In Wetzlar ist Ex-Zebra
Axel Geerken als Geschäftsführer ins Management eingestiegen.
Der Torhüter soll auf lange Sicht ein Urgestein beerben
Im Tor der HSG Wetzlar ist
Axel Geerken seit dieser Saison nur noch selten
aktiv. Der neunmalige Nationalspieler ist seit Sommer 2006 als
Geschäftsführer ins Management des hessischen Erstligisten eingestiegen - auf
dem Spielfeld hilft er nur noch in Notsituationen aus. Der 34-Jährige soll
auf lange Sicht in
die Fußstapfen des HSG-Urgesteins Rainer Dotzauer treten. Im hm erzählt
Geerken von seinem neuen Job, den er derzeit in durchaus turbulenten Zeiten
ausübt.
- Handball-Magazin:
-
Was tragen Sie lieber: Ihr Torwarttrikot oder den Manager-Anzug?
- Axel Geerken:
-
Ich trage beides gern. Und eigentlich habe ich derzeit zu viel
tun, als dass ich mir darüber einen Kopf machen könnte.
- Handball-Magazin:
-
Sie arbeiten als Geschäftsführer eng mit Rainer Dotzauer zusammen. Der
gilt als Dickkopf. Macht das Ihren Job schwieriger?
- Axel Geerken:
-
Rainer ist jemand, der eine eigene Meinung hat und diese auch
vertritt. Das heißt aber nicht, dass man nicht mit ihm reden kann. Außerdem
kann ich von seiner großen Erfahrung sehr profitieren. Man kann sich auch
mal reiben, wenn man zu einem vernünftigen Ergebnis kommen will.
- Handball-Magazin:
-
Ist es ein Vor- oder ein Nachteil, dass Sie als spielender
Geschäftsführer noch so nah am Team sind?
- Axel Geerken:
-
Das ist kein Problem, schließlich haben wir unsere Aufgaben klar
aufgeteilt. Rainer ist der Sportliche Leiter und kümmert sich um alles, was
die Mannschaft betrifft. Ich befasse mich vor allem mit wirtschaftlichen und
geschäftlichen Belangen. Aber natürlich trainiere ich auch gern mit der
Mannschaft. Das ist für mich Entspannung. Mit den Jungs gibt es da keine
Probleme. Die wissen ja auch, wie das Geschäft funktioniert.
- Handball-Magazin:
-
Sie haben als Spieler noch die langjährige Petkovic-Ära bei der HSG
mitbekommen. Seitdem gab es fünf Trainer in zweieinhalb Jahren. Was hat
seitdem nicht gepasst?
- Axel Geerken:
-
Im Wesentlichen das sportliche Ergebnis. Aber man darf nicht
vergessen, dass es auch besondere Umstände waren. Wir hatten unter Velimir
Petkovic eine Mannschaft, die sich über Jahre kaum verändert hatte und
deshalb sehr eingespielt war. Nach Petkos Abschied kam der Umbruch. Das hat
es für seine Nachfolger natürlich schwerer gemacht.
- Handball-Magazin:
-
Trotzdem sind alle Trainer mit großem Vorschusslorbeer gestartet. Hat man
einfach die Falschen ausgesucht?
- Axel Geerken:
-
Zum Teil hat es nicht gepasst, das stimmt. Aber man muss von Fall zu
Fall unterscheiden, denn es gab bei jedem Trainer eine eigene Geschichte.
Holger Schneider hatte zum Beispiel unter anderem das Pech, dass wir in
seiner Zeit gerade von der gefürchteten Sporthalle Dutenhofen in die neue
Rittal-Arena nach Wetzlar gezogen waren. Das hat uns damals Punkte gekostet,
weil wir uns am Anfang aus wirtschaftlichen Gründen darum bemüht hatten,
unseren Fans in der neuen Heimstätte möglichst viele Top-Teams zu
präsentieren. Wenn du aber zuerst nur auf die Großen triffst, geht das
natürlich auf Kosten der Heimstärke.
- Handball-Magazin:
-
Und Martin Schwalb, der als großer Hoffnungsträger verpflichtet wurde?
