Eines ist doch klar. Mitleid, das ist lediglich legale Schadenfreude und deshalb dann auch
überhaupt nicht überraschen, dass sich plötzlich viele Zeitungen im Ton aller größter Besorgnis
zu den mageren Ergebnissen der Zebraausbeute in den letzten Wochen äußern. Selbst Blätter,
denen sonst der Handball nicht immer am Herzen liegt, melden sich zu Wort. Wie zum Beispiel die Berliner Zeitung.
"Trost spendet nur der Gartenzaun" heißt die Überschrift über einem Artikel, der sich ausführlich
mit den vergebenen Punkten der letzten Wochen befasst. Gartenzaun, damit meint die Zeitung das Internet,
in dem bei uns ja stets ausführlich zum THW Stellung genommen wird.
Überall Sorge um den THW registriert das Hauptstadtblatt und meldet, selbst die Flensburger Fans
würden am Kieler Schicksal Anteil nehmen und haben versprochen, dass der Titel in Schleswig-Holstein bleibt.
Ach, lasst stecken, Jungs. Bloß weil die Flensburger mehr Punkte haben, haben sie noch längst nicht mehr
Klasse. Nun, ich sorge mich auch um die Ergebnisse, nicht aber um die Mannschaft selbst.
Sie hat oft genug bewiesen, dass an ihre Substanz niemand in der Liga herankommt. Weder an die spielerische,
noch an die charakterliche. Warum der Motor gerade jetzt stottert und rumpelt... es läßt sich halt nicht alles im Leben berechnen.
Wenn das Dasein mit dem Rechenschieber geregelt werden könnte ... Ach, das wäre doch
schrecklich und langweilig. Vielleicht haben viele auch zuviel erwartet und auf den gewohnten Erfolg vertraut.
Wie schrieb einmal eine englische Finanzzeitschrift: "Vertrauen: jenes köstliche Gefühl der Sicherheit, ehe man
von einer Leiter fällt." Manchmal greift man nach den großen Zielen und die kleinen Stolpersteine
übersieht man. Welches Potential die Mannschaft hat, zeigte sie ja gerade in eigener Halle
in der Champions League. Mir ist einfach nicht bange, solange ich die Mannschaft kämpfen
und dagegenhalten sehe. Verlassen ist doch nur, wer sich selber verläßt.
Das wusste Shakespeare und das wissen wir Fans. Also ich ärgere mich über vertane
Chancen, aber verdamme doch niemand. Vielleicht ist es einfach dran, dieses magere Jahr,
nach den sieben fetten, in denen Pokale zuhauf gesammelt wurden. Und Niederlagen...
Na ja, sie sind vielleicht letztlich auch nur die Ratenzahlung für den Erfolg.
Aber was heißt das schon: mageres Jahr... noch soviel ist möglich, die Champions League ist die
Krone im Wettkampf der europäischen Vereine. Und es ist immer noch möglich, dass der THW sie sich
auf das schwarz-weiße Haupt setzt. Also auf und nicht verzagen, wie heißt es so schön:
"Hebe deine Augen auf, und du wirst die Sterne sehen."
Nun, ich gucke von Spiel zu Spiel, werde mich freuen und sicherlich auch ärgern.
Mag sein, dieses Jahr wird es nix mit dem Meistertitel, mag sein... dann können wir ausatmen und vielleicht trotzdem
feiern. Ich will jedenfalls keine andere Mannschaft anfeuern als die, die in der Ostseehalle für
uns die Knochen hinhält. Ich will sie so, wie sie ist, auch wenn sich da mal ein Fehler einschleicht.
Wie singt Udo Jürgens, selbst oft bejubelt in der Ostseehalle zu Gast: "Und immer wieder geht die Sonne auf." Genau.