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04.02.2004 Verein / Geschichte

Gestreift! 100 Jahre THW

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2004:

Am 4. Februar 1904 wurde der THW Kiel gegründet.
Am 4. Februar 1904 wurde der THW Kiel gegründet.

Rolle vorwärts, Rolle rückwärts, Strecksprung auf einer blauen Mattenbahn - so sieht der erste direkte Kontakt mit dem THW Kiel aus. KN-Sportredakteur Jens Kunkel erinnert sich an seine eigene Jugend in Kiels bekanntestem Verein, der am 4. Februar sein 100-jähriges Bestehen feiert.
Man schrieb das Jahr 1964 - ich war drei Jahre alt und ging zum Kleinkinderturnen in die Sporthalle der Albert-Schweitzer-Schule an der Rendsburger Landstraße. Keine Frage: Was ein richtiger Hasseer Jung' war, dem wurde der THW in die Wiege gelegt. Dass die drei Großbuchstaben für den Turnverein Hassee-Winterbek standen, wussten die Steppkes zwischen Vieburger Gehölz und Hasseer Bahnhof, bevor sie lesen und schreiben lernten. Der Verein war bereits zur Institution geworden - im Stadtteil, in Kiel,
Gründung: 4. Februar 1904 in der Gaststätte "Wilhelmshöh" (gegenüber der Waldwiese) als Turnverein Hassee-Winterbek
1910: Hassee wird nach Kiel eingemeindet
1910 bis 1919: Abteilung Hassee im Kieler TV
1919/1920: Neue Eigenständigkeit als THW
1928: Einweihung des Sportplatzes Wulfsbrook (heute Gelände der Edur-Pumpenfabrik)
1949: Einweihung des THW-Stadions am Krummbogen
Mitgliederzahl: 1600
Abteilungen: Turnen und Gymnastik (800), Handball, Leichtathletik, Tischtennis, Tennis, Badminton
Ehrenmitglieder: Hein "Daddel" Dahlinger, Hans-Georg "Gockel" Sievers, Günter Wriedt
Ausgliederung: eigenständige Handball-Bundesliga-GmbH seit 1992
in Deutschland. Dafür hatten die Handballer gesorgt. Fünf Meisterschalen holten Fritz Westheider, Hein Dahlinger und Co. an die Förde - zweimal auf dem Feld (1948 und 1950), dreimal in der Halle (1957, 1962 und 1963). Vor allem der erste Titel wurde zur Legende: Der 10:8-Sieg in Oberhausen gegen Waldhof Mannheim war Balsam auf geschundene Seelen in einer vom Krieg zerstörten Stadt, wie ein "Wunder von Bern" an der Förde.

Die Geburtsstunde des Vereins in der Landgemeinde Hassee, die noch nicht zu Kiel gehörte, schlug am 4. Februar 1904. Das geschah in der Gaststätte "Wilhelmshöhe" - gegenüber der Waldwiese. Der Tanzsaal diente als erster Übungsraum für die Turner. Bald darauf siedelten die THWer in die Ausspanndiele des späteren Vereinslokals "Unter den Linden" und die neue Schulsporthalle an der Rendsburger Landstraße um.