- Axel Geerken:
-
Das war er auch. Aber Martin Schwalb ist aus freien Stücken
gegangen, als das Angebot aus Hamburg kam. Das haben wir billigend in Kauf
genommen, weil es einfach für uns wirtschaftlich nicht möglich war, ihn zu
halten. Da muss man realistisch bleiben. Sein Nachfolger Dragan Markovic ist
sehr kurzfristig eingesprungen und hatte leider nicht den nötigen
sportlichen Erfolg, was mir persönlich leidtut. Und das Duo
Sighvatsson/Klimpke war von vornherein als Interimslösung gedacht. Das haben
wir so auch nach außen
kommuniziert. Beide haben mit immerhin sieben Punkten im Dezember den
Anschluss wieder hergestellt.
- Handball-Magazin:
-
Was spricht denn dafür, dass Volker
Mudrow der Mann ist, der wieder Kontinuität in den Verein bringt?
- Axel Geerken:
-
Volker ist noch ein recht junger
Trainer, der trotzdem schon große Erfolge feiern konnte. Einen Meistertrainer
zu haben, ist natürlich ein Imagegewinn für uns. Er hat beim TBV Lemgo, einer
Top-Adresse in Deutschland, eine Menge Erfahrung sammeln können. Davon wollen
wir jetzt natürlich profitieren - sowohl die Mannschaft als auch das Umfeld.
Zudem hat uns sein Konzept überzeugt. Er hat klare Vorstellungen, wie er
gewisse Dinge im sportlichen Bereich umsetzen will. Deshalb glauben wir auch,
dass wir mit ihm kurzfristig in dieser Saison den Klassenverbleib schaffen
werden und uns langfristig in der 1. Liga etablieren.
- Handball-Magazin:
-
Trotzdem gilt Mudrows Vertrag auch für die 2. Liga.
- Axel Geerken:
-
Klar, schließlich dürfen wir nicht
die Augen vor der aktuellen Situation verschließen. Das wäre fahrlässig.
Unser oberstes Ziel ist es aber, im Bezug auf den Trainer zu eben der
Kontinuität zurückzukehren, die uns mal ausgezeichnet hat. Deshalb auch der
lange Vertrag bis 2010.
- Handball-Magazin:
-
War es schwer, Mudrow davon zu überzeugen, zur HSG Wetzlar zu kommen?
- Axel Geerken:
-
Wir hatten von vornherein gute Gespräche und konnten ihn
offensichtlich mit unserem Konzept und der Handball-Begeisterung rund um die
Rittal-Arena überzeugen.
- Handball-Magazin:
-
Bei so vielen Trainerwechseln stellt sich die Frage, ob der Job bei der
HSG Wetzlar besonders schwierig ist.
- Axel Geerken:
-
Ein Erstligatrainer hat es immer schwer. Überall. Das ist kein HSG-spezifisches Problem. Ich bin davon überzeugt, dass Volker Mudrow sehr lange
bei uns arbeiten wird.
- Handball-Magazin:
-
Mit Lars Kaufmann hat die HSG einen der umjubelten WM-Helden im Kader.
Inwieweit profitieren Sie davon?
- Axel Geerken:
-
Für unser Image ist es gut, Lars Kaufmann im Team zu haben. Es gibt
derzeit viele Anfragen von Sponsoren und der Presse für ihn - davon
profitieren wir natürlich. Damit ernten wir, was wir gesät haben: Wir hatten
den Mut, einem jungen Spieler enorm große Spielanteile in der 1. Liga zu
gegeben, und er hat sich bei uns zum Nationalspieler entwickelt. Darauf sind
wir stolz. Es zeigt, dass unser Konzept greift. Das können wir uns auf unsere
Visitenkarte schreiben.
- Handball-Magazin:
-
Wie weh tut da sein Wechsel zum TBV Lemgo?
- Axel Geerken:
-
Ich hätte mir gewünscht, dass er noch ein Jahr bei uns bleibt. Aber
so läuft es nun einmal: Wenn ein kleiner Verein einen Spieler groß
herausbringt, greifen die Großen der Branche zu. Das wissen wir, und deshalb
jammern wir auch nicht. Für Lars wird ein
neues Talent nachrücken. Bei uns bekommen junge Spieler wirklich eine Chance.
Und das ist etwas, was uns in der Liga auszeichnet.
(Von Sebastian von Gehren, aus dem Handball-Magazin 04/2007)