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06.08.2005 Regeln

Kieler Nachrichten: Abfpiff: Auch ohne Kult-Binde mehr Handball wagen

Aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2005:

Helsingör im Jahre 1898. Gut möglich, dass "Haandbold" damals von Schülern erfunden wurde, die vor der Turnstunde nicht mehr Fußball spielen durften - die Lehrer sorgten sich um die Fensterscheiben rund um den Schulhof. Also spielten die dänischen Knaben den Ball mit der Hand. Seitdem hat dieser Sport vieles erund überlebt. Das "uneingeschränkte Laufen mit dem Ball in der Hand" wurde abgeschafft. Wer dem Gegner denselben entriss, beging künftig ein Foul. Dagegen fallen die Folgen der neuen, seit dem 1. August geltenden Regeln sicher bescheiden aus.
Handball wird nicht von den Bildschirmen verschwinden, weil es jetzt Einstatt Freiwurf gibt, wenn der Ball die Decke berührt. Oder weil die Torhüter einer Mannschaft sich auf die gleichen Farben für ihren Arbeitsanzug einigen sollen.

Schade sicherlich, dass bei einem Freiwurf am Ende einer Halbzeit künftig ein Einzelner versuchen muss, eine ganze Mauer zu überwinden. Das Knäuel aus Händen und Köpfen, das irgendwann überraschend den Ball ausspuckte, hatte hohen Unterhaltungswert. Wahrscheinlich hat die SG Flensburg an diesem Paragraphen gefeilt, flog sie jüngst gegen Montpellier doch wegen eines solch kuriosen Tores aus der Champions League.

Gar Lob gab es dafür, dass es nun dem Schlussmann überlassen wird, an welcher Stelle seines Torraums er den Ball abwirft. Vorbei die Zeiten, als er zentimetergenau dort stehen musste, wo der Gegner zuvor regelwidrig mit dem Ball den Kreis betrat. "Da wurden wir immer ausgepfiffen, weil wir kleinlich wirkten", weiß DHB-Schiedsrichter Bernd Ullrich. Über mehr Selbstbestimmung in seinem Reich freut sich auch Henning Fritz, Torhüter des THW Kiel. "Dadurch wird das Spiel schneller, das ist gut so."

Weniger Unterbrechungen, mehr Handball. Diese Schablone passt bei der neuen Siebenmeter-Regelung schon nicht mehr. Wurde zuvor beim Strafwurf stets die Uhr angehalten, soll nun der Schiedsrichter über ein "Time-out" befinden. Die Folge: Wurden sie früher beim Abwurf ausgepfiffen, werden sie es jetzt beim Siebenmeter. "Die alte Regel war besser", meint Ullrich, der sich vorstellen kann, seinen Spielraum so auszulegen, dass er nichts ändert.

Wie weit die Regelforscher des Weltverbandes (IHF) von den Aktiven entfernt sind, macht spätestens der Umgang mit dem Spielführer deutlich. Bereits vor vier Jahren wurde ihm das Recht genommen, mit Schiedsrichter und Kampfgericht zu diskutieren. Nun soll auch die Seitenwahl von einem "Offiziellen" durchgeführt werden. Ohne Funktion, so die Erläuterung, entfalle künftig die "lästige Kenntlichmachung durch Tape oder Armbinde". Aktive wie Welthandballer Fritz schütteln darüber nur mit dem Kopf. "Das ist Kult. Es ist grober Unfug, die Binde abzuschaffen."

Torge Greve, seit vier Jahren Spielführer des Zweitligisten TSV Altenholz, will seine Binde trotzdem tragen. Ausdrücklich verboten wird es schließlich nicht. "Wenn der Schiedsrichter mal Ärger mit dem Trainer hat, ist er auch froh, wenn er weiß, an wen er sich wenden kann", meint der 30-Jährige. "Wir lassen alles so, wie es ist." Manchmal ist das bei neuen Regeln besser so - das gilt auch für den Handball.

(von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 06.08.2005)


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