Aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005
Kiel - Die Dauerkartenkunden vom Handball-Bundesligisten
THW Kiel kennen das Procedere: Wenn die letzte Heimspiel-Karte
aus dem Faltblock abgerissen ist, taucht das begehrteste
Kieler "Wertpapier" auf, nämlich der Berechtigungsschein
zum Erwerb der Dauerkarte für die folgende Saison:
das Stammblatt. Ab 30. Mai, dem Tag nach dem Saisonabschlussspiel
in Düsseldorf, gelangen die Einlasskarten für die Spielzeit
2005/2006 am Ticketcenter der Ostseehalle in den Umlauf.
Der Verkauf für Dauerkarteninhaber geht über drei Wochen,
bleibt ein entsprechend hohes Kontingent liegen, gehen
die Restkarten in den freien Verkauf. Allerdings wird die
Freude auf die neuen Tickets getrübt: Drei Jahre nach der
letzten Anhebung erhöht der THW wieder die Preise.
Im Durchschnitt errechnen sich 7,64 Prozent Erhöhung,
die in den einzelnen Kategorien unterschiedlich ausfällt.
Der erste Rang wird mit 9,28 Prozent am meisten zur Kasse
gebeten. In Zahlen ausgedrückt steigen die Preise von 485 Euro
aus dem Jahr 2004 auf aktuelle 530. Der zweite Rang
(bisher 425 Euro) muss 35 Euro oder 8,24 Prozent drauflegen.
Günstiger kommen die billigeren Plätze davon. Die sechste
Kategorie steigt beispielsweise um 5,6 Prozent und
15 Euro auf 280 Euro.
Als Gründe nennt Manager Uwe Schwenker zum
einen die Kosten für den personellen Umbruch im Team, außerdem
die gestiegene Miete für die Ostseehalle. Den Saisonetat
finanzieren die Zebras fifty-fifty aus Marketing- sowie
den Zuschauereinnahmen. In beiden Bereichen, so
Schwenker, habe der THW zulegen müssen, um
konkurrenzfähig zu bleiben.
(von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005)
Aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005:
"Entsprechender Gegenwert"
Mit THW-Manager Uwe Schwenker sprach Reimer Plöhn
- Kieler Nachrichten:
-
Herr Schwenker, im Durchschnitt erhöht der THW die
Dauerkartenpreise für die kommende Saison um 7,6 Prozent.
Das gibt Ärger mit der Kundschaft, oder?
- Uwe Schwenker:
-
Preiserhöhungen sind immer problematisch. Diese ist unter
dem Aspekt zu betrachten, dass wir drei Jahre lang nichts
gemacht haben. So kommt man pro Jahr "nur" auf rund 2,5 Prozent.
Ich weiß, dass es immer noch viel Geld ist. Aber die Kosten
sind enorm gestiegen, um wettbewerbsfähig zu bleiben,
mussten wir erhöhen.
- Kieler Nachrichten:
-
Welche Kosten sind gestiegen?
- Uwe Schwenker:
-
Wir haben erhebliche Investitionen für unseren Kader
getätigt. Unsere vier feststehenden Neuzugänge
haben wir nur über hohe Ablösezahlungen aus ihren
Verträgen herausbekommen. Das war eine Investition in
die Zukunft der Mannschaft. Diese war unbedingt notwendig.
Wir wollen ein Team mit Perspektive, und das haben
wir jetzt. Die Konkurrenz spricht davon, dass wir
die drei wertvollsten Rohdiamanten auf dem Spielermarkt
verpflichtet haben. Ein zweiter Faktor sind die erhöhten
Betriebskosten für die Ostseehalle. Dadurch wird die
Miete deutlich höher.
- Kieler Nachrichten:
-
Die Preiserhöhungen sind nicht linear. Der erste Rang wird
um 9,2 Prozent erhöht, andere Kategorien nur um drei. Warum?
- Uwe Schwenker:
-
Wir haben uns immer bemüht, bei Preiserhöhungen eine
soziale Komponente einzubringen. Dabei wissen wir natürlich
auch, dass es Härten geben kann. Die nehmen wir in Kauf.
- Kieler Nachrichten:
-
Mit den Dauerkartenpreisen liegen Sie in der Bundesliga auf Platz eins.
- Uwe Schwenker:
-
Das ist richtig. Aber nur für Dauerkarten, im Einzelpreis ist
das nicht so. Wir stehen dazu, weil wir einen entsprechenden
Gegenwert bieten.
(Das Gespräch führte Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005)
Aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005:
Kommentar von Reimer Plöhn zur Preiserhöhung beim THW
Ohne Moos nix los
Handball ist ein starkes Stück Kiel. Die Profis vom THW
haben ihre Stadt mit Titeln und Triumphen weit über die
Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht. Zehn deutsche
Meisterschaften, dazu unzählige andere Siege.
Parallel zu diesen Erfolgen ist auch der Publikumsanspruch
gewachsen. Es darf gerne Weltklasse sein.
Der THW erhöht die Preise. 7,64 Prozent im Durchschnitt
ist viel Geld und trifft manchen Haushalt, der gleich
mehrere Fans in die Ostseehalle schickt, heftig. Es wird
Kritik hageln. Darauf muss sich der THW einstellen.
Doch die Verantwortlichen haben keine andere Wahl.
Handball hat sich in den letzten Jahren strukturell
verändert. Die Spitze ist näher zusammengerückt und
sieht sich im Wettbewerb um die weltbesten Spieler
in zunehmend harter Konkurrenz. Köln, Magdeburg,
Hamburg oder aufstrebende Sportstätten in Mannheim
und Leipzig: Die einst in der Provinz verwurzelte
Sportart zieht um in die Städte, hin zum großen Geld.
Das merkt auch der THW. Hatten die Zebras früher einen
Spieler im Fokus, bekamen sie ihren Wunschkandidaten.
Heute muss Uwe Schwenker mitfeilschen.
Noch hat Kiels Manager gute Argumente: Eine Weltklasse-Mannschaft,
einen weltweit hoch angesehen Trainer und die
dazugehörigen Erfolge. Damit das so bleibt, bastelten
die Zebras ein neues Erfolgsteam zusammen. Das ging
über gute Kontakte, aber auch viel Geld. "Ohne Moos
nix los", sagte einmal Reiner Calmund, der Ex-Manager
des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen. Gleiches
gilt für den Handball und Kiel. Die Alternative hieße
Mittelmaß. Kiel wäre dann um Vieles ärmer.
(Von Reimer Plöhn, aus den Kieler Nachrichten vom 14.05.2005)