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THW Kiel: Flensburger Tageblatt vom 24.02.96, Seite JO4

Im Flensburger Tageblatt fand sich am Sa., den 24.02.96, auf Seite JO4 (Sport-Journal) ein Artikel über Sport im Internet im Allgemeinen und die THW-WWW-Seiten im Speziellen:

Hier der Artikel:

Zebras im Cyberspace

Sport im Internet: Die Fans sind den Profis weit voraus

Endlich habe ich ihn, den Anschluß an die Multi-Media-Zukunft. Das Internet reicht bis an meinen Schreibtisch. Das bedeutet unbegrenzten Zugang zu allen erdenklichen Informationen, wenn man der Werbung glauben darf. Was liegt für den sportbegeisterten Online-Eleven näher, als den "Cyperspace" nach entsprechenden Neuigkeiten zu durchforsten? Erste Suchwort ist, wie könnte es im Lande des Deutschen Meisters anders sein, natürlich: Handball.

Das Wort eingeben, Enter-Taste drücken, und gleich werden sie mir auf meinem Bildschirm entgegenleuchten, tausende von Informationen über die Bundesliga, unsere schleswig-holsteinischen Bundesligisten, einfach alles, was ich wissen will - denke ich.

Aber das Ergebnis ist eher enttäuschend. Bundesliga? Fehlanzeige. Immerhin findet sich der aktuelle Deutsche Meister THW Kiel im Internet. Und die "Homepage" über den THW, die den Neugierigen in die Thematik einführt, kann sich sehen lassen: Neueste Infos über die Verletzung von Magnus Wislander, aktuelle Tabelle, Statistiken bis zum Abwinken - rundherum alles, was man über "Zebras" und Fanclub so wissen muß. Sogar Spielerporträts mit Fotos finden sich hier.

Der THW Kiel als Vorreiter für den Handball im Internet? Weit gefehlt, denn diese Seite ist vom treuen Fan Thorsten Drewes eingerichtet, ohne offizielle Unterstützung, ohne Bezahlung.

Auf Anfrage erklärt THW-GEschäftsführer Uwe Schwenker: "Es liegen schon Pläne in der Schublade." Aber Konkretes weiß er auch nicht zu berichten.

Und die anderen Klubs? Wallau, Gummersbach, Essen, die SG Flensburg-Handewitt? Nichts, gar nichts. Immerhin plant die SG nach Auskunft von Geschäftsführer Dierk Schmäschke für 1997 den Einstieg in das Internet, doch werden in erster Linie finanzielle Interessen im Mittelpunkt stehen. Der Verkauf von Fan-Artikeln soll globalisiert werden. Man stelle sich vor, die Wikinger-Käppies auf Tastendruck gibt es dann vielleicht auch bald in Timbuktu. Toll! Während die Elite der Ballwerfer durch Abwesenheit glänzt, haben sich unterklassige Vereine längst im Internet etabliert. Wer sich z.B. für den HC 71 Steinheim ("die Hoffnung der vierten Kreisklasse") in der Nähe von Lemgo interessiert, kein Problem. Auch die komplette Regional-, Ober- und Verbandsliga Thüringen ist Online.

Und was ist mit König Fußball? Die Millionenetats der Bundesliga-Klubs müßten doch ein paar Mark für das Lieblingsspielzeug aller Computer-Freaks hergeben!

Und siehe da, die Auswahl ist tatsächlich üppiger. Jeder Verein ist vertreten. We Fakten sucht, wird fündig. Anfahrtswege zu den jeweiligen Stadien, Fanclub-Adressen oder bedeutende Stationen in der Vereinshistorie von Schalke 04 - auch hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Insbesondere die Angebote der Königsblauen können sich sehen lassen. Hier stimmt die Mischung aus Grafik und Information.

Allerdings sind all diese Seite privater Spielplatz von fußballbegeisterten Internet-Verrückten, aber immer mit dem Zusatz: "Dies sind keine offiziellen Informationen." Einzig offizieller Vertreter ist Bayern München. Doch diese Seite ist, verglichen mit denen der Fans, eine traurige Erscheinung. Der Informationsgehalt geht gegen Null. Alleiniger Sinn dieses Angebotes ist es, den Geldspeicher von Uli Hoeneß weiter zu füllen.

Nicht einmal Meister Borussia Dortmund kann sich rühmen, für die ca. 40 Millionen Netz-Nutzer weltweit präsent zu sein. Für Manager, die sonst versuchen, jeden Grashalm im Stadion als Werbefläche zu verkaufen, scheint der Begriff "Online" noch Science Fiction a la Captain Kirk zu sen. Hier sind die Fans den Machern einen ganzen Cyberschritt voraus. Faszinierend!

