THW-Logo
31.01.2007 WM 2007

Kieler Nachrichten: Dänen mit dem letzten Tropfen Benzin ins Ziel

Erst mit der Schluss-Sirene der Verlängerung gelingt der 42:41-Siegtreffer gegen Island

Aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2007:

Hamburg - Die dänische Nationalmannschaft steht erstmals seit 25 Jahren wieder im Halbfinale einer Handball-Weltmeisterschaft. In der mit 13 000 Zuschauern ausverkauften ColorLine-Arena rangen die Dänen in einem packenden Spiel Island mit 42:41 (34:34/16:17) nieder.
Als Lars Möller-Madsen in der letzten Sekunde mit Urgewalt zum Endstand traf, brachen alle Dämme. Die Dänen kugelten sich wie die Kinder auf dem Boden, während die Isländer versuchten, bei der Wahl zum Spieler des Tages Anstand zu wahren. Bevor der nicht gekürt ist, darf bei dieser WM keiner das Feld verlassen. Auch die Verlierer nicht. Für die Isländer war es kein Trost, dass mit Snorri Gudjonsson einer der Ihren dabei mit einer Sportuhr geehrt wurde.

1,5 Millionen Dänen hatten in der Heimat an den Bildschirmen mitgefiebert. Einschaltquoten jenseits der 50 Prozent. Und auch in der Halle waren die Dänen in der Mehrheit, obwohl doch so lange unklar war, wo ihre Helden ihr Viertelfinale austragen würden. Doch sie hatten sich auf dem Schwarzmarkt kräftig eingedeckt und schafften es, nach dem Abpfiff für eine Atmosphäre zu sorgen, die an die dänischen Festtage in der Ostseehalle erinnerte. Mit La-Ola feierten die Fans ihre Mannschaft, die den letzten Tropfen Benzin investiert hatte, um dieses Spiel zu gewinnen.

Die Mannschaft von Ulrik Wilbek war auch einmal mehr auf die Hilfe ihrer Fans angewiesen. Sie wirkte müde und ausgebrannt, zudem mussten sie bereits nach einer Viertelstunde auf Joachim Boldsen verzichten. Der Maschinist im dänischen Spiel erlebte das zähe Ringen mit einem dicken Knie auf der Bank. Zudem fehlte mit Per Leegaard, der grippekrank im Mannschaftshotel geblieben war, der einzige Linkshänder im Rückraum.

Da der sonst so zuverlässige Schlussmann Kasper Hvidt eine Halbzeit brauchte, um ins Spiel zu finden, waren die Isländer lange im Vorteil. Herrlich das geniale Anspiel von Stefansson auf seinen Kreisläufer Robert Gunnarsson, der im Fallen das 15:12 erzielte.

So boten sie den schöneren Handball, doch nach wenigen Minuten wurde deutlich, dass die Isländer ohne Torhüter spielten. Birkir Gudmundsson oder Hreidar Gudmundsson - für Trainer Alfred Gislason war die Wahl gestern reinste Qual. Ob Hreidar oder Birkir - keiner konnte das nötige Feuer entfachen.

Doch auch die dänische Abwehr, das Fundament der bisherigen Erfolge, bekam zunehmend Risse. Und im Angriff fehlte die spielerische Linie. Die Gewaltwürfe von Madsen oder Lasse Boesen reichten nicht, um ruhiges Fahrwasser zu erreichen.

Nervenstärke bewies der 14-fache Torschütze Snorri Gudjonsson, der kleine Mittelmann der Isländer, als er zwei Sekunden vor dem Abpfiff einen Siebenmeter zum 34:34 verwandelte. Die Dänen hatten Ersatztorhüter Peter Henriksen für Hvidt eingewechselt, doch Gudjonsson, der sein Geld beim Bundesliga-Kellerkind GWD Minden verdient, blieb cool.

In der Verlängerung kassierte ausgerechnet Gudjonsson eine Zwei-Minuten-Strafe und Madsen knallte den Ball in Überzahl und mit Wucht in die Maschen - 42:41. Kurz zuvor hatte der Isländer Alexander Petersson nur den Pfosten getroffen. "Wir haben immer an uns geglaubt", meinte ein überglücklicher Sören Stryger. "Am Ende hat das Glück entschieden und Madsen. Sein letztes Tor war unglaublich."

(Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 31.01.2007)


(31.01.2007) Ihre Meinung im Fan-Forum? Zur Newsübersicht Zur Hauptseite