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26.03.2008 Mannschaft / Interview

Frank Schneller begeistert von Interview-Partner Nikola Karabatic

Nikola Karabatic - so kennen ihn seine Fans auf dem Spielfeld.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic - so kennen ihn seine Fans auf dem Spielfeld.
Frank Schneller, unter anderem Co-Autor von Heiner Brand bei dessen Biographie und Verfasser des Buchs "In der Hitze des Nordens", in dem er die Rivalität zwischen Kiel und Flensburg unter die Lupe nimmt, führte ein Interview mit Nikola Karabatic. Das Interview selbst wird in den nächsten Tagen hier auf Zebra-Online erscheinen, zunächst aber berichtet Schneller von der Art und Weise des Interviews und wie ihn der "normale Superstar" Nikola Karabatic nachhaltig beeindruckte: "Selbst wenn ich es nicht vermarkten könnte, würde ich jetzt hier mit ihm sitzen wollen", so Schnellers Gedanken gegen Ende des Interviews.
Von Frank Schneller:

Ich habe meiner Verabredung 10 bis 15 Minuten Verspätung eingeräumt. Vorsichtshalber. Bei solchen Terminen rechnet man besser mit Verspätungen. Superstars kommen ja meistens zu spät. Ist normal. Ob das nun Allüren sind oder terminliche Zwänge und Engpässe - das lässt sich nicht immer genau feststellen. Es ist nun mal so. Und ich bin mit einem Superstar verabredet: Nikola Karabatic, derzeit wohl der beste Handballer der Welt, Werbe-Ikone der Marke mit den drei Streifen, Frauenschwarm, ein Modell-Athlet.

Das Buch "In der Hitze des Nordens" erzählt "Geschichte und Geschichten einer Rivalität".
Klicken Sie zum Vergrößern! Das Buch "In der Hitze des Nordens" erzählt "Geschichte und Geschichten einer Rivalität".
Wir haben uns schon ein paar Mal kurz gesprochen im Rahmen meiner Recherchen für ein Buch, das ich geschrieben habe. Aber das waren flüchtige Begegnungen. Ständig war er umgeben von Fans, Autogrammjägern und Kollegen. Um halb eins wollen wir uns treffen und für ein Interview in Ruhe zu Mittag essen, mal ausgiebig miteinander sprechen. Ich komme dafür aus Hamburg, bin rechtzeitig losgefahren, damit etwaige Staus wenigstens nicht auf Kosten meiner Pünktlichkeit gehen. Aber er... Er wird sicher zu spät kommen. Morgens hat er mich noch angerufen und gesagt, er müsse noch seinen Fuß untersuchen lassen. Am Abend zuvor hat er sich verletzt. Ist Niemandem aufgefallen. Nun aber will er auf Nummer sicher gehen, dass es nichts Ernstes ist. Dazu noch eine Trainingseinheit - da schafft er halbeins bestimmt nicht auf die Minute. Ich bin ja schon froh, dass er sich überhaupt die Zeit nimmt zwischen Champions League, Bundesliga, Nationalmannschaft und Final Four.

Es gibt keine Staus an diesem Vormittag auf der A7 zwischen Hamburg und Kiel. Ich komme glatt durch und bin schon viertel nach zwölf am Zielort, dem "Nil" in Kiel - eine Art Szenetreff. Ich bin gern pünktlich. Habe es mal wieder geschafft - stressfrei sogar. Inklusive Parkplatzsuche. Bleibt noch ein Viertelstündchen zum Zeitunglesen und Fragen sortieren. Mindestens. Denn Topacts aus dem Sport sind ja nie pünktlich.

Europameister 2005
Klicken Sie zum Vergrößern! Europameister 2005
Karabatic kommt auch nicht um Punkt halb. Ich sehe ihn keine fünf Minuten nach meiner Ankunft im Rückspiegel Richtung Cafe gehen. Das ist außergewöhnlich: Er ist zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt. Überpünktlich. Der Fuß bräuchte eine Pause, aber die haben die besten Handballer der Welt nicht. "Ist schon okay", sagt er beim Betreten des Lokals. Er ist zuvorkommend, hält seinem Interviewpartner sogar die Tür auf. Bietet mir einen Platz an und grüßt jeden Gast, der ihn ansieht, oder anspricht, äußerst freundlich. Und angesehen oder angesprochen wird er hier andauernd. Den vielen Schulterklopfern begegnet er mit Geduld und Wohlwollen. Er respektiert die Fans nicht nur, er liebt sie dafür, dass sie ihn lieben. Seine Freundlichkeit ist natürlich. Er ist längst ein Sohn dieser Stadt. Aber er kocketiert nicht damit. Auch im Interview nicht.

Ich hatte mich gefragt, wie das Interview wohl verlaufen und was dabei herauskommen würde. Sicher - Karabatic ist der beste Handballer der Welt, hat eine beeindruckende Vita für einen 23jährigen, spricht fünf Sprachen und hat schon fast alles gewonnen, wovon andere Sportler nur träumen. Aber er ist doch noch so jung. Und warum sollte er sich über all die Fragen, die ich habe, schon Gedanken machen. Muss er doch gar nicht. Zumal er in einer Profiwelt lebt, die keine Verschnaufpause übrig lässt und insofern auch keine Gelegenheit, sich großartig selbst zu reflektieren. Oder?

