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06.03.2004 Interview

Der lange Anlauf - Martin Boquist im großen Zebra-Interview

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Martin Boquist.
Klicken Sie für weitere Infos! Martin Boquist.

Martin Boquist spricht im großen ZEBRA-Interview über seinen ersten Monate im Trikot des THW Kiel und sein besonderes Verhältnis zum TBV Lemgo.
Zebra:
Martin, seit gut acht Monaten ist Kiel Dein neues Zuhause. Wie wohl fühlst Du Dich hier inzwischen?
Martin Boquist:
Ich bin sehr zufrieden. Der Verein, das Umfeld und unser Haus in Meldsdorf sind perfekt. Meine Freundin Jenny und ich freuen uns wirklich hier zu sein. Nur das Wetter im letzten Monat hätte besser sein können...
Zebra:
Hatte man Dir das in Deinem Vertrag etwa zugesichert?
Martin Boquist:
Nein (lacht)! Aber schließlich sind wir in den Süden gezogen... In Göteborg ist das Wetter ähnlich. Von daher wussten wir schon, was uns in Kiel erwartet.
Zebra:
Wie fällt Dein erstes sportliches Zwischenfazit aus?
Martin Boquist:
Mit meinem Spiel bin ich in den ersten Monaten noch nicht zufrieden. Ich habe jedoch das Gefühl, es wird langsam besser. In Göteborg war ich es gewöhnt, sehr große Spielanteile zu bekommen, die ich hier noch nicht habe. Die muss ich mir erst noch erarbeiten.
Zebra:
In Göteborg hattest Du zunächst auch eine lange Anlaufphase benötigt, ehe Du richtig gut in Fahrt kamst. Läuft es in Kiel nun ähnlich?
Martin Boquist:
Ich hoffe, es geht jetzt ein bisschen schneller. Als ich vom meinem Mutterverein Varta zu Redbergslid kam, brauchte ich rund eineinhalb Jahre, um richtig Fuß zu fassen. Meine Eingewöhnungsphase scheint immer etwas länger zu sein. Ich denke jedenfalls viel über meine Situation nach.
Zebra:
Warum, glaubst Du, lässt Dein Durchbruch in Kiel noch auf sich warten?
Martin Boquist:
Ich weiß es nicht genau. Für mich ist es wichtig, meine Position in der neuen Umgebung zu finden. Noch schwankt mein Spiel, es geht hoch und runter und die Konstanz fehlt ganz einfach - ich suche noch. Ich kenne meine Aufgabe zwar, aber ich muss erst noch in sie hineinwachsen. Das dauert immer etwas länger bei mir.
Zebra:
Worin siehst Du Deine Aufgabe?
Martin Boquist:
Im möchte am liebsten natürlich das gesamte Spiel durchspielen. Ich werde allerdings wohl nie mehr zehn Tore pro Spiel werfen, denn das ist in der Bundesliga nicht mehr so einfach wie in Schweden. Ich wünsche mir, dass ich bald zu meinem Spiel finde und mit einer guten Wurf-Quote auf konstant hohem Niveau spiele.
Zebra:
Apropos Tor-Quote: Auffällig vor und während der zurückliegenden Europameisterschaft war, dass Du in der schwedischen Nationalmannschaft einer der Haupttorschützen warst. Worin liegt der Unterschied zum THW Kiel begründet?
Martin Boquist:
In der Nationalmannschaft sind meine Spielanteile einfach höher als im Verein und dadurch habe ich natürlich auch einfach mehr Zeit, Tore zu erzielen. Dort habe ich meine Position in den letzten Jahren bereits gefunden, wir sind eingespielt. In der EM-Vorbereitung und zu Anfang des Turniers war ich dann auch ganz zufrieden mit meiner Leistung, danach wurde es leider schlechter. Doch insgesamt war ich froh über die lange Einsatzzeit, das gibt Auftrieb.
Zebra:
Allgemein giltst Du als ein sehr nachdenklicher Typ. Hattest Du jemals Zweifel an der Richtigkeit Deines Wechsel ins Ausland?
Martin Boquist:
Nein. Ich denke zwar sehr viel, weiß aber nicht, ob ich immer richtig denke. Aber ich hatte niemals Zweifel daran, dass die Entscheidung, zum THW Kiel zu gehen, die richtige ist. In Schweden gab es für mich nach drei Meisterschaften mit Redbergslid nicht mehr viel zu tun. Jetzt will ich mich sowohl in der Nationalmannschaft als natürlich in erster Linie auch mit dem THW Kiel weiterentwickeln. In Schweden konnte ich deswegen einfach nicht bleiben.
Zebra:
Brachte der Wechsel dennoch Überraschungen mit sich?
Martin Boquist:
Es ist ein bisschen schwerer, als ich es erwartet habe. Die Konkurrenz ist wesentlich härter, aber das ist eigentlich ganz positiv, auch wenn ich es vorher nicht gewöhnt war. Es hat seine guten und schlechten Seiten. Aber wie schon gesagt, bislang tat ich mich noch sehr schwer, jetzt wird es langsam besser.
