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09.03.2008 Interview

Zebra-Interview mit Adrian Wagner: Wieder zurück

Aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports:

Das sportliche Leben des Adrian Wagner ist ein Leben der Kontraste. 2006 tauschte er die Bundesliga gegen Liga zwei ein. Während der Ex-Nationalspieler beim THW Kiel drei Jahre lang vor mehr als 10.000 Zuschauern spielte und zudem die Handball-Tempel Europas bereiste, hießen die Gegner mit Bayer Dormagen Friesenheim, Obernburg oder Aue. Mit den Zebras gewann "Addi" die Deutsche Meisterschaft und den EHF-Pokal, mit Dormagen spielte er um den Aufstieg in das Handball Oberhaus - und verpasste ihn knapp. Beim VfL Gummersbach feierte er in dieser Saison zu seiner eigenen Überraschung ein Comeback in der Champions League. Zebra sprach mit dem sympathischen Linksaußen über eine Karriere voller Gegensätze und das Dasein als Nordlicht im karnevalsverrückten Rheinland.
Zebra:
Adrian, Du hast innerhalb von ein paar Jahren so etwas wie eine Berg-und-Tal-Fahrt innerhalb des Handballs erlebt - von der Champions League in die zweite Liga und zurück. Wie hast du die vergangenen Jahre erlebt?
Adrian Wagner:
Mit dem Schritt nach Dormagen wollte ich eigentlich meine Prioritäten verschieben und mein Augenmerk auf die berufliche Perspektive nach dem Handball legen. Aber das war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Zum einen der berufliche Stress, zum anderen die Tatsache, dass man trotzdem noch jeden Tag mit Handball zu tun hat. Vom THW Kiel war ich anspruchsvolles und intensives Training gewöhnt und deshalb bin ich froh, nun die Chance zu haben, in Gummersbach zu spielen.
Zebra:
Gab es zwischendurch Zweifel, ob du jemals wieder in der ersten Liga spielst? Mit Bayer Dormagen wurde der Aufstieg ja hauchdünn verpasst...
Adrian Wagner:
Allein beim Anschauen von Fernsehübertragungen aus der ersten Liga kribbelte es schon. Im ersten Relegationsspiel hatte ich mich dann auch noch verletzt, so dass ich beim entscheidenden Rückspiel nicht mehr mithelfen konnte. In Dormagen sind die Strukturen auf die erste Liga geeicht und so wie es aussieht, wird man es in diesem Jahr direkt in die Bundesliga schaffen. Es sind natürlich andere Ansprüche, ob man gegen den Abstieg oder um die Meisterschaft mitspielt. Aber es ist die halbe Miete, wenn man um etwas spielt - sei es um den Abstieg oder um einen Titel. Es gibt beinahe nichts Schlimmeres, als als Tabellenzehnter durch Deutschland zu fahren und um nichts zu spielen.
Zebra:
Du gilst als sehr publikumsnah. Unvergessen die Feierszenen der Meisterfeiern auf dem Kieler Rathausplatz. Wie bist du mit der plötzlichen Umstellung von der Sparkassen-Arena - damals noch Ostseehalle - zu den kleinen Zweitliga-Hallen zurecht gekommen?
Adrian Wagner:
Es gibt auch in der Bundesliga kleine, enge Hallen, die mit guter Stimmung zum Hexenkessel werden können. Wenn natürlich 2.000 Zuschauer in der Ostseehalle sitzen, kann das eher wie ein Totentanz wirken. In der 2. Liga Süd gibt es einige neue Hallen, wobei ich bei manchen allerdings auch froh bin, dass ich sie hoffentlich nicht wieder sehe. In Gelnhausen beispielsweise ist es sehr dörflich, es gibt also krasse Kontraste.
Zebra:
Die anderen Umstellungen waren sicherlich auch nicht einfacher...
Adrian Wagner:
