Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
3500 Kilometer Anreise, viereinhalb Stunden Flugzeit, gefangen in einer
russischen Tupolew 154. Für
Adrian Wagner hätte das Halbfinalspiel im fernen
Astrachan unweit der Grenze zu Kasachstan zum Höllentrip werden können. "Das
ist der Negativpunkt meiner Karriere, meinte der unter Flugangst leidende Neu-Kieler
vor dem Abheben. Überraschung nach der Rückkehr. "Das waren die besten
Flüge, die ich je erlebt habe", sagt
Adrian Wagner heute.
Seit der Auslosung hatte sich
Wagner endlos Gedanken über die Reise in den
Südwesten Russlands gemacht, sich über die Flugsicherheit informiert,
Internetrecherche betrieben. "Über den russischen Flugverkehr hat man schon so
viele schlechte Dinge gehört", berichtet der 25-jährige von seinen
"Vorbereitungen". "Doch die Tatsachenberichte zur Tupolew 154 hörten sich
allesamt gar nicht so schlecht an." Trotzdem hatte
Wagner genug Zeit, "um sich
negativ reinzusteigern." Seit er beim THW Kiel spielt, ist es Gang und Gebe,
mit dem Flugzeug zu reisen. "Es ging auch von Mal zu Mal besser", sagt der
Nationalspieler, der bereits Seminare gegen Flugangst besuchte. "Allerdings ist
der Flug nach Astrachan nach langer Zeit wieder der Erste gewesen und daher ein
Besonderer."
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Geschafft. Adrian Wagner (Mitte) steigt nach viereinhalb Stunden
erleichtert aus dem Flieger, der sicher in Astrachan gelandet ist.
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Wolfram Kolossa |
Kurz vor dem Abflug erreichte die Angst ihr Maximum. "Beim Einstieg roch es stark nach Benzin, da ging gar
nichts mehr", erinnert sich
Wagner. Mannschaftsarzt
Dr. Detlev Brandecker
und Physiotherapeut
Björn Rother
leisteten ganze Beruhigungsarbeit. "Vier Stunden - ich dachte, das schaff ich nicht! Doch die beiden
hatten
mich sehr gut im Griff." Nachdem mit dem Start das Schlimmste überstanden war, ging es von Minute zu Minute
besser. Das Flugzeug blieb oben. "Ich schaute die ganze Zeit aus dem Fenster und passte auf, dass nicht
passiert", muss Wagner selbst fast lachen. "Ich konnte mich sogar ein bisschen entspannen." Angeschnallt
blieb er trotzdem.
Den Gurt löste er erst auf dem Rückflug. "Da war es so, wie es wohl eigentlich
sein sollte", erzählt Wagner erleichtert. "Ich bin
aufgestanden, habe mich unterhalten, DVD geschaut, Musik gehört und gespielt." Die Ablenkung nahm ihm
wenigstens vorübergehend die Angst. "Das war ein großer Schritt nach vorn. Die Reise hat mir in allen
Belange sehr viel gebracht", so ein erleichterter Wagner.
Seine wichtigste Erkenntnis: "Wenn die Tupolew
nicht abstürzt, sind wir schon mal ein ganzes Stück weiter."
Das Abenteuer Russland ist überstanden. Jetzt kann der Flug zum Finale gebucht werden.
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)