Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Willi Holdorf gehört künftig dem HBL-Aufsichtsrat an. Der Zehnkampf-Olympiasieger
von 1964 soll in Fragen der Vermarktung und Kommunikation tätig werden. "Die
Handball-Bundesliga ist erfolgreich und hat enormes Potenzial. Gerade vor der
Handball-WM 2007 im eigenen Land gibt es jede Menge zu tun, damit weiter Fahrt
aufgenommen werden kann", erklärte der 65-Jährige, der hauptberuflich noch bis
2008 Repräsentant des Sportartikel-Konzerns "adidas" ist.
Er will sich für die
Liga in Fragen der Gesamtvermarktung mit Ideen und Kontakten zur Wirtschaft
einbringen. Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL): "Wir
sind sehr froh, mit Herrn Holdorf einen echten Sport-Insider für die Liga gewonnen
zu haben."
Holdorf begrüßt, dass der THW als führende deutsche Handballkraft nach dem Rückzug
von Manager Uwe Schwenker erneut an Entscheidungsprozessen
der HBL beteiligt sein wird. "Ich hatte Uwe Schwenker
geraten, sein Engagement bei der Liga einzuschränken. Wir brauchen seine ganze Kraft
für den THW", sagt Holdorf.
Der aus insgesamt acht Mitgliedern bestehende Aufsichtsrat, unter anderem besetzt
mit dem Vorstandsvorsitzenden der CC-Bank, Karl-Matthäus Schmidt und Peter Hoenisch,
Kommunikationsberater und ehemals Director Kommunikation und Marketing bei RTL,
ist drei Jahre im Amt.
So lautete die offizielle Presse-Mitteilung der HBL. Die "Zebra-Redaktion" führte
daraufhin ein Interview mit THW-Gesellschafter Willi Holdorf, um mehr über seine
künftige Tätigkeit bei der HBL sowie die Beweggründe für sein dortiges Engagement zu
erfahren.
- Zebra:
-
Herr Holdorf, den meisten Menschen sind Sie als Zehnkampf-Olympiasieger bekannt. Wie
ist eigentlich Ihre Bindung zum Handballsport entstanden? Wie oder was zog Sie
schließlich zum THW Kiel?
- Willi Holdorf:
-
Ich habe früher selbst Handball beim MTV Herzhorn gespielt und zudem war ich auch
als Fußballer in Glückstadt aktiv. Mit 18 Jahren bin ich erst zur Leichtathletik
gekommen, woraufhin ich mit den Ballsportarten aufgehört habe. 1977 bin ich nach
meinem sport- und berufsbedingten Wohnortwechsel nach Schleswig-Holstein, dann
allerdings in die Landeshauptstadt Kiel, zurückgekehrt. Und hier in Kiel muss man
doch automatisch zum Handball in die Ostseehalle gehen.
- Zebra:
-
Wie sind Sie in den Aufsichtsrat der HBL gekommen? Wie entstehen solche Kontakte?
Wie oder wodurch wird man Mitglied im HBL-Aufsichtsrat?
- Willi Holdorf:
-
Ich bin bei jedem THW-Spiel dabei. Als die GmbH gegründet und die Bundesliga-Mannschaft
des THW aus dem Verein ausgegliedert wurde, hat man mich gefragt, ob ich als
Gesellschafter mitmachen und dem Verein auch aufgrund meiner Kontakte in Sport und
Wirtschaft helfen wollte. Ich hatte seinerzeit auch die Verträge mit meinem
Arbeitgeber "adidas" und dem THW abgewickelt. So wurde ich also beim THW Kiel
Gesellschafter. Neben den ohnehin vorhandenen Kontakten in die Sportszene
lernte ich nun auch noch mehr Persönlichkeiten aus der Handballszene kennen.
In diesem Jahr rief schließlich Manfred Werner von der SG Flensburg-Handewitt
bei mir an und fragte, ob ich mir eine Mitarbeit im Aufsichtsrat der HBL
vorstellen könnte. Manfred Werner ist schon lange Jahre als Funktionär dort aktiv.
Ich wurde dann auf einer Sitzung entsprechend vorgeschlagen und von den Vertretern
der Erst- und Zweitligisten gewählt. Meine Vorstellung war ja, dass unser
Geschäftsführer Uwe Schwenker sich voll auf den THW
konzentrieren sollte. Er hat viel für die HBL und den deutschen Handball getan.