Ich muss fairerweise sagen, dass ich die Erwartungen, die in mich gesteckt wurden, nicht erfüllen konnte. Ich habe früher mit Bad Schwartau, dem HSV und dem THW Kiel im Dunstkreis meiner Heimat Hamburg gespielt und in Dormagen musste ich in einer neuen Region klarkommen. Dazu kamen dann noch der Ausbildungsstress und die Doppelbelastung. Aber so langsam habe ich mich akklimatisiert und bin auch hier unten wieder voll im Alltag drin.
Zebra:
Karneval gehört dort unten zum Alltag...
Adrian Wagner:
Damit kann ich überhaupt nichts anfangen. Es ist für mich unvorstellbar, wie man sich ein Kostüm anziehen und schon um acht Uhr morgens damit auf die Straße gehen kann. Außerdem ist die Handball-Saison zur Karnevalszeit auch immer in vollem Gange. Daher könnte ich den Karneval eh nicht so feiern, wie alle anderen. Man muss wohl im Rheinland geboren sein, um das zu verstehen. Wir haben anderthalb Jahre in Köln gewohnt und sind jetzt nach Gummersbach gezogen, da feiert man das glücklicherweise nicht mehr so krass.
Zebra:
Kannst du dir vorstellen, in Gummersbach deine Karriere zu beenden?
Adrian Wagner:
Es macht mir hier unglaublich viel Spaß. Ich habe einen super Trainer und eine tolle Mannschaft. Freunde und Familie wohnen aber im Norden. Ich hatte in Kiel drei Jahre, die zur schönsten Zeit meines Lebens zählen. Ich habe hier Titel gewonnen und Freunde gefunden. Zwar hab ich nicht immer gespielt, aber es war eine super Zeit. Ich bin sehr dankbar, dass ich den THW Kiel erleben durfte. Der erste Eindruck der Stadt Kiel war zwar nicht der Beste, aber wir haben uns hier schnell zu Hause gefühlt, so dass wir uns nun vorstellen könnten, nach dem Sport in Kiel heimisch zu werden.
Zebra:
Gibt es konkrete Pläne für deine Zeit nach dem Handball?
Adrian Wagner:
Ich habe meine Ausbildung als Sicherung und möchte für einen ordentlichen Beruf gewappnet sein. Ich habe mit Freunden einen Online-Store einer Sportbekleidungsfirma eröffnet und würde gerne nach dem Sport dort nahtlos einsteigen und vielleicht auch Kontakte am Leben behalten, die ich durch den Sport knüpfen konnte.
Zebra:
Kommen wir zum Schluss noch mal auf die laufende Saison zu sprechen. Bist du zufrieden mit eurem derzeitigen Abschneiden?
Adrian Wagner:
Wir stehen in der zweiten Gruppenphase der Champions League. Wir sind in einer unglaublich schweren Vorgruppe Erster geworden, was ein überraschender Erfolg war. Ich bin der Meinung, dass wir die Bundesliga auf internationalem Parkett gut vertreten. Man muss allerdings realistisch bleiben, denn Ciudad ist nun mal erster Anwärter auf das Weiterkommen in unserer Gruppe. Mal abwarten, was passiert. In der Bundesliga haben wir ein paar Spiele blöd beziehungsweise unglücklich verloren, so dass wir in der Tabelle hätten höher stehen können. Aber zurückzublicken bringt nichts.
Zebra:
Was erwartest du vom Spiel in Kiel?
Adrian Wagner:
In allererster Linie freue ich mich auf das Spiel. Das hört sich vielleicht komisch an, aber wir können ganz entspannt an die Sache heran gehen. Kiel muss gewinnen, wir können gewinnen. Und wenn wir alle Spaß beim Spielen haben, klappt es vielleicht. Aber ich freue mich auch unglaublich auf die Ostseehalle und auf die kurze Zeit nach dem Spiel, in der man viele Bekannte sieht und mit ihnen, wenn auch nur sehr kurz, über das sprechen kann, was in der Zwischenzeit so passiert ist.
(aus dem offiziellen THW-Bundesliga-Magazin "zebra", von living sports)


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