Wandern und Spiele ergänzten das Turn-Angebot, allein die Sommersportarten Faust- und Schlagball wurden nicht angenommen. Der Antrag auf Einführung des Fußballspiels wurde zum ersten und nicht zum letzten Mal abgelehnt. Schließlich brachten Vorstandsquerelen den jungen Verein (1910) in unruhiges Fahrwasser. Er überlebte als "Abteilung Hassee im Kieler TV", auch dank des KTV-Vorsitzenden Prof. Peters. Meine sportliche Krise ereilte mich in vergleichbar jungen Jahren wie den Verein. 1969 endete die Zeit als aktiver Turner abrupt. Meine Freizeit-, Spiel-, und Trallala-Vorstellungen ließen sich nicht mit den Leistungsansprüchen eines Übungsleiters vereinbaren, dessen Gewicht schmerzhaft ins Kreuz drückte, um aus meiner
Das Prestigeduell der Nachkriegszeit:  Hein Dahlinger (li.) wirft für den THW ein Tor gegen den Polizei SV Hamburg; außerdem in Schwarz und Weiß v.l.:  Herbert Podolske und Karl-Hein Rieckmann.
Klicken Sie zum Vergrößern! Das Prestigeduell der Nachkriegszeit: Hein Dahlinger (li.) wirft für den THW ein Tor gegen den Polizei SV Hamburg; außerdem in Schwarz und Weiß v.l.: Herbert Podolske und Karl-Hein Rieckmann.
Grätsche einen Spagat zu machen. Für mich war Handball angesagt. Den Turnern hat's nicht geschadet. Im Gegenteil: Gerade in dieser Zeit begann ein kontinuierlicher Aufschwung, der im Aufstieg der THW-Riege in die 2. Bundesliga unter Trainer Erwin Linke gipfelte. Das schmale Budget zwang die Turner vor gut zehn Jahren zum Rückzug: Das Kunstturnen wurde eingestellt, die Abteilung konsequent auf Breiten- und Gesundheitssport ausgerichtet.

Ein Jahrzehnt lang bot der KTV den Hasseern ein sportliches Zuhause, 1920 kam der THW wieder auf eigene Füße. Magnus Hermannsen führte 1923 das Handball-Spiel ein. Auf dem Sportplatz an der Eckernförder Chaussee kassierten die Hasseer am 28. Oktober, noch nicht als "Zebras", sondern in weiße Trikots und schwarze Hosen gewandet, eine 0:3-Niederlage gegen den KMTV. Der Beginn einer Erfolgsgeschichte, auch wenn zunächst ein geflickter Faustball als Sportgerät herhalten musste. In Kiel sprach man schon bald vom THW als Handballverein - was er übrigens nie gewesen ist. Rund die Hälfte aller 1600 Mitglieder tummeln sich gegenwärtig in der Turn- und Gymnastik-Abteilung.

Parallel zum Handball entwickelte sich die Leichtathletik zum Ende der "Goldenen Zwanziger" zur dritten Säule des Vereinslebens, das 1928 durch die Einweihung des Sportplatzes am Wulfsbrook weiteren Schwung erhielt. In diese Zeit fiel auch die Gründung einer Schwimm-Abteilung, die allerdings wegen der zunehmenden Verlandung der Badestelle am Russee ihren Betrieb noch vor dem
Ferien mit dem THW: Auch im Zeltlager in Wrohe am Westensee stand der Sport an erster Stelle.
Klicken Sie zum Vergrößern! Ferien mit dem THW: Auch im Zeltlager in Wrohe am Westensee stand der Sport an erster Stelle.
Kriegsausbruch 1939 wieder einstellen musste. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten konnte natürlich auch am THW nicht spurlos vorüber gehen. Die Jugendabteilung trat 1933 fast geschlossen zur Hitlerjugend über. Vor allem dem Einsatz von Fritz Westheider und Herbert Rohwer war es zu verdanken, dass die Mannschaften weiter auf hohem Niveau spielten und die Handball-Abteilung nach Ende des Krieges schnell wieder aufblühte. Auf der Suche nach einer neuen Heimat wurde man am Krummbogen fündig, wo 1949 ein neues Stadion eingeweiht werden konnte.

