13.09.2004 | Mannschaft |
Die beste Liga der Welt boomt, die Sportart rückt noch weiter in den Vordergrund. Platz zwei hinter König Fußball hat der Handball im zurückliegenden Jahr wieder eindrucksvoll zementiert, Einschaltquoten im Fernsehen belegen es. Über neun Millionen wollten Heiner Brands Europameister im Finale gegen Slowenien sehen, und die höchsten Einschaltquoten von Athen gehörten ebenfalls der deutschen Nationalmannschaft. An die zehn Millionen hatten beim Viertelfinal-Krimi gegen Spanien zugeschaltet. Von diesem Zuspruch dürften sogar die TV-Macher überrascht sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Bundesliga-Handball zumeist "nur" über Spartenkanäle oder Dritte Programme zu den Konsumenten gelangt? Ein Umdenken bei den Programmgestaltern erscheint dringend notwendig. Ihre Bereitschaft zu einer besseren Zusammenarbeit haben die Liga-Verantwortlichen deutlich signalisiert.
Doch zurück zur Bundesliga. Die Vorarbeiten für die Hausse auf den Bildschirmen bei Großturnieren leisteten nämlich die Vereine der Eliteklasse. Langeweile findet kein Plüschsofa in den Hallen. Hier messen sich die Besten der Welt, das Spiel wird schneller und schneller, Torfluten brechen immer neue Rekorde.
Das Handball-Magazin, die monatlich erscheinende Hochglanz-Broschüre der Sportart, befeuerte diese Tendenz mit statistischen Daten. Nie, so weist eine Bilanz aus, spülte der Handball-Alltagsbetrieb mehr Spieler in die Kategorie Weltklasse als in der Saison 2003/04. 15 Akteure wurden von einer Jury aus Fachjournalisten und Trainern mit diesem Prädikat geadelt, darunter mit Henning Fritz und Stefan Lövgren auch zwei THW-Spieler.
Die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland macht um den Handball einen großen Bogen, die Saisonetats wurden erneut gesteigert, und die Wünsche auf dem Einkaufszettel in die Tat umgesetzt. Das Ergebnis: viele neue Gesichter, Klasse statt Masse. Hier eine kleine Auswahl: Wjatscheslaw Lochman zum Beispiel, ein kaum zu bremsender Rückraum-Shooter aus dem ukrainischen Saporoschje. Großwallstadt freut sich auf den Neuen. Auch Magdeburgs Wurfkraft bekommt einen gehörigen Schub. Karol Bielecki (Kielce/Polen) und Renato Vugrinec (Celje/Slowenien) werden die Bundesliga bereichern. Wie auch diverse Bundesliga-Rückkehrer: Glenn Solberg (Flensburg) und Frode Hagen (Kiel) kehrten dem FC Barcelona den Rücken, Patrekur Johannesson schließt sich, aus dem spanischen Irun kommend, GWD Minden an.
Steigende Zahlen vermeldeten die Schatzmeister schon in der abgelaufenen Saison bei den Zuschauereinnahmen, und es soll weiter nach oben gehen. 2003/2004 schauten insgesamt 1,2 Millionen Menschen bei 306 Spielen zu. Das macht einen Durchschnitt von rund 4000. Krösus dieser Zählung war wiederum der THW mit 10 250 in der permanent ausverkauften Ostseehalle, der HSV (7498), Gummersbach (6916) und Magdeburg (6594) landeten mit Abstand auf den Plätzen. Die Zahlen belegen, dass der Arena-Zeitgeist mit Glanz und Gigantismus auch den Handball erfasst hat. Hamburg (Color Line Arena), Gummersbach (Kölnarena), oder Magdeburg (Bördelandhalle) setzten neue Maßstäbe. Aufbruchstimmung herrscht für die kommende Spielzeit bei GWD Minden (nach Hannover), auch die HSG Wetzlar bezieht eine nagelneue Halle mit einem Fassungsvermögen für 5000 Menschen, Lemgo rüstet die Lipperland-halle von 3500 auf über 5000 Plätze auf, und Wallau wagt einen neuen Versuch mit der Festspielhalle Frankfurt. Manager Thorsten Storm vermeldet einen neuen Dauerkartenrekord bei Meister SG Flensburg-Handewitt. Die Zahl der Abonnenten wurde von 3500 auf 5500 Fans gesteigert.
Doch alle Rekorde werden schon am Sonntag beim Auftaktspiel zwischen Lemgo und THW gebrochen. Das Wagnis mit dem Handball-Klassiker in die Arena AufSchalke zu gehen, hat sich für TBV-Manager Fynn Holpert bereits vor dem Anpfiff gelohnt. Über 30000 Karten gingen im Vorverkauf weg, der alte Weltrekord aus der Kölnarena vom Spiel Gummersbach gegen Magdeburg (19154) wurde pulverisiert. Wenn das kein Start nach Maß ist.
(Aus dem Zebra-Journal der Kieler Nachrichten vom 10.09.2004)
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