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30.11.2012 Bundesliga / Mannschaft

Kieler Nachrichten: Die Liga im Zwiespalt

THW-Auftritt gegen RN Löwen verzückt und schockt die Konkurrenz zugleich

Aus den Kieler Nachrichten vom 30.11.2012:

Mannheim/Kiel. Auch am Tag nach dem 28:17 (14:7)-Sieg des THW Kiel bei den Rhein-Neckar Löwen hatte sich die Handball-Bundesliga noch nicht entschieden, ob sie angesichts der atemberaubenden Vorstellung der "Zebras" verzückt oder geschockt sein sollte.
Geschockt darüber, dass der Rekordmeister in der Liga seit 575 Tagen ungeschlagen ist und im 51. Spiel den 50. Sieg feierte. Gegen eine Mannschaft, die zuvor keinen Punkt abgegeben hatte, zum Stoppschild ausgerufen wurde und doch von Beginn an chancenlos war. "Zeigen wir diese Leistung auch in allen anderen Spielen, werden wir Meister", sagte der neunfache Torschütze Filip Jicha. Daran scheint seit diesem denkwürdigen Mittwochabend in der mit 13 200 Zuschauern ausverkauften Mannheimer Arena niemand mehr Zweifel zu haben. "Ich habe Kiel nie besser gesehen", sagte Löwen-Manager Thorsten Storm.

Selten zuvor hat sich eine Mannschaft so intensiv auf einen Gegner vorbereitet wie der THW auf die Löwen. "Alfred kannte sie am Ende besser als sie sich selbst", sagte Linksaußen Dominik Klein, der schon nach fünf Minuten das Gefühl hatte, dass sie nicht zu schlagen sein werden. "In einem solchen Spiel musst Du Dich auf die Abwehr verlassen können. Und das konnten wir."

Am Sonntag hatte der THW in eigener Halle den TBV Lemgo (36:24) besiegt. Doch Trainer Alfred Gislason hielt sich nicht lange damit auf und eilte umgehend nach Hause. Er widmete die anschließende Nacht einmal mehr dem Videostudium der Rhein-Neckar Löwen und zeigte seinem Team bereits am Montagmorgen mögliche Lösungswege auf. Seit Monaten lebte der Isländer auf dieses Spiel hin, weil er wusste, dass die Badener der größte Konkurrent um die Meisterschaft werden würden. "Das war ein Endspiel", sagte Gislason. "Die Löwen werden bis März keinen Punkt mehr abgeben." Deshalb sei es so wichtig, den direkten Vergleich zu gewinnen.

Intensiv hatten sie zuletzt an der offensiven Deckung gearbeitet, die sich im Raum verschiebt. Die im Optimalfall so wirkt, als würden zehn Riesen Seite an Seite verteidigen und nicht nur sechs. "Wenn wir so spielen wie heute, möchte ich auch nicht unser Gegner sein", sagte Gislason, der aus seinem Stolz auf die eigene Mannschaft kein Geheimnis machte. "Sie hat die Taktik perfekt umgesetzt."

Im Lager der Besiegten hielt die Katerstimmung nicht lange an. "Wir hätten heute auch jedes Brettspiel verloren", sagte Mittelmann Andy Schmid, der das Debakel als Ausrutscher einsortierte. Zudem deutete sich an, dass der Verein kurzfristig Ersatz für Uwe Gensheimer finden würde, der sich am Sonnabend die Achillessehne gerissen hatte. Storm bestätigte, dass er sofort mit Lars Christiansen Kontakt aufgenommen hätte. Der 40-jährige Linksaußen, der im Dress der SG Flensburg-Handewitt eine Kultfigur geworden ist, hat vor sechs Monaten seine Karriere beendet. Er sagte für das Kiel-Spiel ab ("das kommt für mich noch zu früh"), signalisierte aber, helfen zu wollen. "Bezahlen können wir ihn nicht", sagte Storm. "Wir haben kein Geld. Aber Lars versteht das als Freundschaftsdienst."

Für die Kieler bleibt nicht viel Zeit, den Sturm an die Tabellenspitze zu feiern. Am Sonntag ist in der Gruppenphase der Champions League Atletico Madrid (17.15 Uhr, Eurosport) zu Gast. Die Spanier besiegten den THW jüngst im Finale um den Super Globe in Katar (28:23), verloren aber das Hinspiel (27:32) und das Finale der vergangenen Champions-League-Saison (21:26) gegen die "Zebras". Das Nachfolgemodell von Ciudad Real reist ohne seine Torwart-Giganten Arpad Sterbik (flüchtete zum FC Barcelona) und Jose Hombrados (Kreuzbandriss) an.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 30.11.2012)


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