Der Meisterschaft von 1948 folgte 1950 eine weitere - in Kiel, im Holsteinstadion. Vor 25000 Zuschauern musste sich der "Erzrivale" Polizei SV Hamburg mit 9:10 beugen. Auch in der Halle fassten die "Zebras" schnell Fuß, drei Titel waren Beleg dafür. Die Tage des Feldhandballs waren gezählt, 1972/73 kam das Aus. Im Stadion wurde Platz frei: Die Geburtsstunde einer Tennis-Abteilung, in der sich zunächst - wie in vielen anderen Klubs auch - fast ausschließlich Mitglieder aus den anderen Sparten sammelten. Tennis war "in", was durch die Erfolge von Boris Becker und Steffi Graf noch verstärkt wurde. Tischtennis erweiterte schon 1949 die Angebotspalette - eine stets dem Breitensport verpflichtete Abteilung, die sich heute ähnlich der 1959 gegründeten Badminton-Sparte zunehmend mit dem Problem konfrontiert sieht, die Jugendlichen am Übergang in den Erwachsenenbereich bei der Stange zu halten. Das Federballspiel unter Wettkampfgesichtspunkten initiierte Kurt "Öcki" Ochs. Das Mitglied der Handball-Meisterteams hatte als Zivilangestellter bei den britischen Besatzungssoldaten ersten Kontakt zum Badminton. Als dominierende Figur der THW-Leichtathleten ist mir Obmann
Eine kalte Partie vor vollen Rängen: Im Februar 1949 wurde das Stadion am Krummbogen mit einem Spiel gegen Mühlheim eingeweiht.
Klicken Sie zum Vergrößern! Eine kalte Partie vor vollen Rängen: Im Februar 1949 wurde das Stadion am Krummbogen mit einem Spiel gegen Mühlheim eingeweiht.
Bruno Schacht im Gedächtnis geblieben. Sein stereotypes Kommando "Aufpassen, die Läufer kommen!" habe ich immer noch im Ohr, obwohl wir Handballer beim Waldlauf oder Kleinfeldtraining nur selten die Bahn seiner Schützlinge kreuzten. Die sechsfache Deutsche Meisterin Barbara Decker und der vierfache Vizemeister Wolfgang Delfs waren "Brunos" Aushängeschilder, später lag der Schwerpunkt auf erfolgreichen Mittelstrecklern aus der eigenen Jugend. In den letzten 20 Jahren haben die Senioren-Geher mit Regine Broders, Regina Meinlschmidt oder Dieter Zschiesche mit dem Gewinn von Welt- und Europameisterschaften in den Alterklassen Akzente gesetzt.

Derweil mussten die Handballer 30 Jahre lang auf eine Meisterschaft warten. Erst der Umbruch, die Ausgliederung der Profis in eine GmbH zum Ende der Bundesliga-Saison 1991/92, machte den Weg dafür frei. Einerseits wurde dem Stammverein das schwer kalkulierbare Finanzrisiko eines Wirtschaftsbetriebes genommen, andererseits schuf erst die GmbH die Freiräume für die Profis, die sie bis heute mit dem Gewinn von sieben deutschen Meisterschaften, drei DHB-Pokalen und zwei Europapokal-Trophäen zwischen 1994 und 2002 weidlich genutzt haben.

In der breiten Öffentlichkeit ist die Grenze zwischen dem "THW e.V." und der "THW-GmbH" wenig bekannt. Zu sehr dominiert die Marke THW. Eine Alternative zur GmbH gab es damals wie heute nicht. Intern ist die Kluft, die im November 1991 auf einer im Wortsinn "außerordentlichen" Mitgliederversammlung im Haus des Sports deutlich zu Tage trat, allerdings nie ganz geschlossen worden. Der Verein blickt ohne Profis auf 100 bewegte Jahre zurück - und wird auch die nächsten 100 Jahre in Bewegung bleiben. Ganz sicher.

(Von Jens Kunkel, aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2004)

Termine im Festjahr

  • 4. Februar: Zum Jubiläumstermin erscheint eine Festschrift, 160 Seiten, 3 Euro
  • 20. Februar: Geburtstagsempfang der Stadt
  • 14. Mai: Festkommers in der Sparkasse Kiel
  • 15. Mai: Festball im Casino der Stadtwerke
  • 4. - 6. Juni: Sportwochenende in und um die Helmut-Wriedt-Halle
  • 14. November: Kreisgymnastik-Schau in der Helmut-Wriedt-Halle


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