Der FC St. Pauli sieht keine Notwendigkeit, die "Freibeuter der Liga" auch im Internet surfen zu lassen: "Wer Pauli-Fan ist, kommt sowieso", lautet die lapidare Erklärung aus der Marketing-Abteilung. Entsprechend sind auch keine Aktivitäten geplant. Trotzdem bleiben die weltweit verstreuten Anhänger der Kicker vom Kiez nicht unversorgt. Auch hier hat sich ein Informatik-Begeisterter gefunden, der in seiner Freizeit Daten über "Pauli" ins Netz einspeist.

Beim wiedererstarkten Lokalrivalen HSV sind die Internet-Planungen genauso weitgediehen. In der Zentrale am Hamburger Rothenbaum ist man zur Zeit eher mit einer möglichen Europapokal- als mit einer Cyberspace-Zukunft beschäftigt. Weder hat man sich bisher mit den Möglichkeiten im Mulit-Media-Bereich auseinandergesetzt, noch ist das vorgesehen. Auch hier wird das Feld den interaktiven Fans überlassen.

Das gleiche Bild bietet sich bei Hansa Rostock. Nichts Offizielles von der Vereinsleitung - trotzdem findet sich ein pralles Angebot im Internet. Bilder der Mannschaft, Vereinslogo - alles in Farbe, versteht sich.

Eines haben alle Vereine gemein: So gang geheuer scheint ihnen das Internet bisher nicht. Schließlich gibt es da zum Teil respektlose Kommentare über Geschehnisse im Klub, und das alles direkt unter dem Vereinswappen. Aber da sich auf Funktionärsebene noch niemand so richtig mit der schönen, neuen Medienwelt auseinandergesetzt hat, weiß man auch nicht so genau, wie damit umzugehen ist.

In der Schaltzentrale der deutschen Fußballmacht DFB in Frankfurt macht man sich immerhein schon Gedanken. "Jaaahh", ist dort zu hören, "da ist wohl was in Planung. Ganz genau wissen wir aber noch nict, wie das aussehen wird und was wir da machen werden."

Dennoch ist das Sportangebot im Internet so groß, das die Bibel daneben wie ein Reclam-Heft erscheint. Ganz besonders trifft dies auf die Auswahl im internationalen Bereich zu. Auf dem amerikanischen Markt sind die Offerten praktisch unbegrenzt. Alle US-Profiligen und auch die Vereine finden sich in einer Ausführlichkeit, die keine Wünsche offen läßt. Wer sonst seine Infos mühsam aus mehreren Fachzeitschriften zusammensuchen muß, wird hier per Tastendruck exakt bedient. Außerdem ist de Begriff "interaktiv" wirklich mit Leben gefüllt: Die Klub verbreiten nicht nur Neuigkeiten, ihnen kann auch in Sekundenschnelle per Internet geschrieben werden. Eine Antwort auf Fragen, die via E-Mail gestellt werden, läßt meistens nicht lange auf sich warten.

Die Krönung sind regelmäßige Talkrunden mit Stars aus den Profiligen, selbstverständlich live und in Farbe. Ein wenig Glück, und man kann mit Michael "Air" Jordan diskutieren, warum er wieder mal nur 40 Punkte gemacht hat.

Doch auch das deutsche Sportangebot wächst ständig, wenn es im Vergleich mit dem zukunftsorientierten amerikanischen Markt jedoch immer noch wie ein Ford-T-Modell in der Formel 1 wirkt.

Gerade für Leute mit Spezial-Interesse ist das Internet eine unerschöpfliche Fundgrube. Sportarten, deren Resonanz in anderen Medien sonst so hoch ist wie die Schneedecke in Kairo, haben im Internet ein breites Forum. Frisbee, Unterwasserrugby, Skating oder Bergsteigen, kaum ein Sport ist zu außergewöhnlich, als daß er nicht seine eigene Seite verdient hätte.

Aber auch hier ist der amerikanische Markt Lichtjahre voraus. Im US-Unternet-Angebot finden sich gerade im Abenteuer-Sport zahllose Angebote von Snow-Mountain-Biken bis Ice-Diving (Eistauchen).

Doch gibt es nicht nur ein rein passives Angebot zum Konsumieren im Internet. Zu den meistgesuchten Adressen gehören die sogenannten "Chat"-Runden, was auf Deutsch soviel wie "Plauderrunde" heißt. In diesen "Chats" unterhalten sich mehrere Personen via Computer gleichzeitig über ein Thema. Dabei können sich Bob aus New York, Kio aus Tokyo und Thomas aus Flensburg direkt miteinander über den Bildschirm verständigen. Neben weltbewegenden Themen wie Astrologie, UFO's oder Esoterik haben diese Runden oftmals ein ganz und gar sportliches Motto.

THOMAS BALTUTTIS

(c) 1996 Flensburger Tageblatt

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