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08.03.2006 Bundesliga

Zebra: Wenn's um Geld geht...

Verdienen können Handballer in Spanien mehr. Und dennoch lockt die Bundesliga

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Als der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg am 15. Dezember 1995 die bis dahin gültigen Transferregelungen und Ausländerbeschränkungen in den Mannschaftssportarten für nichtig erklärte, kam das einer Revolution im professionellen Sport gleich. Seitdem dürfen Vereine bei Spielerwechseln innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (EU) nach Ablauf des Vertrages keine Ablösesummen mehr verlangen. Außerdem können seither ausländische Spieler wegen der garantierten freien Arbeitsplatzwahl in der EU in unbegrenzter Zahl in den Bundesligen eingesetzt werden. "Die Handball-Bundesliga ist erst nach dem Bosman-Urteil so stark geworden. Ich glaube, dieser Gerichtsentscheid hat uns eher genutzt als geschadet", sagt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), heute. Zehn Jahre später spielen rund 42 Prozent ausländische Handballer in der ersten Liga.
Und die Faszination und Anziehungskraft der florierendsten Eliteliga der Welt ist ungebrochen. Die Sehnsucht Lars Krogh Jeppesens nach einer Rückkehr in die Bundesliga spricht Bände. Beim sechsmaligen Champions League-Sieger FC Barcelona fehlt die Anerkennung, die erfolgreichste Vereinsmannschaft der Welt spielt in der Liga Asobal vor nahezu leeren Rängen. Das trifft ins Herz eines jeden mit Leidenschaft agierenden Sportlers - und ist wie im Fall Jeppesen nicht immer mit einem stattlichen spanischen Jahressalär für eine Spitzenkraft aufzuwiegen. Zweifelsohne liegt das durchschnittliche Gehalt eines Stars bei den Topklubs Spaniens deutlich über den Einkommen der Bundesliga-Spitzenverdiener. "Ginge es mir um das Geld, dann hätte ich nicht beim THW Kiel verlängern dürfen, sondern hätte nach Spanien wechseln müssen", bemerkt der schwedische Weltklasse-Mittelmann Stefan Lövgren.

Die Bundesliga boomt und erreicht von Jahr zu Jahr immer wieder neue Zuschauer-Rekordzahlen. Das wissen auch die Spieler zu schätzen. Stetig zieht es neue Stars und Talente aus dem Ausland nach Deutschland. Andere wollen unbedingt bleiben. Als der deutsche Rekordmeister seinem Top-Torschützen Kyung-Shin Yoon das Gehalt kürzen wollte, um den einstigen Spitzenverdiener wieder in das angemessen erscheinende Gehaltsgefüge des Klubs einzugliedern, entschloss sich der Südkoreaner, Gummersbach nach zehn Jahren zum Saisonende den Rücken zuzukehren. Und dennoch wird Yoon im Lande bleiben. Beim VfL hätte Yoon zukünftig zwar weiterhin einen fünstelligen Euro-Betrag verdient, hätte aber eine Reduzierung um rund 30 Prozent hinnehmen müssen - wohl ein Verlust, der in erster Linie den asiatischen Stolz verletzt hätte. Was Yoon zukünftig beim HSV Hamburg verdienen wird, ist unbekannt.

"Kyung-Shin Yoon hat große Verdienste um den VfL Gummersbach, die der VfL aber auch leistungsgerecht und im Vergleich überdurchschnittlich honoriert hat. Ich bedauere ausdrücklich, dass Yoon geht. Aber wir konnten uns nicht einigen, obwohl der VfL mit seinem Angebot bis an die Schmerzgrenze gegangen ist", so Hans-Peter Krämer, Aufsichtsratsvorsitzender in Gummersbach. VfL-Manager Stefan Hecker erläutert: "Das Ziel unser sportlichen und finanziellen Planungen ist ein hohes Leistungsniveau bei gerechtem Gehaltsgefüge. Zu einer Spitzenmannschaft gehört es, dass alle angemessen bezahlt werden, und dass auch in dieser Hinsicht das Verhältnis innerhalb des Teams stimmt."

Der 32 Jahre alte Yoon unterschrieb unlängst in Hamburg einen Zweijahresvertrag bis zum 30. Juni 2008. Mit ihm erhielte der HSV nun einen weiteren wichtigen Baustein für die sportliche Zukunft, freute sich Präsident Andreas Rudolph. Trainer Martin Schwalb kommentierte die Verpflichtung des Welthandballers von 2001 so: "Yoon wird mit seiner Erfahrung und seinen außerordentlichen Fähigkeiten eine große Bereicherung für die Mannschaft darstellen und dem Team weiterhelfen." Zum Glück für den HSV. Denn eigentlich galt Olafur Stefansson lange Zeit als Wunschspieler der Hanseaten. Monatelang hatten die Hamburger um die Gunst des Isländers gebuhlt. Stefansson aber bleibt nun doch beim spanischen Spitzenklub Ciudad Real - ein höheres Gehalt und Erfolgsaussichten in der Champions League inklusive.

(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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