Aus den Kieler Nachrichten vom 07.09.2013:

Rene Toft Hansen.

Der 28-jährige Kieler (zwei Meter, 110 Kilo) und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Henrik (zwei Meter, 105 Kilo), der zu Saisonbeginn aus Silkeborg zum Champions-League-Sieger wechselte, wären damit aber nicht zufrieden. Beide wollen siegen. In der Regel gewinnt der Ältere. Nur einmal, in den drei Endspielen um die dänische Meisterschaft im Jahr 2010, verlor er. Eines der drei Play-off-Spiele nach regulärer Spielzeit, das dritte, das entscheidende, nach Siebenmeterwerfen. "Alle anderen Spiele habe ich gewonnen", sagt Rene Toft Hansen, der guter Hoffnung ist, dass sich an dieser Bilanz nichts ändert. "Es ist zwar schwer, in Hamburg zu gewinnen. Aber der HSV ist müde, der Zeitpunkt ist günstig." Spielten die Kreisläufer gegeneinander, wetteten sie stets um eine Flasche Faxe Kondi, die dänische Kult-Limonade. Der Verlierer gibt eine aus, wer weniger Tore wirft, zahlt die zweite.

"Für 60 Minuten werden wir keine Brüder sein", sagt Henrik Toft Hansen, der noch mit den neuen Kollegen fremdelt. In Dänemark ist die Manndeckung die Regel, in der Bundesliga wird dagegen in der Zone verteidigt, die kreuzenden Gegner also lieber an den Nebenmann weitergereicht. Ein hartes Brot, das der große Bruder bereits verdaut hat.

Der 70-malige Nationalspieler ist längst in Kiel angekommen und in seiner zweiten Saison in Diensten des Rekordmeisters bereits zum Führungsspieler gereift. "Wenn ich gegen ihn spiele, fällt mir das erst auf, wenn er am Boden liegt und man ihm aufhilft", sagt Rene Toft Hansen, der sich auch riesig auf den Abend nach dem Spiel freut. "Ich habe es bislang noch nicht geschafft, mir seine neue Wohnung anzusehen." Da auch die komplette Familie, die einen Bauernhof im Dörfchen Roslev in Westjütland bewirtschaftet, anreist, wird auch er in Hamburg bleiben. Ein kleines Fragezeichen stand gestern noch hinter dem Besuch von Vater Böje. "Er kommt nur bei schlechtem Wetter. Wenn es schön ist, muss er dreschen", sagt Rene Toft Hansen, der vier Geschwister hat. Alle sind Kreisläufer geworden, nur Jeanette (13), die Jüngste, darf nicht - sie ist als Linkshänderin im Rückraum zu wertvoll. Kurios: Henrik ist mit Ulrika Agren liiert, der Kreisläuferin der schwedischen Nationalmannschaft, die beim Bundesligisten Buxtehuder SV unter Vertrag ist. Rene heiratete im Sommer Kathrine Buus Nielsen, die für den Drittligisten TSV Owschlag aktiv ist. Als Kreisläuferin? Nein, die 26-Jährige spielt im Rückraum, aber ihre Zwillingsschwester Nikoline spielte zuletzt am Kreis des dänischen Erstligisten Aalborg Handbold.

Gemeinsam wurden Rene und Henrik Toft Hansen in Serbien Europameister. © Sascha Klahn

"In unserer Regionalauswahl fehlte ein Kreisläufer", erinnert sich Rene Toft Hansen, der als 15-Jähriger noch ein Mittelmann war. "Ich habe es gemacht und stand zwei Jahre später in der Jugend-Nationalmannschaft." Groß, stark, Dänemark - nach einem Blick in den Spiegel dachte sich der jüngere Bruder, dass er auch diesen Weg einschlagen sollte. Mit Erfolg: Im Februar 2012 gewannen die "Big Brothers" bei der EM in Serbien gemeinsam Gold.

Es ist ihr großer Traum, auch bei der EM 2014, die im Januar in ihrer Heimat stattfinden wird, Seite an Seite für ihr Land auflaufen zu dürfen. Doch ausgerechnet am Kreis gibt es mit Michael Knudsen (Flensburg) und Jesper Nöddesbo (FC Barcelona) weiteres Fachpersonal. "Ich glaube, dass drei von uns nominiert werden", sagte Rene Toft Hansen, der weiß, dass es heute im Bruder-Duell auch um Pluspunkte bei Nationaltrainer Ulrik Wilbek geht.

(von Wolf Paarmann und Marie Reitzenstein, aus den Kieler Nachrichten vom 07.09.2013)