Irgendwann war mir das schon fast zu viel. Insgesamt ist es dennoch wichtig,
dass die Vereine sich für den Handball in Deutschland engagieren und in solchen
Organisationen vertreten sind. Hier ist auch der THW Kiel ganz besonders gefordert.
Allein aus diesen Gründen konnte ich die Mitarbeit schon nicht ablehnen. Und so
möchte ich als Vertreter des THW die Gesamtsituation des deutschen Handballs und
speziell die Handball-Bundesliga mitprägen und auf den richtigen Weg bringen. Allerdings
müssen hier alle Funktionäre und Manager "an einem Strang ziehen", wenn wir den
Handball fest etablieren wollen. Vielleicht lassen sich auch ehemalige Funktionsträger
oder auch Spieler zu einer konstruktiven Mitarbeit in der HBL bewegen. Das wünsche ich mir,
schließlich kann man so etwas für den Sport tun, der einem selbst auch etwas gegeben
hat.
- Zebra:
-
Was macht der Aufsichtsrat der HBL eigentlich genau? Welche Aufgaben nehmen
Sie dort wahr?
- Willi Holdorf:
-
Der Aufsichtsrat hilft dem Vorstand der HBL. Die genaue Aufgabenverteilung wurde
allerdings noch nicht bestimmt. Ich war zudem erst einmal bei einer
Vorstandssitzung dabei. Viele Aufgaben warten auf uns - nicht nur in Hinblick auf
die WM 2007 in Deutschland. So geht es um die Gesamtvermarktung des Handballs und
der HBL oder um die Zusammenarbeit mit dem DHB. Ganz besonders wichtig erscheint
mir jedoch, dass die Liga und die Vereine mit einer Stimme sprechen.
- Zebra:
-
Kann es bei der Arbeit im Aufsichtsrat zu einer Interessenkollision zwischen
dem THW Kiel und der HBL kommen?
- Willi Holdorf:
-
Nein, da sehe ich keine Probleme. Eher im Gegenteil: Wir wollen den Handball
gemeinsam nach vorne bringen. Natürlich wäre es gut, wenn die HBL von einer
Person geführt wird, die keinen direkten Kontakt zu einem Verein hat. Dieser
Findungsprozess hat sich aber in der Vergangenheit als überaus schwierig erwiesen,
denn letztendlich müssen schon Handball- und Wirtschaftskenntnisse vorhanden
sein. Daher wurden die Statuten und Satzungen der HBL extra geändert, damit
Vereinsvertreter überhaupt in diesem Gremium eingesetzt werden können. Und
mit Bernd-Uwe Hildebrandt vom SC Magdeburg ist der HBL-Vorsitz sicherlich
gut besetzt. Vereins- und Ligainteressen werden hier getrennt. Es geht um
den Fortbestand und die Entwicklung der Handball-Bundesliga - und nicht um
Interessenvertretungen einzelner Vereine!
- Zebra:
-
Wie beurteilen Sie denn die Handball-Bundesliga im Vergleich zu den
"Rivalen" Basketball und Eishockey?
- Willi Holdorf:
-
Ich denke, dass man ohne Übertreibung sagen kann, dass der Handball sich
deutlich von den Sportarten Basketball und Eishockey abgesetzt hat.
Allerdings ist der Handball auch deutlich hinter dem Fußball angesiedelt.
Doch ich bin mir ganz sicher, dass der Handball diesen Abstand zumindest
verkleinern wird. Dabei denke ich an die zunehmende Professionalisierung
der Erstliga-Vereine und auch an die neuen bzw. vergrößerten Sporthallen,
beispielsweise in Hamburg, Magdeburg, Flensburg, Kiel, Lemgo, Wetzlar oder
Mannheim, sowie die Verlegung von Spitzenspielen in größere Arenen, was ja
in Köln und zukünftig auch in Stuttgart passiert. Das ist eine enorme
Entwicklung. Das Zuschauerpotenzial verdoppelt sich nahezu, woraus sich
für den deutschen Handball eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Dass der
Handball auch bis zu 30.000 Zuschauer in seinen Bann ziehen kann, hat ja
das Spiel des TBV Lemgo gegen den THW Kiel zu Beginn der Serie 2004/05
gezeigt. Die Erfolge unserer Nationalmannschaft haben natürlich auch dazu
beigetragen, die Medien wachzurütteln und für mehr Interesse am Handball
zu sorgen.
- Zebra:
-
Herr Holdorf, vielen Dank für das Gespräch!
(Das Interview führte Björn Goos, aus dem
offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)