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19.06.2014 Bundesliga

Zebra-Journal: Mützen-Fan in Kiel gelandet

Nationalspieler Steffen Weinhold soll im rechten Rückraum Christian Zeitz ersetzen

Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 07.06.2014:

Ab Juli im Dress des THW: Steffen Weinhold.
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Der Linkshänder Steffen Weinhold wird in der Nationalmannschaft auch als Mittelmann eingesetzt. Er ist nicht der Erste, der das getan hat, was man im Handball-Norden eigentlich nicht tut: Von Flensburg nach Kiel wechseln. Von Noka Serdarusic (als Trainer) über Jan Glöe, Michael Menzel bis zu Morten Bjerre, die Liste der "Überläufer" ist lang und jeder Wechsel war von Störfeuern begleitet. Steffen Weinhold ist seit Sören Haagen (Sommer 2001) der erste Akteur, der diesen verpönten Schritt wagt und er ist der Erste, bei dem es völlig geräuschlos vonstattengeht.
Doch weshalb ist das so? Da wäre zum einen die Rivalität zwischen den Kontrahenten. Die ist nach wie vor naturgegeben, aber längst nicht mehr so ausgeprägt wie noch zu Zeiten von Johnny Jensen, Joachim Boldsen auf der einen, sowie Henning Fritz und Staffan Olsson auf der anderen Seite.

"Es ist ja heute schlimmer zum HSV zu gehen", sagt Weinhold und weiß um die Antipathie, die in den Fanlagern der schleswig-holsteinischen Traditionalisten gegenüber dem Retorten-Verein in der Hansestadt herrschte. Ob das der Grund ist, weshalb Pfiffe gegenüber seiner Person in der Hölle Nord ausblieben, darüber kann jedoch auch er nur spekulieren. "Mag sein, dass es auch etwas mit dem frühen Zeitpunkt der Bekanntgabe zu tun hat", übt sich Weinhold weiter in Spekulationen.

Bereits im September wurde sein Abgang zum Rekordmeister verkündet. "Ich wollte eine große Entscheidung nicht lange vor mir herschieben, dass macht es nicht besser", so Weinhold. "So hatte ich die Sache früh abgehakt. Alle Seiten waren sich einig, dass es sinnvoll ist, den Wechsel sofort öffentlich zu machen."

Bei seiner offiziellen Verabschiedung fasste dann Boy Meesenburg treffend zusammen, weshalb die SG-Fans "Schweini", so sein Spitzname bei den Kollegen, in bester Erinnerung behalten werden. Während ein extrem gerührter Weinhold mit den Tränen kämpfte, sagte der Beirats-Vorsitzende der SG: "Du hast eine absolut professionelle Einstellung. Diese hast Du insbesondere im letzten halben Jahr nach der Bekanntgabe Deines Wechsels unter Beweis gestellt. Deswegen waren Dir die Fans auch nicht böse, sondern danken Dir für tolle Leistungen und Deinen Einsatz."

In der Tat hat sich der gebürtige Fürther bis zur letzten Minute im SG-Trikot mit seiner unnachahmlichen Spielweise aufopferungsvoll in jede Abwehrreihe geworfen - auch am 1. Juni, im letzten Derby das er im gewonnenen Finale der Champions League in Köln (30:28) gegen den THW gespielt hat. Und genau deshalb wollte ihn Alfred Gislason auch unbedingt haben. Weil das Kraftpaket auf Halbrechts ein Spieler exakt nach dem Geschmack des THW-Trainers ist. Einer mit vorbildlicher Einstellung, einem unbändigem Siegeswillen, ohne Starallüren und vor allem mit reichlich handballerischer Qualität. "Ich wollte ihn schon sehr lange haben. Er ist einer der besten Linkshänder, die es gibt und vor allem der beste Spieler, den wir auf seiner Position holen konnten", so Gislason, der Weinhold als Nachfolger für Christian Zeitz (wechselt nach Veszprem) verpflichtet hat: "Steffen ist deckungsstark, spielerisch intelligent und hat eigentlich keine Schwächen. Und das macht ihn so wertvoll."

Ob er Weinhold, der auf und neben dem Spielfeld angenehm unprätentiös daherkommt, als coole Sau bezeichnen würde? Gislason schmunzelt: "Naja, so einen Ausdruck benutze ich nur selten, aber er ist ohne Frage ein abgezockter Spieler, der nervlich gut drauf ist. Er geht dahin wo es weh tut und trifft fast immer die richtigen Entscheidungen. Deshalb war er so wertvoll für Flensburg und wird es in Zukunft hoffentlich für uns sein."

Als der 27-Jährige seine Entscheidung traf, war nicht abzusehen gewesen, dass er mit der SG die Champions League gewinnen würde. Bis dahin hatte er in zwei Jahren in Flensburg eine Vizemeisterschaft, zwei Pokal-Endspiele und als einzigen Titel den Sieg im Supercup erreicht. "Meine sportliche Ziele haben sich in Flensburg zu 100 Prozent erfüllt und ich hatte zwei super Jahre dort. Ich habe dem Trainer Ljubomir Vranjes und der Mannschaft viel zu verdanken. Es ist jedoch so, dass die Chancen darauf, etwas zu gewinnen, in Kiel noch größer sind", sagte er, für den es nur "Flensburg oder Kiel" gab. Ein schwacher Trost für die SG und ihre Fans. Denn mit Weinhold verlieren sie nicht nur einen ihrer besten Spieler, sondern auch eine sympathische Persönlichkeit. Oder wie Flensburgs Lars Kaufmann es formuliert: "einen geilen Typ." Das Gesamtpaket macht ihn dazu. Weinhold hat nicht nur sportlich viel zu bieten, er ist auch abseits des Feldes ein interessanter Charakter. Er macht sich für das Thema Organspende stark, er zählt zu den Hoffnungs-, aber auch Werbeträgern im Nationalteam, den so genannten Goldjungs, und er ist abenteuerlustig. Es gibt wenig Nullachtfünfzehn bei ihm, so geht es im Urlaub in die norwegischen Berge, nach Afrika oder mit seinem Kumpel Jacob Heinl nun zur Fußball-WM. Wenn das Fernstudium und der Handball ein bisschen Freizeit zulassen, steht auch schon mal ein Besuch beim Relegations-Spiel seines Lieblings-Fußballvereins - Greuther Fürth - in Hamburg an. Ganz wichtig: Der Wohnsitz mit Freundin Ina muss mitten in der Stadt liegen. Das war in Flensburg so und wird auch in der Landeshauptstadt nicht anders sein. Die Wege sind dann schön kurz und der Mützen-Fan kann alles bequem mit seinem geliebten Fahrrad erledigen.

(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 07.06.2014)


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