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03.11.2005 WM 2007 / Nationalmannschaft

Kieler Nachrichten: Handball-WM ohne Ostseehalle?

Streit um die Vermarktung der Eintrittskarten - DHB droht neue Standorte an

Aus den Kieler Nachrichten vom 03.11.2005

Düsseldorf - Bescheidenheit ist nicht die Zier des Ulrich Strombach. Die "beste Weltmeisterschaft aller Zeiten" verspricht der Präsident des ausrichtenden Deutschen Handball-Bundes (DHB) für die WM im Januar 2007. Knapp 15 Monate vor dem Eröffnungsspiel ist freilich die Vermarktung noch ungeklärt. Und nun droht dem DHB-Boss zusätzlich Ungemach mit einigen Hallenbetreibern in den zwölf WM-Standorten.
Diese verweigern derzeit die Unterschrift unter die vom DHB vorgelegten Verträge. Hintergrund ist ein heftiger Streit um die Vermarktung der Eintrittskarten. "Es gibt ein paar Hallen, die mit dem Ticketanbieter ihre Probleme haben", bestätigt DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier.

Wie verbissen der Ticket-Krieg geführt wird, zeigt die kaum verklausulierte Drohung Strombachs, renitenten Partnern notfalls den WMStandort zu entziehen. "Noch haben wir 15 Monate Zeit, für Ersatz zu sorgen." Betroffen ist unter anderem die Kieler Ostseehalle. Die Möglichkeit des Entzugs sei "so erwähnt worden", bestätigt deren Geschäftsführer Bernd Hoelcke.

Entbrannt sind die Diskussionen wegen eines Exklusivvertrags des DHB mit dem Schweizer Anbieter Ticket-Corner, an den die WM-Standorte gebunden sind. Denn Ticket-Corner gehört nicht zu den Schwergewichten der Branche und ist nur an den wenigsten Standorten präsent. Bedeutet: Der Ticketvertrieb müsste mehrheitlich per Internet abgewickelt werden.

Daher befürchten viele Hallen eine zu geringe Auslastung. Die Erlöse aus dem Ticketverkauf aber sind das nahezu einzige Refinanzierungsinstrument der Standorte. Nach einem langwierigen Bietergefecht um den WM-Zuschlag müssen diese bis Ende 2006 über vier Millionen Euro an den DHB überweisen; allein die Kölnarena als Stätte des Finalwochenendes zahlt rund 800 000 Euro. In den ursprünglichen Kalkulationen spielten dabei die Erlöse aus den Vorverkaufsgebühren eine zentrale Rolle. Diese fallen nun weg, da Ticket-Corner sie weitgehend einstreicht.

Zudem ist der angekündigte Starttermin für den Vorverkauf, der 1. Oktober 2005, längst überschritten. "Wir sind zuversichtlich, am 1. Dezember mit dem Verkauf für die deutschen Spiele zu beginnen", setzt Bredemeier, zugleich Mitglied des Organisationskomitees (OK) der WM, eine neue Frist.

Obwohl mit der Marktlage vertraut, schloss der DHB den Exklusivvertrag nicht direkt ab, sondern verkaufte die Ticketing-Rechte dem Vernehmen nach für 300 000 Euro an einen Zwischenhändler: die Agentur gdm aus dem Steuerparadies Zug/Schweiz. "Eingetragene Personen" dieser Agentur sind Arnold Schuler, gleichzeitig Präsident des Handballklubs GC Zürich - und Uwe Zimmer, ein in Essen ansässiger Spielerberater, der in der Szene einen eher zwielichtigen Ruf genießt. Die gdm jedenfalls akquirierte Ticket-Corner - mit vermutlich hoher Marge. Der Wert dieses Exklusivvertrages liegt laut Marktexperten bei mindestens 500 000 Euro.

Warum das WM-OK nicht selbst verhandelte und so auf 200 000 Euro Umsatz verzichtete, erklärt Bredemeier so: "Wir haben die Rechte verkauft, weil wir mit den Veranstaltern nicht weitergekommen sind." Ein cleverer OK-Geschäftsführer hätte diese Verhandlungen womöglich erfolgreicher führen können - doch blieb dieser Posten bisher unbesetzt. Bredemeier glaubt, "dass diese Sache noch diese Woche zu einer guten Lösung kommt" - zur Verwunderung der meisten Hallenbetreiber.

(Aus den Kieler Nachrichten vom 03.11.2005)

 


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