Nikola Karabatic zusammen mit seinem Idol Stefan Lövgren und dem Champions League Pokal.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic zusammen mit seinem Idol Stefan Lövgren und dem Champions League Pokal.
Mal sehen, ob es gut wird, habe ich gedacht, als ich auf der Autobahn war. Fünf Minuten nachdem wir das Bistro in Kiel betreten und uns einen Tisch ausgesucht haben, weiß ich: Es wird gut. Sehr gut. Denn Karabatic ist ein verdammt guter Gesprächspartner, wenn man diese Eigenschaft bei ihm herausfordert.

Ich durfte (bzw.: musste) in meiner journalistischen Laufbahn schon viele Sportgrößen interviewen und kennen lernen. Es gab so manches Highlight. Viele Stars aber schrumpfen im längeren Gespräch auf Normalgröße. Karabatic wird in diesen zweieinhalb Stunden zum Riesen. Der Mann hat Charisma statt Promi-Attitüde.

Als ich ihn nach seinem Dreamteam frage, fragt er mich, ob er jede Position doppelt besetzen dürfe. Ich vermute Höflichkeit hinter dieser Bitte. Aber als wir im linken Rückraum landen, nennt er seinen Namen nicht. Dafür schwärmt er von seinem Teamkollegen Stefan Lövgren. Er hält eine Laudatio auf den aus seiner Sicht "besten Spieler der Welt", voller Stolz, mit dem schwedischen Kapitän und Spielmacher des THW noch zusammen spielen zu dürfen. Es ist eine Hommage an den Mann, dessen Erbe er in Kiel antreten wird in ein, zwei Jahren. Ein "schweres Erbe", wie Karabatic meint.

Nicht nur Champions League Sieger 2006/2007, sondern auch Topscorer in der  Königsklasse.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nicht nur Champions League Sieger 2006/2007, sondern auch Topscorer in der Königsklasse.
Das Interview verläuft spannend. Selbst wenn ich es nicht vermarkten könnte, würde ich jetzt hier mit ihm sitzen wollen. Und auch Karabatic gibt einem das Gefühl, dass er den Termin als kurzweilig empfindet. Der junge Franzose hat beachtliche Manieren. Beim Essen habe ich schon so manchem "bewanderten", um die Welt gekommenen Promi eine bessere Kinderstube gewünscht. In diesem Fall ist das überflüssig. Mit vollem Mund spreche nur ich, manchmal. Ich habe so viele Fragen. Und er hat viel zu sagen, aber er ist kein Plauderer. Er ist von seinem Weg überzeugt, aber er ist kein Dickkopf. Er ist offen, aber in seiner Wortwahl bedacht. Er ist bisweilen noch ungeschliffen, aber beeindruckend strukturiert und so klar in seiner Lebensplanung.

Er ist ein moderner Gladiator, aber er hat seinen Verstand nicht am Tor der Arena abgegeben. Er ist 23 Jahre jung - aber ziemlich erwachsen. Meistens jedenfalls. Als er von seinem LEGO-Eiffelturm erzählt und übers ganze Gesicht strahlt, ist er für einen Moment ein Junge. Vor allem aber ist er völlig natürlich, nicht abgehoben. Und wie gut er nach nicht einmal drei Jahren deutsch spricht...

Nikola Karabatic beim Sprungwurf.
Klicken Sie zum Vergrößern! Nikola Karabatic beim Sprungwurf.
Als ich ihm beim Abschied ein Buch über den traditionsreichen Dauerzwist zwischen Kiel und Flensburgs Handballern in die Hand drücke, sagt er, ich solle es als Autor für ihn doch bitte signieren. Karabatic als Autogrammjäger. Ein Höhenflieger mit Bodenhaftung.

So einer ist wohl der Wunschtraum eines jeden Trainers. Und vieler Frauen. Meine eigene Freundin, sonst nicht verdächtig, auf Promis abzufahren, hatte mitkommen wollen zu diesem Interview. Sie hat es aus Spaß gesagt, aber ich meine, herausgehört zu haben, dass es ihr doch ernst war. Zuletzt hatte sie nach Stefan Lövgren gefragt. Der gefällt ihr auch: "Ein toller Typ." Das hatte mir auch schon zu Denken gegeben. Nun also Karabatic. Verdammt! Ich hatte ihr bei einer Feier unlängst beide auch noch vorgestellt... Sie ist älter als ich, ich bin etwa so alt wie Lövgren - wir beide seien ihr allmählich zu alt, hat sie augenzwinkernd gesagt, Karabatic dagegen sei jung und wild. Und er sehe genauso toll aus wie Lövgren. Dazu gehöre ihm die Zukunft.

Toll... Aber ich verstehe ja, dass dieser Typ sie begeistert - nach diesem Interview erst recht. Sie hat Geschmack.

(von Frank Schneller)

Das Interview erscheint in den Tagen vor dem Final Four - und in Kürze als komplettes Gespräch auch hier auf der Website.


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