Hallenmiete seitens der Stadt so gut wie befreit worden sein. Ein Posten, der beim THW mit gut 1,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.

(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 24.08.2012)


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