Zebra:
Ist die neue Mannschaft denn so, wie Du sie Dir vorgestellt hattest?
Martin Boquist:
Die Mannschaft ist super und die Stimmung klasse! Man hätte vorher denken können, im Profi-Handball würde jetzt nicht mehr viel Platz für echte Freundschaften bleiben, doch dem ist nicht so. Wir sind wirkliche Freunde und haben sehr viel Spaß zusammen. Die gegenseitige Unterstützung auch außerhalb des Spielfeldes ist enorm. Aber das brauchen wir auch, um ganz vorn dabei zu sein. Wenn nach so vielen Spielen einige Spieler wirklich müde sind, dann hilft es die Mannschaft hinter sich zu wissen.
Zebra:
Heute geht es gegen den TBV Lemgo, eine Mannschaft, an die Du selbst allerbeste Erinnerungen haben musst. Mit 24 Toren in zwei Partien hattest Du maßgeblich Anteil daran, dass Redbergslid den TBV im vergangenen Jahr im Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger besiegte.
Martin Boquist:
Die beiden Spiele mit RIK gegen Lemgo waren unglaublich gut. Nicht nur ich habe alles getroffen, auch die anderen Mitspieler waren unglaublich. Vielleicht werde ich es nie wieder so erleben, dass wirklich alle Spieler einer Mannschaft in zwei solchen Spielen so über sich hinauswachsen. Ich weiß allerdings, dass Spiele gegen den TBV Lemgo ganz anders ausgehen können. Daran darf man nicht vorbeisehen.
Zebra:
Hast Du damals lange von diesem Erlebnis gezehrt?
Martin Boquist:
Das hat uns alle natürlich unheimlich nach vorn gepusht. Die sich sofort anschließenden Endspiele um die schwedische Meisterschaft gegen Drott Halmstadt liefen fast von allein. Diese beide Spiele gegen Lemgo gehören zweifelsohne zu den Highlights meiner bisherigen Karriere.
Zebra:
Macht es das heutige Spiel deswegen auch zu etwas besonderem?
Martin Boquist:
Nein, das kann ich nicht sagen. Aber wenn es gegen Lemgo geht, ist das jeweilige Spiel immer sehr wichtig. Wenn wir heute gewinnen, wissen wir, es sieht gut aus. Deutscher Meister zu werden, wird sehr schwer werden, aber noch ist es möglich. dafür dürfen wir allerdings kein Heimspiel mehr verlieren. Immerhin müssen wir auswärts auch noch in Hamburg und Flensburg antreten.
Zebra:
Vor der Saison war immer von "Umbruch" und dem "neuen THW" die Rede, der Zeit brauche, um sich zu finden. Hättest Du selbst daran gedacht, zu diesem Zeitpunkt der Saison so erfolgreich dazustehen?
Martin Boquist:
Ich habe selbst keine eigenen Erfahrungen, wie es normalerweise beim THW Kiel läuft. Die Tabelle könnte schlechter sein, aber auch besser. Wir wollen mindestens Dritter werden und zurück in die Champions League kommen. Noch haben wir in allen drei Wettbewerben gute Chancen, am Ende vielleicht einen Titel zu gewinnen.
Zebra:
Steigt der Druck mit einer ausverkauften Ostseehalle im Rücken?
Martin Boquist:
Der Druck wird automatisch größer, aber damit habe ich keine Probleme. Den größten Druck mache ich mir selbst. Wenn es gut geht, bekommt man in der Ostseehalle aber auch ein Vielfaches zurück.
Zebra:
Was bedeutet für Dich inzwischen ....die Ostseehalle?
Martin Boquist:
Immer volles Haus. Und jede zweite Woche bei den Heimspielen fühlst Du Dich wie ein Fußball-Star. Alles wir höher und auch tiefer. Wenn man in Göteborg schlecht spielt, sehen das vielleicht 1000 Zuschauer, hier sind es 10000. Und dann tut es natürlich auch ein bisschen mehr weh.
Zebra:
...die Bundesliga?
Martin Boquist:
Ich wusste vorher nicht, dass die Bundesliga mit so vielen Reisen verbunden ist. Bei Auswärtsspielen sind wir fast immer zwei Tage unterwegs, das kostet Kraft. Man kann fast jedes Spiel verlieren, denn in allen Mannschaften gibt es gute Spieler. Deswegen muss man immer konzentriert und voll dabei sein.
Zebra:
... der THW Kiel?
Martin Boquist:
Es geht sehr viel ums Gewinnen. Das ist das Einzige, was zählt. Die Heimspiele zu gewinnen, ist eh Pflicht. Schließlich haben wir immer volles Haus.
Zebra:
... Martin Boquist?
Martin Boquist:
Er ist hoffentlich gemeinsam mit dem THW Kiel auf dem Weg nach oben.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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