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23.06.2013 WM 2015

Zebra-Journal: Katar rüstet sich für die WM

Scheichs bildeten sich bei "Final4" fort

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 15.06.2013:

Köln. Die Speisekarte, edel gestaltet, weist lediglich "Alkoholfreie Getränke" aus. Auf den Tabletts liegen verlockende arabische Bäckereien. Die Loge 434 der Kölner Lanxess-Arena, ausgestattet mit perfektem Blick auf das Spielfeld, war während des "Final4" um die Champions League kulturell auf die Gäste aus dem Mittleren Osten ausgerichtet: Die Delegation der Qatar Handball-Federation (QHF), Ausrichter der WM 2015 in Doha, wurde angeführt von Ahmed Mohamed Abdulrab Al-Shaabi.
Als der QHF-Präsident sich die Lanxess-Arena in einer Führung zeigen lässt, zieht er einen ganzen Schweif von Leuten in Anzügen hinter sich her. Der Generalsekretär notiert fleißig Details. Zwei Personen sammeln Kontakte zu Medienvertretern. Mittendrin in diesem Schwarm steht Al-Shaabi, geduldig hört er zu. Er wirkt so ruhig wie das Auge in einem Orkan aus Handballfunktionären.

Eigentlich, sagt die Pressefrau, sei der Kontakt zu den Medien in Köln gar nicht vorgesehen. Aber sie machen dann doch eine Ausnahme. Und der Präsident, im Hauptberuf Direktor der Qatar Central Bank, wirkt keineswegs genervt. Mit einem Lächeln beantwortet Al-Shaabi die Fragen auf Arabisch, der stellvertretende Direktor für Marketing übersetzt sie ins Englische. "Das Final4", sagt Al-Shaabi, sei "exciting", aufregend, spannend, erstaunlich.

Eine Vokabel, die auch für die katarischen Aktivitäten im Handball zutreffend wäre. Die Inspektion in Köln dient vor allem der Vorbereitung der WM 2015. Die Funktionäre aus dem Morgenland wollen wissen, wie der spektakulärste Event des Welthandballs veranstaltet wird, welche Infrastruktur dazu nötig ist. Das wollen sie berücksichtigen beim Bau der vier WM-Arenen. Eine - die größte soll rund 15.000 Plätze fassen - wird auf dem Aspire- Gelände stehen, diesem futuristischen Sportareal südlich der Wolkenkratzer Dohas. Dass diese vier Arenen rechtzeitig fertig werden, daran lässt Al-Shaabi keinen Zweifel.

Schließlich sind sie keine Greenhorns, sie haben die Arabischen Spiele und die Asienspiele erfolgreich gemanagt. Derzeit geht es der QHF vor allem darum, eine Strategie zu entwickeln, wie man 2015 viele Fans anlocken kann.

Al-Shaabi lächelt, als er mit den vielen Gerüchten konfrontiert wird, die sich um die sportliche Zukunft des katarischen Handballs ranken. Sie haben Valero Rivera verpflichtet, der Coach der spanischen Weltmeister von 2013 (der auch in Köln anwesend war). Der Spanier arbeitet seit April in Doha, um ein möglichst schlagkräftiges Team für die Gastgeber zu formieren. Mit ihm sind Veroljub Kosovac (als Torwarttrainer), der ehemalige Coach von Aragon und einst Torwart unter Rivera, und Ricard Franch als Assistenten mitgekommen. "Es ist sehr viel zu tun bis zur WM 2015", sagt Rivera, "und deshalb ist da bereits sehr viel Druck". Die Frage, ob es richtig sei, dass die QHF sich sehr um Danijel Saric bemühe, den bosnischen Torwart Barcelonas, kontert Al-Shaabi ebenfalls mit einem freundlichen Lächeln. "Unser Nationalteam braucht einen guten Torhüter", sagt er. "Wir denken über ihn nach". Die Preise, die gehandelt werden, kommentiert er nicht.

Rund 800.000 Dollar sollen Saric geboten worden sein. Ein anderer Name ist der Kreisläufer Borja Fernandez (HBC Nantes), der wie Saric den Vorteil hat, sofort für die QHF spielen zu können. Der Spieleragent Sascha Bratic, der in der Loge weilt und viel in Doha ist ("Ahmed ist mein Freund"), bringt auch Torwart Goran Stojanovic von den Rhein-Neckar Löwen ins Spiel. Man wird sehen. Und was passiert nach der WM 2015? Danach, versichert Al-Shaabi, werden sie den Handball in Katar weiterentwickeln. Er berichtet von intensiven Kontakten der QHF nach Indien und Pakistan, die logisch seien, weil viele Menschen aus diesen Ländern im Katar arbeiteten. "Wir wollen im Handball der Gatekeeper sein zwischen Ost und West", sagt Al-Shaabi. Ein Pförtner zwischen den Handball-Welten. Der Bankdirektor bleibt bescheiden.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 15.06.2013)


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