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17.09.2005 Karlchens Einwurf

Zebra: Karlchens Einwurf: "Die Torheit der Regierenden"

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Seit zehn Jahren wird die Stadt belagert. Eines Morgens aber sind die Belagerer fort und ein großes aus Holz gebautes Pferd steht am Strand. Und was tun die Stadtbewohner? Schneiden sie vielleicht ein Loch in das Holzpferd, um zu schauen, ob sich darinnen jemand verbirgt? Oder lassen sie es sicherheitshalber ein bisschen draußen stehen, um es erst einmal zu untersuchen? Hören sie auf Warnungen einiger Mitbürger? Natürlich nicht.
Sie schleppen das Vehikel in ihre Stadt. Noch in der gleichen Nacht entsteigen die Griechen dem hölzernen Pferd und zerstören Troja. Wie kann man nur so dämlich sein wie die Trojaner.

Oder der Aztekenkönig Montezuma. Seine Streitkräfte haben die zehnfache Übermacht über die spanischen Eindringlinge, die plündernd durch das Land zogen. Er aber lädt den Eroberer Cortez und seine Soldaten in seinen Palast ein. Wo ihn die Mordbrenner in Ketten legen. Wo hatte der Mann bloß seinen Verstand?

Seit Jahrhunderten rätseln die Wissenschaftler über das Wesen menschlicher Torheit, über das Fehlen der Vernunft. Es kann ja nicht so sein, dass die ab und zu einfach Urlaub nimmt, nach Mallorca fährt und sich in die Sonne legt und der Dummheit das Feld überlässt! Aber warum kommt es immer wieder zu diesen Fehlentscheidungen, warum werden manchmal Menschen von der Torheit angesprungen, wie eine Gazelle vom Tiger sozusagen? Warum treffen manche Entscheidungen, die auch zu ihren Ungunsten ist?

Es gibt ein feines Buch von Barbara Tuchman, "Die Torheit der Regierenden". Danach ist das wichtigste Merkmal der Dummheit, dem Vernunftwidrigen zu folgen.

Nach diesem Vorspiel nun die Frage, was die Verantwortlichen des Internationalen Handballbundes nur angefallen hat, dass sie den Mannschaftskapitän gestrichen haben? Was für ein Vorteil soll durch so eine neue Regel entstehen?

Wie wohl solche neue Vorschriften entstehen? Ist da eines Nachts jemand aus dem Schlaf geschreckt mit dieser Alptraumsidee oder saßen da ein paar Herren zu lange beim Rotwein zusammen? Jedenfalls ist es das so eine Torheit, die ich eiligst für einen der Spitzenplätze im Wettbewerb, "Wie mache ich etwas auch richtig falsch?" vorschlagen würde.

Das Tragische ist, dass Entscheidungsträger (also Menschen, die die Macht haben) trotz Fehlschläge nicht in ihrem Glauben an ihre prinzipielle Vortrefflichkeit erschüttert werden. Wie meinte schon Schiller in der "Jungfrau von Orleans", "Unsinn du siegst ... Gegen Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens."

Aber vielleicht kommt es ja doch zu der Einsicht bei den Anzugträgern, dass ein Ansprechpartner für die Schiedsrichter auf dem Spielfeld, der vermittelt, beschwichtigt, erklärt, auch diesen hilft. Dass Identifikation ein wichtiger Bestandteil des Sports ist. Dass auch kein Schiff ohne Kapitän in See sticht und dass auch sie, trotz ihres Anzuges, einen Kopf auf den Schultern tragen.

Ich bezweifele nicht, dass sich die IHF dabei etwas gedacht hat, aber ... "Der Wunsch, klug zu erscheinen, verhindert häufig, es zu werden." Aber noch ist Hoffnung nicht verloren. Auch wenn die Torheit meist obsiegt, gibt es doch immer wieder Beispiele, dass Menschen Fehler einsehen und etwas wieder ändern

Ändern wird sich für uns in der Ostseehalle ja eh nichts. Da können noch so viele neue Regeln auf uns niederfallen, wie der Regen im November. Stefan bleibt Kapitän. Nicht nur in unseren Köpfen, sondern auch in der Halle und dem Spielfeld ... und das ist klug.

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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