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07.04.2004 Karlchen

Karlchen: Verrückt, oder?

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

"Aus manchen schwierigen Lebenslagen kann man sich nur mit ein wenig Tollheit retten", meinte einst ein Zeitgenosse von Cyrano de Bergerac, dem mutigen französischen Musketier, dem seine lange Nase die Einsicht verwehrte, dass in der Liebe nicht alles an Schönheit gemessen wird. Im Kampf aber war er der mutigste Mann, den man sich denken kann. Er fightete wie ein Irrsinniger und machte mit dem Degen 100 Gegnern den Garaus. Im Kampf hat de Bergerac die Vernunft fahren lassen, war schließlich nur noch gelebte Aktion. Für seine Gegner war er sicher irgendwie verrückt, war sein Mut vielleicht sogar nur ein Mangel an Phantasie. Er selbst mag gedacht haben, was ein berühmter Philosoph einmal so formulierte: "Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit."
Irgendwie muß ich immer an diesen Satz denken, wenn ich unseren Henning auf der Platte stehen sehe. Ich kenne ihn als freundlichen Gesprächspartner, launigen Kumpel und vorzüglichen Familienmenschen ... aber beim Spiel ist er dann plötzlich ein Zerberus, ein Höllenhund, der bissig sein Tor gegen den Gegner verteidigt, ein Irrwisch, der wirbelt, flucht und aus der Haut fährt. Ein Torwart für den jedes Gegentor eine persönliche Beleidigung ist. Vielleicht muß vor allem der Torwart zu den "Verrückten" auf dem Parkett gehören, beim Fußball sagt man ja, Torwart und Linksaußen sind die Verrückten auf dem Feld. Gilt das eigentlich allgemein beim Handball für alle Linkshänder? Nun, wer Johan und Christian Zeitz so beobachtet, mag diesem Spruch tatsächlich etwas abgewinnen. Und das natürlich im positiven Sinn. Verrückt bedeutet ja auch unvorhergesehen, überraschend, nicht erwartet. Kein Wunder, dass in der Nationalmannschaft Christian häufig eingewechselt wird, wenn die vorbereiteten Schachzüge nichts helfen. So ganz nach dem Spruch von George Bernard Shaw: "Was wir brauchen sind ein paar verrückte Leute. Seht euch an, wo uns die vernünftigen hingebracht haben!" Und dann gibt es Spielzüge, Würfe und Tore, von denen wir vorher dachten, so wären die gar nicht möglich. Aber diejenigen, die uns wahrscheinlich am verrücktesten vorkommen sind doch die Torhüter. Es ist schon wahnsinnig, wenn sich Henning und Mattias den gegnerischen Spielern entgegenwerfen, wie einst die Spartaner den Persern an den Thermopylen, vielleicht nur vergleichbar mit dem ersten Besuch bei der Schwiegermutter. Das dabei die Lederkugel eine Geschwindigkeit von 120 Kilometer erreicht, eine Randnotiz, die uns Zuschauern erschaudern lässt. Ich zucke jedes `mal zusammen, wenn ein Ball den Pfosten mit dem Geräusch zweier aufeinander krachender Kleinwagen trifft ... und da ist dann normalerweise die Hand des Torhüters - oje.

Aber keine Angst, die Verrückten sind auf keinen Fall allein. Wie sagt Heine: "Keiner ist so verrückt, dass er nicht einen noch Verrückteren fände, der ihn versteht." Und Woche für Woche finden Mattias und Henning sie ... in der Ostseehalle wo die Wahnsinns-Kapriolen der Beiden, uns schwarz-weißen Fans irrsinnig gut gefällt.

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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