Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:
Am anderen Ende der Welt hat das Handballspielen den Status einer
Randsportart. In Australien wird zumeist nur an den Universitäten
zum Ball gegriffen. Bei der
Weltmeisterschaft in Deutschland
waren die "Aussies" trotzdem dabei.
Sport spielt in der australischen Kultur seit je her eine große Rolle.
Das gute Klima erlaubt sportliche Aktivitäten, die größtenteils im
Freien ausgeübt werden. Cricket hat im Land der Kängurus eine lange
Tradition und ist in der Beliebtheitsskala der Einheimischen ziemlich
weit oben angesiedelt. So auch der Rugby-Sport, der in vielen Territorien
betrieben wird. Hallensportarten haben es in der Gunst der Zuschauer
daher nicht leicht. Basketball gehört zu den wenigen Aktivitäten, die
in der Halle stattfinden und einen weiten Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad
besitzen. Aufgrund der klimatischen Vorteile, die Freiluft-Sportarten in
Australien haben, ist es für Randsportarten, wie es der Handball "down under"
ist, schwer, sich einen großen Zuschauerschnitt zu erkämpfen. Fehlende
Erfolge machen es den Handballern zudem nicht einfacher, Werbung für
ihren Sport zu betreiben.
Handball als Universitätssport
Im Gegensatz zu Deutschland, wo Handball in der Gunst der Zuschauer
in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen ist, ist Australien
ein Handball-Entwicklungsland. Handball wird hauptsächlich an den
Universitäten gespielt, die Hälfte des aktuellen Nationalmannschaftskaders
ist in den Uni-Teams des Landes aktiv. In jährlichen Turnieren messen
sich die diversen Hochschulen des Landes, eine einheitliche Liga für
ganz Australien gibt es nicht. Trotz der schlechten Voraussetzungen
gelingt es den Australiern jedoch immer wieder, sich für internationale
Wettkämpfe zu qualifizieren. Den wohl größten Erfolg ihrer jüngeren
Handball-Geschichte feierten die Australier im Jahr 2000 im eigenen
Land. Bei den olympischen Spielen in Sydney erkämpften sie sich den
12. Platz - für das Land, das von Rugby geprägt ist, ein großer Erfolg.
Der bisher größte Erfolg bei einer Weltmeisterschaft war ein 21. Platz
vor vier Jahren. 2006 wurden sie Ozeanienmeister und lösten damit das
Ticket zur Weltmeisterschaft in Deutschland, die vor fünf Wochen zu
Ende ging.
Heimisch in Magdeburg
Die "Aussies" spielten ihre Vorrunde in Magdeburg. Ihr Auftreten war
zwar nicht von Erfolg geprägt, doch avancierten sie zu den absoluten
Publikumslieblingen in der Bördelandhalle. Jedes Tor wurde frenetisch
gefeiert, La-Ola-Wellen gingen durch die Heimspielstätte des SC Magdeburg.
Die Australier, die solch eine Stimmung bei einem Handballspiel noch nie
erlebt hatten, waren überwältigt von der Unterstützung, die ihnen das
Publikum gab. Nationaltrainer Morten Fjeldstad machte den neuen Fans am
Ende der drei Vorrundentage eine besondere Liebeserklärung. "Ich habe in
keinem anderen Ort der Welt Zuschauer und Fans wie euch getroffen. Ihr
habt mich und das Team inspiriert, nach Hause zu gehen und härter zu
trainieren, um uns für die Zukunft zu verbessern. Ich hoffe, wir haben
die Möglichkeit wieder zu kommen, um euch wieder zu sehen und auch euren
SC Magdeburg zu unterstützen."
Der 40-jährige Norweger Morten Fjeldstad ist im Übrigen nicht allein
Trainer der australischen Auswahlmannschaft, er trainiert außerdem den
dänischen Erstligisten Helsingör IF. Dieser Kontrakt kam allerdings erst
Ende Februar zustande, zuvor war er unter anderem Trainer bei den
dänischen Klubs aus Ribe und Bjerringbro. Letztere führte er 2003 in
das Finalspiel um die dänische Meisterschaft und ins Viertelfinale des
EHF-Pokals.
Weltmeister der Herzen
"Wir waren zwar meistens chancenlos, aber jedes dieser Spiele hat uns
einen Schritt nach vorne gebracht - wir sind die Weltmeister der Herzen",
lautete die Bilanz Fjeldstads nach dem letzten Spiel des WM-Turniers in
Deutschland. Die Handballer aus "Down Under" verloren das Spiel um
Platz 23 mit 22:36 gegen Katar und fuhren, wie bei den Titelkämpfen vor
zwei Jahren in Tunesien, als Wettbewerbsletzter nach Hause, nahmen aber
viele gute Erfahrungen mit. Lee Schofield, der Kapitän der Australier,
war nach dem letzten WM-Auftritt seines Teams zwar enttäuscht, weiß aber
auch um die Wichtigkeit der Teilnahme: "Wir schauen jetzt nach vorne und
werden das Beste aus den Erfahrungen machen, die unser junges Team bei
diesen Weltmeisterschaften gemacht hat."
(Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)